MATT ELLIOTT: The End of Time

Zeit ist im Werk von Matt Elliot auf eine gewisse Weise immer ein Thema gewesen. Sein neues Album benennt er nach dem Ende der Tage, doch mit dem von ihm selbst gespielten Saxophon als neuem Element hat es auch etwas von einem Neubeginn.

Was aber gerade besonders auffällt auf “The End of Days” sind die zahlreichen Kontinuitäten, die sich fast leitmotivisch durch sein Werk ziehen und auch hier wieder präsent sind: das so charakteristische Fingerpicking, in dem meist schon nach wenigen Akkorden Elliots Handschrift zu erkennen ist, auch wenn er ganz verschiedene Stilrichtungen und Spielweisen dabei zitiert von Flamenco bis zu verschiedener osteuropäischer Musik; die langen Instrumentalparts, bevor dann doch noch ganz unerwartet der Gesang einsetzt; die oftmals deutlichen Wechsel der Gangarten innerhalb einzelner Songs, die diese bei aller Eingängigkeit verschachtelt wirken lassen; der oft betont ungekünstelte Gesang mit seinen spontan wirkenden Pausen und bewusst eingebauten Provisorien, der sich manchmal an der Grenze zur Rezitation bewegt und doch immer mit seinen angedeuteten Melodien berührt; eine empathische und oft zugleich abgeklärte Melancholie, die in den Texten einen Eindruck von Pessimismus erwecken kann, ohne je wirklich in diesem aufzugehen.

Im eröffnenden Titelstück, dessen Endzeitlichkeit sich vor allem in dem gegen Ende aufbrausenden stürmischen Wind äußert, bricht das smoothe Saxophon die gewohnten Strukturen nur bedingt auf. Viel mehr fügen sich der Klang und die Melodie mit ihrem osteuropäischen, vielleicht jiddischen Flair in die zum Teil an Barock- und Renaissance-Musik erinnernden Gitarren und den brummbärigen Gesang ein und könnten mit etwas Fantasie ebenso gut von einer Klarinette stammen.

Mit der Zeit merkt man aber, dass das neue Instrument schon bewusst gewählt ist und immer wieder eine neue Funktion einnimmt. Auf “January’s Song”, das anfangs mit seinem wehmütigen, chorartigen Gesang und der melancholischen Melodie wie aus einem Guss wirkt, fügt es sich anfangs noch mit dem klarinettenartigen Sound ein, doch mit der Zeit ist es immer besser zu erkennen und gibt den Song dann tatsächlich auch eine ungewohnte Jazznote, vielleicht in der Art von Grover Washington jr. In das wehmütige Picking von “Song of Consolation” setzt das Instrument genau im richtigen Moment ein und stellt dem rauen und ungekünstelten Gesang an der Grenze zur Rezitation etwas harmonisches zur Seite.

In “Healing a Wound often Beginns with a Bruise” hält es sich sehr zurück (ich bin nicht sicher ob es hier überhaupt zu hören ist), aber das tut dem Song keinen Abbruch, er ist einer der Höhepunkte im Herzen des Albums und wirkt mit den gesampleten Vögeln, dem Klavier, dem verbummelten Picking, das irgendwann von iberisch und orientalisch klingenden Mustern in einem Walzer kippt, nach dem summenden Kontrabass und dem ständigen Warten auf den Gesang wie eine andächtige Summa des bekannten Elliott-Werks wirkt. Wirklich ergreifend melancholisch ist “Flowers for Bea”, in dem der Gesang an der Grenze zur Atemlosigkeit durch die Szenerie hastet und das diesmal fast atonale Saxophon einen apokalyptischen Wind in einem öden Land einleitet. Ein alles andere als blumiger Song.

Der leise Ausklang gebührt dem barocken Kunstlied “Unresolved”, in dem nach dem Verstummen von Gitarre und Bass nur das harmonische Klavier als Nachklang bleibt. (A.Kaudaht)

Label: Ici D’Ailleurs