MODE IN GLIANY: Amer Armor

Wenn man Bandcampalgorithmen folgt, fällt schnell auf, dass die Zahl der Solokünstler, Duos und Gruppen, die eine am Wave der 80er geschulte Musik spielen, inzwischen Legion ist und nun auch von Hipstern goutiert werden, die vor etlichen Jahren noch beim Hören dunkler Musik verächtlich die Nase gerümpft hätte. Galakthorrö veröffentlichen allerdings konsequenterweise seit Jahrzehnten Musik von der Nachtseite des Lebens – und das schon lange, bevor es angesagt war.

Der Franzose Boris Völt debüttierte 2020 auf Galakthorrö mit der Single „Kelc’h-lizher“, der wir attestierten: “Auch das Einmannprojekt orientiert sich an elektronischer (Pop-)Musik der frühen 80er und Mode in Glizany geben ihren leicht angedunkelten analogen Synthsounds eine gute Infusion Elektropops, gleichzeitig gibt der zurückhaltende, fast flüsternde Sprechgesang den Stücken einen somnambulen Charakter.” Diese Ausrichtung wird auch auf „Amer Armor“ fortgesetzt: Von Labelseite hebt man die „Melancholie“ des Albums hervor – und tatsächlich sind alle Stücke durchzogen von einer schwarzgalligen Schwermut.

Der Opener „Amer Armor“ beginnt mit todtraurigen Synthflächen, bevor dann schleppende Beats einsetzen, dazu Gesang, der mehr spricht, der mehr flüstert, ganz so, als sei man (zu) erschöpft. Man hört Töne einer Taruermelodie, dann kommen im weiteren Verlauf ein paar treibende Beats dazu. Mit diesem sehr starken Stück wird die Stimmung der darauf folgenden weiteren neun Tracks gesetzt.

Auf „La mémoire de L’ensemble“ verleiht ein puckernder Drumcomputer dem Stück einen dunklen Puls, der wirkt, wie ein Sich-Auflehnen gegen die Verfinsterung. „Le mot Qui Fâche“ kombiniert traurige Melodieflächen mit einen Gesang, bei dem die Wut weniger als Eruption denn als Reduktion zum Ausdruck gebracht wird. „Masse“ enthält Momente des leicht Dissonanten. Das minimalistische, instrumentale “Sans un mot de trop“ beendet die erste Seite. Die B-Seite wird mit „Steren an norzh“ eröffnet: flächige Sounds, Rauschen, dann setzt der pochende Drumcomputer ein, der Gesang wirkt, ganz so, als könnten die Worte nur mit letzter Kraft herausgepresst werden. Auf „Degas“ steigert und verdichtet sich die Musik zu einem dramatischen Finale. Völt buchstabiert auf “Amer Armor” durch, wie düstere Musik abseits ausgetretener Pfade klingen kann.

Label: Galakthorrö