V.A: Hexakosioihexekontahexaphobia: The Fear of the Number of The Beast

Gerade ist ein Buch von Colin Dickey erscheinen, das darlegt, warum Amerikaner so besessen sind von der Vorstellung, geheime Mächte, klandestine Gruppen kontrollierten die Welt. Im Guardian heißt es: „From the 1692 Salem witch trials to the American Revolution (thought by some to be a conspiracy organised by the French), from the satanic panic to the Illuminati and QAnon, it has been tempting to dismiss conspiracy theories as an aberration, resonating with a small and marginal segment of the population. But Dickey, 45, came to understand them as hardwired into how many people process democracy.“  In Deutschland kam jüngst eine von der Konrad Adenauer-Stiftung in Auftrag gegebene Studie zu Verschwörungsgläubigkeit in Deutschland unter anderem zu dem Ergebnis: „8 Prozent der Wahlberechtigten sind der Ansicht, dass geheime Mächte die Welt steuern und weitere 23 Prozent vermuten, dass dies wahrscheinlich richtig sei.“

Auf Deathbed Tapes ist jüngst eine Compilation erschienen, die sich mit einer Manifestation solcher Verschwörungsnarrative befasst: Sechs Künstler beschäftigen sich auf je sechsminütigen Stücken thematisch mit der sogenannten “Satanic Panic“, die in den 90ern die USA und das Vereinigte Königreich heimsuchte und u.a. Genesis Breyer P. Orridge ins Exil gehen ließ. Das Thema des Tapes spiegelt sich auch im Titel und in den absurd-hyperbolischen Schlagzeilen auf dem Cover wider.

Maso Yamazaki hat unter dem Projektnamen Controlled Death in den letzten Jahren auf einer Vielzahl von Tonträgern auf Tod fokussierte Lofi-Synth-Stücke veröffentlicht. Hier werden fiese dissonante Synthsounds mit verrauschten Orgelklängen und den so typischen unmenschlichen Schreien kombiniert. Das unbetitelte Stück klingt so in etwa, als habe La Vey seine „Satanic Mass“ mit Romeros Zombies zelebriert. Man kann sich ohne Weiteres vorstellen, dass auch heutzutage inmitten der QAnon-Irren – ob mit schmuckvollem Kopfputz oder als christlischer Nationalist -  beim Hören des Stückes tatsächlich jemand glauben könne, hier würden Satanisten/Demokraten/Hillary Clinton/Joe Biden etc. Kinder quälen, um an ihr Adrenochrome zu kommen. Richard Ramirez steuert als Black Leather Jesus mit dem amüsant betitelten „(M)oral Panic“ seinen typischen Harsh Noise bei, der hier in einer Kumulation von Feedback und Hochfrequenzen in einer rabiaten Unruhe und Brutalität zu hören ist. „Fetal Feast Of Therese“ von Moonbeam Terror (dem Projekt von Anjilla Ulfhednar, die auch bei Black Leather Jesus aktiv ist) sampled extensiv das „Satan’s Children“-Video. Romain Perrot alias Vomir legt dann mit dem für den Franzosen so typischen Harsh Noise Wall in Punkto Brachialität und Monotonie noch eine Schaufel drauf. Straight Panic arbeiten ebenfalls mit Sprachsamples, das dissonante Brutzeln ist aber hier etwas zurückhaltender als auf den vorherigen Tracks. Dazu kommen dann verrauschte Melodiepassagen und irre demente Vocals. Cromlech beenden das Tape mit Sprachsamples, fiesen Hochtönen und monotonen Beats.

Das sind sechs brachiale Stücke und man müsste eigentlich all die Verschwörungsgläubigen 24 Stunden am Stück mit dieser Zusammenstellung beschallen und ihnen dann mit den Worten von Alan Moore entgegnen: „the truth is far more frightening; no-one is in control, the world is rudderless“. (JM)

Label: Deathbed Tapes