ASHTORETH / ONSTURICHEIT: Fungal Connectivity

Ashtoreht und Onsturicheit, die beiden recht unterschiedlichen Klangkunstprojekte der Belgier Peter Verwimp und Peter Moorkens, laden auf “Fungal Connectivity” zu einer umfangreichen Landerkundung, bei der es ebenso opulent wie unberechenbar zugeht. Die Unberechenbarkeit verdankt sich nicht nur dem Reichtum an musikalischen Motiven, sondern auch der steten Veränderlichkeit der Topographie, bei der man auch beim konzentrierten Hören nie sicher sein kann, in welche Richtung als nächstes abgebogen wird. Schon das legt nahe, sich die klangliche Reise als ein Erkunden eines Pilzgeflechts vorzustellen, wie es im Titel genannt wird, und das verschiedene Denker schon immer auch als Modell netzartige Strukturen benutzt haben.

Vergleicht man die beiden Stücke “Fungus Beneath” und “Fungus Beyond” miteinander, so scheint sich ganz subtil, schon wenn man den Titeln folgt, eine Bewegung nach unten zu offenbaren, eine Bewegung hinein in die fungale Welt, bei dem man eine gewisse Schwelle überquert oder ein Portal durchschreitet. Die beiden Stücke unterscheiden sich nämlich nur insofern, dass das etwas längere zweite Stück etwas sanfter, heller und dezenter wirkt. Von der Machart allerdings sind sie recht ähnlich episodisch gestaltet.

Zu Beginn wirkt auch die erste Seite noch recht dezent und lush, wenn nach dem Auftakt eines pastoralen Saitenpickings ambiente Flächen markante Hochtöner in eine Welt aus zwitschernden Vögeln senden. Schon bald brandet unregelmäßiges Soundmaterial über einen hinweg, und in allem steckt eine tränenmasse Wehmut und eine Atmosphäre genügsamer Akzeptanz. Schon in diesem Soundmaterial machen sich graue Partikel bemerkbar, und man fragt sich etwas ratlos, in was für eine Welt man da geraten ist. Es scheint eine mikroskopische Welt zu sein, in der alles in unsicherer Bewegung ist, und auch der folkige Ambientsound, der anfangs noch fast so etwas wie ein kleines Idyll entstehen lässt, löst sich mehr und mehr ind Rauheit und Rhythmik auf und bildet einen Plateau, in dem krautiger Postrock den Ton angibt. Jenseits dieses Plateaus betritt man ein weitaus bunteres Terrain, in welchem  psychedelisch-orientalisierende Synthies und handdrumartige Rhythmen den Ton angeben. Irgendwann verwandelt sich auch dieses Szenario und wird in ein elektrifiziertes singendes Dröhnen überführt, bei dem man sich fragt, was für eine Bedeutung die Pilze hier bekommen, und auch die gehauchten Vocals, die ebenso eine Fata Morgana sein könnten, geben ihre Herkunft nicht wirklich Preis. Den Schlusspunkt bilden kratzige, von Schreien und allerhand krachigen Störgeräuschen durchzogene Synthies und Gitarrensounds.

Auch “Fungus Beyond” baut sich eher gemächlich auf und lässt in den ersten Minuten mit anrührenden Flötenklängen und Gitarrenpickings, die Versatzstücke sanfter Americana sein könnten, ein geradezu schöngeistiges Szenario entstehen. Auch hier macht sich allerdings schnell eine exzentrische Anderswelttigkeit bemerkbar, in surrealen Kratzgeräuschen und einer Reihe undefinierbare Details. Irgendetwas, das noch nicht absehbar ist entfaltet sich im wahrsten Wortsinne, und sind die Falten geglättet, schält sich aus den Falten ein Rhythmus von seltsamer Haptik begleitet von rauen reiben heraus. Eine volle und dichte Materialität entsteht, die sich bald als fast rockig mit jaulenden Soli entpuppt und doch stets sanft und hell bleibt. In diesem Stück ist auch die menschliche Stimme deutlicher zu hören, in Rezitationen mysteriösem Geflüster und entspanntem hauchen, dass ein ruhiges aber keinesfalls idealisiertes Finale einleitet.

Ob man in der Zwischenzeit ein Portal durchschritten hat oder einfach den spontanen Abzweigungen eines pilzgeflechts gefolgt ist– ganz unverhofft hat man auf fungalkonnektivity ein spannendes therabetreten, das mit herkömmlicher Kartographie nur schwer nachzuzeichnen ist, und das geradezu nach einer neuen Erkundung verlangt. Für Leser unserer Seiten ist es zudem eine interessante Gelegenheit, den hierzulande noch unbekannteren Peter Moorkens kennenzulernen. Sein Kollege Verwimp hat außerdem gerade ein neues Album mit seiner Band The Black Swan Triade draußen, über den wir auch noch ausführlich berichten werden. (U.S.)

Label: Reverb Worship