Als TE/DIS vergangenes Jahr mit der „Black Swan“-7′ auf Galakthorrö debütierten, war die musikalische Verwandtschaft zu anderen Künstlern des Labels klar erkennbar: Da surrten die analogen Synthesizer, da war dieser typische Galakthorrö-Klang. Wodurch sich TE/DIS allerdings abhoben, war die Stimme: Hier gab es keinen markerschütternden Schreigesang, keinen reduzierten Sprechgesang – stattdessen Vocals, die darauf schließen ließen, dass der Künstler eine musikalische Sozialisation zu einer Zeit erlebt hatte, als Goth nichts mit Kirmestechno à la Blutengel oder mit Schlagerkitsch wie Unheilig zu tun Weiterlesen
Archiv des Autors: Michael
RAISON D’ÊTRE: Mise en Abyme
Peter Andersson hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten in den verschiedensten Spielarten des (Post-)Industrials ausgetobt, und auch wenn das manchmal durchaus rabiat ausfallen konnte (man denke etwa an Panzar oder Stratvm Terror), dürfte am bekanntesten aber (immer noch) Raison D’Être sein, sein Projekt, mit dem viele ihre erste Begegnung auf Cold Meat Industry (respektive dem Tapesublabel Sound Source) gehabt haben dürften und das durch Titelgebung der Alben und Songs („Enthraled By The Wind Of Lonelienes“, „The Empty Hollow Unfolds“, „Within The Depths Of Silence And Phormations“, „Requiem For Abandoned Souls“ – eine Liste, die fast beliebig fortsetzbar wäre), Artwork (oftmals verwaschene, verschwommene Bilder) und der Kombination von Weiterlesen
CYCLOBE: Sulphur – Tarot – Garden
Als Cyclobe 2012 auf Einladung von Antony in der Queen Elizabeth Hall auftraten, konnte man eine auf 200 Exemplare limitierte CD-R namens „Sulphur – Tarot -Garden“ kaufen, auf der ihre (neu komponierten) Soundtracks für drei frühe, zwischen 1972 und 1973 erschienene, ursprünglich tonlose Kurzfilme Derek Jarmans zu finden waren. Die Verbindung zu dem 1994 verstorbenen Künstler reicht lange zurück. Coil (damals bestehend aus Stephen Thrower, John Balance und Peter Christopherson) komponierten den Soundtrack für Jarmans „The Angelic Conversation“, Thrower trat als Statist in „The Last of England“ auf und sowohl Thrower als Weiterlesen
CURRENT 93: I Am The Last Of All The Field That Fell
Current 93 war von (An)Beginn immer ein Vehikel für David Tibets Obsessionen, künstlerischer und vor allem spiritueller Art. Daraus folgte vielleicht unweigerlich, dass Ideen und später dann die Worte und Wörter im Mittelpunkt standen, gerade da Current 93 eben keine Band im herkömmlichen Sinne war/ist, sondern vielmehr ein loses Kollektiv um den Fixstern Tibet. Dabei haben die immer umfangreicher werdenden Texte – die vielleicht der in den letzten Jahren stärker gewordenen kosmischen Perspektive („And did you call the night ‘bright’/And drink the sex of stars?“ wird auf dem letzten Stück gefragt) Rechnung tragen sollen – dazu geführt, dass ein Singen – das es bei Current 93 sowieso nie im herkömmlichen Sinne gegeben hat – noch stärker einem Rezitieren gewichen ist. Weiterlesen
N + [BOLT]: N (30) / [BOLT]
Vielleicht ist die (relative) Popularität des Drones auch der zunehmenden Akzellierung vieler Lebensbereiche geschuldet, lässt sich somit vielleicht als Reaktion auf eine Welt sehen, in der die Halbwertszeit eines Mobiltelefons den Takt vorgibt, die noch von Marinetti beschworene „befreiende Unendlichkeit“ der Geschwindigkeit im Korsett des nächsten, angesagtesten Apps eingesperrt ist und der einzige Rausch der des Konsums ist. Vielleicht ist das aber auch nur eine Wunschvorstellung und letztlich spielt das bei der Beurteilung dieser sehr starken Veröffentlichung natürlich auch keine Rolle. Weiterlesen
RLW & SRMEIXNER: Just Like A Flower When Winter Begins
Schlager – und in diesem Fall kann man/muss man natürlich über Geschmack streiten – sind ein Schlag ins Gesicht und man muss sich fragen, was schlimmer ist: die Geschmacksverirrten, denen es aber z. B. nicht peinlich ist, ihre Ergebenheit zu Michael Wendler, dem „König des Popschlagers“, in großen Lettern auf ihrem Auto zum Ausdruck zu bringen oder diejenigen, die entweder mit dem vermeintlichen Zaubertrick Ironisierung anderen weismachen wollen, Schlager würden von ihnen rein auf einer Metaebene goutiert oder aber hehre Gründe vorschieben (ähnlich dem einmal von Ralf König porträtierten Mann, der behauptet, sich Pornofilme aus rein soziologischer Motivation anzuschauen). Weiterlesen
Wounded Galaxies Tap at the Window. Cyclobe am 30.01.14 in Berlin auf dem CTM-Festival
Stephen Thrower und Ossian Brown debütierten 1999 mit „Luminous Darkness”, einem anspruchsvollen, unglaublich dichten Album von Geräuschmusik, das Throwers langjährige Mitwirkung bei Coil verriet, aber weniger am Song orientiert war. Der Nachfolger „The Visitors“ knüpfte daran an, enthielt allerdings einige wesentlich längere, ausufernde Tracks, die durchaus dazu geeignet waren, die Pforten der Wahrnehmung zu reinigen und zu erweitern. Das dritte Album war ihre (Re-)Interpretation bzw. (Neu-)Bearbeitung von Nurse With Wounds „Angry Eelectric Finger“ und trug den Titel „Paraparaparallellogrammatica“. Auf allen diesen Veröffentlichungen kombinierten Cyclobe die elektronischen Klänge mit akustischen Instrumenten, wie z.B. Geige, Klarinette, Cello, Drehleier. Dadurch entstand eine Musik, die dicht und verdichtet war und auf die das oft überstrapazierte Adjektiv organisch mehr als zutraf. Weiterlesen
VORTEX: Kali Yuga
Dark Ambient ist oftmals weniger Musik zum Beschallen von Räumen, sondern vielmehr der Versuch klanglich einen locus horribilis zu erzeugen. Dabei bietet sich eine Bezugnahme auf seit Jahrtausenden existierende Vorstellungen vom Ende der Welt natürlich besonders an. Diese Vorstellungen, die in krisenhaften Situationen „den Bewusstseinsmarkt und die Kulturindustrie“ (K.L. Pfeiffer) überschwemmen, werden häufig als apokalyptisch bezeichnet, dabei wird der Begriff Apokalypse als Synonym für Weltuntergang verstanden, damit allerdings seiner ursprünglichen Bedeutung (Enthüllung) beraubt, da vergessen Weiterlesen
COMPOUND EYE: Journey From Anywhere
„Journey From Anywhere“ ist nach dem sehr limitierten „Origin of Silence“ von 2012 das zweite Album des aus Drew McDowall und Tres Warren (Psychic Ills) bestehenden Projekts. McDowall war von Mitte der 90er bis zum ersten Teil von „Musick to Play in the Dark“ Mitglied von Coil und musikalisch bewegt sich Compound Eye auch in einem ähnlichen Universum wie diese. Weiterlesen
ROZZ WILLIAMS: Sleeping Dogs
Durch die in den letzten Jahren (wieder)veröffentlichten Aufnahmen von Rozz Williams’ Projekt Premature Ejaculation, die wir auch auf dieser Seite regelmäßig besprochen haben, wurde der experimentelle Teil des Werkes des Kaliforniers in den Mittelpunkt gerückt, wobei Williams’ (Ver)Kult(ung) natürlich primär auf dem Frühwerk von Christian Death gründete, durch das er zur Gothic-Ikone schlechthin wurde und Stoff für gleich mehrere Hagiographien lieferte, denn das 1982 erschienene Debüt „Only Theatre of Pain“ diente -gerade auch ästhetisch- als Blaupause für zahlreiche oftmals weniger inspirierte Bands. Dabei waren Williams’ musikalische Einflüsse und Interessen vielseitig(er) und ließen sich -zumindest dann, wenn es um Songorientiertes ging- oftmals klar in den 70ern verorten. Weiterlesen
Es ist besser, ein guter Heide als ein schlechter Christ zu sein: Interview mit Hilmar Örn Hilmarsson
Es gibt wahrscheinlich keine kulturelle Szene, die so auratisch aufgeladen ist, wie die Islands, was natürlich auch mit den Assoziationen zu tun hat, die die kleine Insel oft hervorruft. Gleichzeitig lauert hier natürlich an jeder Ecke die Gefahr des Klischees, der Stereotypisierung und damit letztlich Simplifizierung. Insofern ist es gut, wenn man mit einem Künstler spricht, der ein nicht wegzudenkender Teil des musikalischen Lebens Islands ist, der fast von Anfang an, seit den frühen 70ern, die Musik dort (mit)geprägt hat und dessen Mitwirken in zahllosen Bands und Projekten verdeutlicht, dass die Zusammenarbeit ein elementarer Bestandteil der isländischen Kultur ist, wie Hilmar Örn Hilmarsson im folgenden Interview erwähnt. Weiterlesen
ÄÄNIPÄÄ: Through A Pre-Memory
Dass der ewige Drone inzwischen Einzug in viele Bereiche populärer Musik gefunden hat, daran ist Stephen O’Malley sicher nicht ganz unschuldig, gab es doch in den letzten Jahren keine Musikpublikation, in der nicht in jeder Ausgabe mindestens einmal ein Verweis auf Sunn O))) zu finden gewesen wäre. Dies und die Tatsache, dass Genres, die mit (scheinbar) einfachen und begrenzten Mitteln arbeiten, vielleicht noch einmal besonders viele anziehen und (vermeintlich) inspirieren, hat dazu geführt, dass die Zahl der Nachahmer inzwischen Legion ist (und manche von diesen vielleicht ebenfalls in eine Schweineherde ausgetrieben werden sollten). Weiterlesen
TOR LUNDVALL: Structures and Solitude
Wie wenige andere Künstler verfolgt der in Neuengland ansässige Lundvall seine Vision(en) auf eine Weise, die mit konsequent nur unzureichend beschrieben ist, denn sowohl visuell als auch musikalisch ist seine Handschrift sofort zu erkennen, erschafft er Bilder und Alben, denen in ihren somnambulen Charakter immer eine gewisse Ambivalenz innewohnt, sind sie doch numinos, scheinen sie dem Hörer bzw. Betrachter oftmals gleichzeitig sowohl ein Gefühl der Geborgenheit als auch des Unheimlichen zu vermitteln. Wenn man soweit geht zu sagen, dass seine bevorzugte Jahreszeit der (ewige) Herbst ist, so könnte man vielleicht von dem Zwielicht als von seiner bevorzugten Tageszeit sprechen, ein Zwielicht, in dem (manchmal) Figuren (ver)einsam(t) in der Landschaft stehen, treten sie in Gruppen auf, tragen sie meistens Masken, sind zwielichtige Geschöpfe. Weiterlesen
ALBATWITCHCRAFT: GAS!
Auf Crow Tongues „The Red Hand Mark“ hatte Timothy Renner auf „Ypres“ das Grauen des trench warfares besungen, den Schrecken des Ortes, an dem zum ersten Mal Giftgas eingesetzt wurde, in dem Krieg, der im englischen Sprachraum noch immer (durchaus doppeldeutig) The Great War genannt wird. In dem Text beschwor Renner ein Grauen voller von Schrapnellen zerfetzten Eingeweiden, eiternden Wunden und grinsenden Schädeln, das nicht anders zusammenzufassen war als mit den Worten „Death ahead, madness behind“. Weiterlesen
ALBATWITCH: Only Dead Birds Sing Over the Graves of Fallen Kings
Timothy Renner ist ruhelos. Obwohl die Wiederbelebung von Stone Breath vor einigen Jahren zu einer ganzen Reihe hervorragender Alben geführt hat, findet er immer wieder Zeit für Nebenprojekte. Politisch im eigentlichen Sinne konnte man Renners seit Mitte der 90er entstandenes Werk bislang nie nennen, viel eher waren all seine Bands und Projekte oftmals Widerspiegelungen einer spirituellen Weltsicht. Wenn überhaupt, dann könnte man sagen, dass seine Labelarbeit, seine sich dem Mainstream und marktstrategischen Überlegungen und Berechnungen weithin verweigernde künstlerische Tätigkeit und das kaum jemals auf sicheren Pfaden Verweilende („I took the [road] less travelled by“ könnte man in Anlehnung an Robert Frosts wohl berühmtestes Gedicht schreiben) natürlich für sich genommen schon ein Statement, eine klare Positionierung sind (eine ähnliche Überlegung wurde jüngst im Wire bezogen auf Wolf Eyes geäußert). Weiterlesen
REGGIE OLIVER: Virtue in Danger
Der auch als Schauspieler tätige Reggie Oliver ist als Autor nicht auf eine Gattung beschränkt: Ursprünglich Dramatiker, verfasste er eine Biographie seiner Tante – der Autorin Stella Gibbons -, dürfte allerdings einigen der Leser unserer Seiten durch seine in inzwischen mehreren Bänden gesammelten unheimlichen Geschichten bekannt sein, die weniger durch Drastik auffallen als vielmehr in der Tradition britischer Geistergeschichten stehen und einen Autoren zeigen, der ein begnadeter Stilist ist, Figuren scharf zeichnen kann und ein Ohr für Dialoge hat. Weiterlesen
TREPANERINGSRITUALEN: The Totality of Death
Das nach einer archaischen Methode Schädel zu operieren (eine Abbildung der Prozedur findet man auf dem „Ritualer, Blot & Botgöring“-Tape) benannte Einmannprojekt des Schweden Thomas Martin Ekelund sorgt mit dieser Zusammenstellung von (bis auf wenige Ausnahmen) schon veröffentlichten Stücken bewusst für leichte Verwirrung, veröffentlichen die beiden Label Silken Tofu und Malignant zeitgleich zwei gleich betitelte CDs, deren Artwork sich nur minimal unterscheidet, die allerdings völlig andere Stücke enthalten. Bei dieser Rezension wird es um die CD auf Silken Tofu gehen. Weiterlesen
COH: Retro 2038
Schon in einem Interview, das ich vor einigen Jahren mit Ivan Pavlov führte, sprach er davon, „mit nichts [zu] beginnen und mit einem Chaos aus Klängen [zu] enden“, bezeichnete den Computer als ein Instrument, das „größere Freiheiten [als konventionelle Instrumente ]“ biete und unterstrich damit fortwährend das Schöpferische seiner Tätigleit. Zudem wurde im Gespräch immer wieder deutlich, mit welcher Begeisterung der gebürtige Russe Klänge erzeugte – „Method As Fun“ heißt ein Track auf „Retro 2038“ dann auch passenderweise und im Innern der CD-Hülle finden sich folgende Worte: „Contains no instrument samples, patches or other Additives 100% hand-made computer sound“. Weiterlesen
ANEMONE TUBE: The Transfiguration Of The Image
Das Tape erlebt (insbesondere im (Post-) Industrial) als Tonträger eine gewisse Renaissance. Das liegt sicher an zweierlei. Zum einen ist es eigentlich das umständlichste Medium, dem gleichzeitig die „tactile pleasure of so-called obsolete media“ (David Keenan), die Vinyl innehat, fehlt und somit auf gewisse Weise sicher die anachronistisch-trotzigste Positionierung gegen das Nullmedium MP3 in all seiner Seelenlosigkeit ist. Zum anderen ermöglichten es Tapes in der Frühzeit experimenteller Musik auch Loops und Protosamples zu kreieren. Weiterlesen