VORTEX: Rockdrill

Das deutsche Einmannprojekt Vortex hat von Anfang an stark konzeptionell gearbeitet: Setzte man sich auf dem ersten Album „Phanopoeia“ mit Ezra Pound, il miglior fabbro, auseinander – der Name des Projekts verweist natürlich auf den von Pound so getauften Vortizismus -, untermalte die CD, die dem Band „Stille“ von Birthe Klementowski beilag, das Grauen der Massentötung psychisch Kranker in der Landesheilanstalt Hadamar während der Jahre 1941-45. Auf „Rockdrill“ geht es um die Anfang des 20. Jahrhunderts von Jacob Epstein (u..a bekannt für sein Grabmal für Oscar Wilde) geschaffene Skulptur gleichen Namens, die eine Art biomechanische Figur zeigt, die über einem überdimensionemalem Bohrer thront – eines der zentralen Werke der Vortizisten, das damals zu sehr polarisierenden Reaktionen führte: Der walisische Maler Augustus John schrieb, die Skulptur sei „Altogether the most hideous thing I’ve seen“. Dabei sagte Epstein über die Ursprungsversion seiner Skulptur: „I made and mounted a machine-like robot, visored, menacing, and carrying within itself its progeny, protectively ensconced. Here is the armed, sinister figure of today and tomorrow.’ Später verlor Epstein das Interersse an der Figur als Ganzes, insbesondere am Bohrer, zertrennte sie und goss nur den oberen Teil des Körpers der Figur in Bronze.

Damit wird aber (auch) erneut der Bogen zu Pound geschlagen, auf den die Skulptur großen Einfluss hatte: Es gibt eine Sektion in Pounds Magnum Opus, den von ihm selbst als künstlerischer Fehlschlag bezeichneten Cantos, die „Rock-drill“ heißt. Für Pound war der Felsbohrer eine Metapher für den Künstler (W. Schmied) und zur Zeit der Entstehung der „Rock-Drill“-Cantos adressiert er Wyndham Lewis als „ole Rock-drillaHHHH…“. Soviel zum Kontext.

Vortex lassen sich sicher im weiteren Feld des Dark Ambient ansiedeln, auf „Rockdrill“ wird aber recht variantenreich vorgegangen und das Genre bzw. dessen Grenzen mehrfach gesprengt: Das Album wird von „Rockdrill I“ eröffnet. Auf düstere Soundflächen zu Beginn folgt rabiate Perkussion, die sicher an das Vitalistische des dem Futurismus nicht unverwandten Vortizismus anspielt. „Canto Spoleto“ ist dagegen völlig anders geartet: Eine Gitarre scheint gezupft zu werden, dazu lässt man den „besseren Schmied“ Canto CVI vortragen. Das Stück ist reflexiv, eine melancholische, von Schwermut geprägte Nummer. „Spiral“ wird von verhallten Geräuschen in unerforschten Tiefen dominiert und lässt an geologischen Dark Ambient denken. Der Track endet mit einem Geräusch, das an einen sich verlangsamenden Bohrer denken lässt. „Fatalism“ ist gerprägt von Sprachsamples, dunklen Drones, zu denen akustische Instrumente hinzukommen. „Iron Cage“ – wahrscheinlich an Pounds 25 Tage in einem hell beleuchteten Käfig nach seiner Festnahme anspielend – ist ein dramatischeres Stück aus Choralelmenten, tribaler Perkussion und kaum zu verstehende Sprachsamples von Pound. Bei einem Titel wie „Asylum“ muss man unweigerlich an Pounds Einweisung in die psychiatrische Abteilung des St. Elizabeth-Krankenhauses denken: Wasser tropft, Klänge im Hintergrund (ver)stören. Auf „Construction“ werden leicht dissonante Streicher eingesetzt, bevor „The Fall“ wieder vitalistisch-perkussiv ist.

Abschließend noch ein Zitat Epsteins zu seinem Werk: Für ihn sollte es “the terrible Frankenstein’s monster we have made ourselves into” darstellen. 

(M.G.)

Label: Cyclic Law