COH: Retro 2038

Schon in einem Interview, das ich vor einigen Jahren mit Ivan Pavlov führte, sprach er davon, „mit nichts [zu] beginnen und mit einem Chaos aus Klängen [zu] enden“, bezeichnete den Computer als ein Instrument, das „größere Freiheiten [als konventionelle Instrumente ]“ biete und unterstrich damit fortwährend das Schöpferische seiner Tätigleit. Zudem wurde im Gespräch immer wieder deutlich, mit welcher Begeisterung der gebürtige Russe Klänge erzeugte – „Method As Fun“ heißt ein Track auf „Retro 2038“ dann auch passenderweise und im Innern der CD-Hülle finden sich folgende Worte: „Contains no instrument samples, patches or other Additives 100% hand-made computer sound“. Damit grenzt sich Pavlov explizit und bewusst von denen ab, die ihre Tonträger aus vorgefertigten Klängen generieren und positioniert sich ganz selbstbewusst gegen diejenigen, für die der Begriff handgemachte Computermusik ein Oxymoron ist, weil ihre Vorstellung von handgemachter Musik irgendwo bei sogenanntem ehrlich-verschwitzem Rock aufhört.

Pavlov hat in den vergangenen Jahren immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass er ein starkes Interesse an tanzbarer Musik hat, sprach auf „Mask of Birth“ von „New disco for the new human“ oder zeigte etwa auf der „Electric Electric“-12′, was Techno für ihn bedeutet(e). Auch „Retro 2038“ gehört zu diesen tanzbareren Arbeiten COHs, Giorgio Moroder wird als Inspiration genannt und gleich das Eröffnungsstück „Retrotech Overture“ beginnt mit Bassfrequenzen, zu denen zerhackte Rhythmik und minimale melodische Einsprengsel hinzuzkommen. „Bugs Build a House“ lässt Erinnerungen an Synthiepop zu Beginn der 80er aufkommen, wogegen „Time to Time“ mit seinen mininal-repetetiven Elementen wesentlich reduzierter ist. „On Wings of Gravity“ ist tatsächlich „schwerer“, das dunkle Pulsieren ist ein Innehalten, auf das das hektische und nach Fehlern in der Software klingende „Aniki“ folgt. Vielleicht hat hier die Technik ein Eigenleben entwickelt. Das zehnminütige „Vainio“ (eine Hommage an den Pan Sonc-Mann?) ist dagegen ein düsteres Stück, das immer kurz vor der Eruption bleibt. Was Stimmung und Klangbild anbelangt, sind dann „Disco Discrete“ und das besonders verspielte „Method As Fun“ ganz anders geartet. Der Ablauf des Haltbarkeitsdatums wird auf der Rückseite mit 13.05.2038 angegeben. Man darf also noch lange Spaß mit diesem Album haben.

M.G.

Label: Editions Mego