CYCLOBE: Sulphur – Tarot – Garden

Als Cyclobe 2012 auf Einladung von Antony in der Queen Elizabeth Hall auftraten, konnte man eine auf 200 Exemplare limitierte CD-R namens „Sulphur – Tarot -Garden“ kaufen, auf der ihre (neu komponierten) Soundtracks für drei frühe, zwischen 1972 und 1973 erschienene, ursprünglich tonlose Kurzfilme Derek Jarmans zu finden waren. Die Verbindung zu dem 1994 verstorbenen Künstler reicht lange zurück. Coil (damals bestehend aus Stephen Thrower, John Balance und Peter Christopherson) komponierten den Soundtrack für Jarmans „The Angelic Conversation“, Thrower trat als Statist in „The Last of England“ auf und sowohl Thrower als auch Ossian Brown waren kurz in „Caravaggio“ zu sehen. Jetzt ist das Album als reguläre und unlimitierte CD auf dem eigenen Label Phantom Code erschienen.

Ein für mich zentrales Merkmal der Musik Cyclobes, das eigentlich seit ihrem Debüt „Luminous Darkness “ Ende der 90er, spätestens aber seit dem Nachfolger „The Visitors“ deutlich wird, ist, wie es Thrower und Brown gelang/gelingt, elektronische und akustische Instrumente in ihren extrem dichten Kompositionen miteinander zu verknüpfen, eine Musik zu erschaffen, die liminal ist, Schwellen überschreitet. Gerade die spärlichen Auftritte der letzten Jahre haben das noch einmal unterstrichen.

Und schon der erste Track „Sulphur“ macht diese Herangehensweise deutlich: Während an- und abschwellende, fast stotternde Elektronik zu hören ist, spielt im Hintergrund eine Drehleier. Das Stück scheint immer kurz vor der Auflösung zu sein, den ganzen 15 Minuten haftet gleichzeitig ein Moment des Unheimlichen, Nichtfassbaren an, was durch kurze, nur zu erahnende Stimmfragmente unterstrichen wird. Natürlich passt das zu Jarman, dessen Arbeiten ebenfalls oftmals von einer Traumatmosphäre durchzogen sind – was auch der häufige Verzicht auf eine lineare Erzählweise unterstreicht. Auf „Tarot“ sind die akustischen Instrumente dominant(er): Durch den Einsatz von Drehleier und Bläsern (Cliff Stapleton und Michael J. York haben neben John Contreras an dem Album mitgewirkt) entsteht fast schon orientalisch klingende Musik, die einen rituellen, magischen – der Alternativtitel von Jarmans Film lautet bezeichnenderweise „The Magician“ – Charakter besitzt. Auf diesen sieben Minuten wird deutlich, wie sehr es Cyclobe gelingt, aus vielen Schichten einen dennoch homogenen, in sich geschlossenen Klang zu erzeugen. Dagegen ist der Soundtrack zu „Garden of Luxor“ elektronischer, abstrakter, die Musik ist zurückhaltender, reduzierter und entfaltet sich langsamer. In Jarmans Film herrscht die Farbe rot vor: Man sieht Pflanzen, Pyramiden, Reiter, die Sphinx – in Chroma, seinem „Buch der Farben“, schreibt Jarman: „Rot ist der älteste Farbname, abgeleitet vom rudhira des Sanskrit. Das Gesicht der Sphinx war rot angemalt.“

Cyclobe haben bislang gezeigt, dass sie eine halluzinatorische, vielleicht im besten Wortsinne psychedelische, fast kosmische Musik spielen, in deren Zentrum vielleicht der große Gott Pan lauert oder um noch einmal aus Jarmans Chroma zu zitieren: „Wenn man dem Licht der Welt in die Augen schaut, färbt sich die Schöpfung scharlach.

M.G.

Label: Phantom Code