An musikalischen Ausdrucksformen unterschiedlicher Kulturen zeigte Robin Storey seit jeher ein großes Interesse – schon im Kontext der Pionierband Zoviet France, mehr noch in seinem Soloprojekt Rapoon, mit dem er die Suche nach der spirituellen Dimension ethno-schamanistischer Musik in eindringlichn Loops weiter vorantrieb und auf die vielen roten Fäden hin abklopfte, die unterschiedliche musikalische Regionen miteinander verbinden. So gesehen betritt Storey auf „Cultural Forgeries“ kein totales Neuland, indem er – wie es heißt, auf Vorschlag des Labels und seiner Betreiber PAS Musique – ausschließlich akustische Klangquellen benutzt und die live eingespielten Aufnahmen nur partiell bearbeitet.
Ein ungewöhnliches Album ist „Cultural Forgeries“ dennoch geworden, nicht einmal so sehr aufgrund der diesmal fehlenden Einbettung der Instrumentalsounds in einen elektronischen Rahmen, viel mehr noch weil es sich bei der Zusammenstellung um eine Art Präsentation, eine auditive Ausstellung handelt: In jedem der siebzehn Stücke werden eines oder mehrere Instrumente, zu denen auch die menschliche Stimme zählt, in typischen oder untypischen Spielweisen vorgeführt und damit der Rahmen dessen präsentiert, das Rapoon seit Jahren in Aktion zeigt.
Man könnte sich darüber streiten, welches Instrument für Rapoon-Verhältnisse am ungewöhnlichsten wirkt – die schallgedämpfte Trompete, die das stilvolle Interludium besorgt, später aber in schräger Verzerrtheit, zuguterletzt dann im Rahmen eines Jazzquartetts wiederkehrt, oder doch eher die einsaitige Slide Guitar, die zusammen mit der verrauschten Aufnahme zu einem einzigen Stück staubiger Coolness gerät. Cello und Glöckchen verschwimmen in den ihnen gewidmeten Abschnitten zu summenden und sirrenden Drones, sind mal rückwärts abgespielt und streckenweise kaum wieder zu erkennen.
Perkussion, bei der das Mikro zur klanglichen Intensivierung direkt im Resonnanzkörper angebracht wird, zeigt, wie westlich Ethnomusik mitunter sein kann. Noch mehr interkulturelle Offenbarung steckt in den Stücken mit Doppelrohrblattinstrumenten – jenen schalmeiartigen Holzblasinstrumenten, wie man sie aus dem vorderasiatischen Raum, aber auch aus der eurpoäischen Mittelaltermusik kennt, sowie im treffend „Banjo Arabiata“ betitelten Stück, das mit einfachen Saitenanschlägen eine mystische Atmosphäre entstehen lässt, die ebenso sehr den Appalachian Hills entsprungen sein könnte wie den Alpen oder dem Elburz-Gebirge.
Dass der stets ideologisch besetzte Gegensatz zwischen Ost und West ein von menschlicher Unzulänglichkeit gemachter ist und man viele Gemeinsamkeiten findet, wenn man nur gründlich genug forscht, zeigt einmal mehr die Musik. Diesen Universalismus, der so anders ist als das, was man heute meist so nennt, in verrauscht-verwehten Aufnahmen anklingen zu lassen, ist ein Verdienst des Albums. In seiner kompilativen Struktur ist „Cultural Forgeries“ auch so etwas wie ein Bonus zu Rapoons Werk – Bonus aber auch und ganz entschieden im buchstäblichen Sinne des Wortes. (U.S.)
Label: Alrealon Musique