TASJIIL MOUJAHED: The Death of Permanence

Ein interessantes Oxymoron ist er, der Titel „The Death of Permanence“, denn wenn etwas Beständiges zu Ende geht, ist es nie beständig gewesen. Vielleicht klingt darin der zaghafte und zugleich mutige Wunsch an, das Unmögliche wirklich werden zu lassen. Vielleicht auch die Furcht davor, doch dafür klingt die dunkle Electronica von Tasjiil Moujahed nicht idealistisch und auch nicht konservativ genug.

Tasjiil Moujahed ist nicht, wie manchmal behauptet wurde, eine Einzelpersonen, sondern ein Duo, dessen Name so viel wie „Kulturrevolutionäre“ bedeutet – bestehend aus dem libanesischen Musiker Jawad Nawfal alias Munma und dem in Berlin ansässigen Cedrik Fermont, der solo und kollaborativ unter zahlreichen Namen aktiv ist. Beide spielen jeweils eigene Arten experimenteller Elektronik, die je nach Kontext ambiente, tanzbare oder auch lärmende Gestalt annehmen kann. In gewissen Abständen loten die beiden die Möglichkeiten aus, die sich ergeben, wenn ihre Ideen zusammenfinden.

Auf ihrem vor vier Jahren erschienenen Debüt „مسافر / Moussafer“ entstand dabei ein herausfordernder musikalischer Hybrid an der Schnittstelle zwischen experimentell-improvisierter und technoider Electronica, in dem harter Electro im Stil der 80er ebenso nachhallte wie kühle Dubstep-Aleihen. Eingängige Strukturen wurden immer wieder angedeutet, aber nie – auch nicht im songorientierten „Aviatrix“ mit Gastsängerin Maria Kassab – soweit ausgeführt, dass Pop in Sicht gewesen wäre. Der gerade erschienenen Nachfolger ist in vieler Hinsicht zurückgenommener und konzentrierter, verzichtet auf Opulenz und allzu rasantes Tempo, und viel vom sperrigen Chaos der Kompositionen weicht einer eher fließenden Form.

All dies bleibt mehr denn je nur schwer greifbar, bereits in den sich unterschwellig überschlagenden Takten und dem schwer verständlichen Gemurmel der Samples im introartigen Opener „Septième Terre“. Die fatalistisch hallenden Soundflächen leiten über in das kühle „Encelade“, in dem dezente, aber leicht verzerrte Rhythmen eher tastend ihre Richtung suchen. Erst mit der Zeit, wenn die gedoppelten Vocals die Oberhand haben, findet man Orientierung, erkennt auch in der Detailverliebtheit einen roten Faden, der sich durch das Album zieht. Viele der Stücke haben Introcharakter, könnten Auftakt von Rhythm Noise oder anderer tanzbarer Musik sein, aber sie bleiben andeutend, überlassen viel der Fantasie des Hörers und vertrauen auf die subtile Wirkung des Fragmentarischen. Manchmal, wie in „Le Filmographe“ werden wie es scheint auch akustische Instrumente verwendet, auch hier gewinnt die Ausstrahlung am lediglich punktuellen Einsatz.

Lässt man sich davon einlullen, so könnte einen das kurze, zentrale „Mémoire d’outre-espace“ hochschrecken, das wesentlich extrovertierter daherkommt mit seinen kämpferischen Eispickelbeats und der unterschwelligen Aggression in den französischen Vocals, die sich nicht nur hier im Themenspektrum von Technik, Science Fiction und Dystopie bewegen. „Chronique organique“ und „Future Grounds“ setzen dem in jeder Hinsicht noch eins drauf. Immer mehr wird deutlich, dass “The Death of Permanence” einen deutlich politischen Grundtenor hat, doch auch wenn Bilder wie das einer Zombie-Armee, die durch eine „brave new world order“ marschiert für Momente kaum Fragen offen lassen, verweigern die Texte, so down to earth sie auch sind, jede einfache Didaktik und harmonieren so bestens mit der Subtilität der Musik.

Dass Tasjiil Moujahed ein Händchen für Klanggestaltung und auch für tolle Melodien haben, beweißen sie einmal mehr, ein Alleinstellungsmerkmal des neuen Albums (mit Artwork von Elyse Tabet alias Litter, die hier nicht das einzige Lebenszeichen von sich gibt) ist seine gelungene Mischung aus latenter Aggression und feinsinniger Andeutung, die immer einen irritierenden Augenschein von Ruhe und Moderation bewirkt. Als ich vor kurzem hörte, dass die beiden schon wieder an neuem Material arbeiten und diesmal wohl eine Pop-Platte anstehen soll, war ich nicht wenig überrascht – doch das heißt nicht weniger als dass man gespannt sein kann. (U.S.)

Label: Syrphe