MUNMA: Three Voices

Unter dem Namen Munma produziert der in Beirut lebende Jawad Nawfal seit nun zehn Jahren elektronische Musik in Eigenregie, doch seine Karriere reicht noch ein knappes Jahrzehnt weiter in die Vergangenheit zurück – ein Zeitraum, in dem er als Teil verschiedenster Kollaborationen und als DJ und Produzent die Möglichkeiten des kreativen Dialogs mit anderen auslotete. Die dafür nötige Offenheit und die sich dabei verfeinernde Fähigkeit, sich auf die Vibes anderer hin zu justieren, haben sicher einen Teil dazu beigetragen, dass der Musiker äußerst Unterschiedliches in einen stimmigen Rahmen zu packen weiß.

Munma ist allerdings noch einiges mehr: dunkel, cinematisch, ambient und von einer unterschwelligen Aufgewühltheit. Durch den Gebrauch gesampleter Sprachfetzen hatte das vorige Album „No Apologies“ eine hörspielartige Dimension, gleichzeitig offenbarte es im Zuge dessen auch einen politischen Subtext, bei dem es um die Verwerfungen in der seit Jahren gespaltenen libanesischen Gesellschaft auch und gerade nach dem letzten Krieg im Jahre 2006 ging.

In der Art des Gebrauchs der menschlichen Stimme liegt vielleicht die markanteste Neuerung, mit der seine neue LP „Three Voices“ aufwartet, denn die Vokalbeiträge – überwiegend weiblich und in französischer Sprache – stammen diesmal nicht aus Radio- und Fernsehübertragungen, sondern wurden von den jeweiligen Sprecherinnen, bei denen es sich um Autorinnen handelt, direkt für dieses Album verfasst und im Studio eingesprochen. Als solche bilden sie eine noch zentralere Komponente als auf dem Vorgänger-Album. Und trotz der immer noch kollagenhaften Struktur der Kompositionen fügen sich die Vocals harmonisch in den musikalischen Rahmen ein.

Dabei ist es mit dem Wohnklang so eine Sache: Viele der Tracks drängen mit einer subtilen Unruhe voran und entfalten eine deutlich spürbare Spannung, ob es beim Opener „Éole“ das leicht Verzerrte der trotzdem fein bearbeiteten Sounds ist, oder der oft nur angedeutete und somit etwas unsichere Rhythmus, oder die eher kühle als beruhigende Rezitation der Sprecherin – man mag es kaum sagen, doch der Song entfaltet eine atmosphärische Intensität, die das Charisma der Musik schon gleich zu Beginn offenbart. Und letztlich ist es die Mischung aus Ernsthaftigkeit und gestalterischer Schönheit, die dem Stück Zusammenhalt gibt.

Eine Art innerer Kampf zwischen Spannung und ganz ungezwungener Konzentration gibt dem ganzen Album seinen besonderen Reiz. In „Muse“ trägt einen das wellenförmige Hauchen eines (synthetischen?) Chors beinahe hinweg, doch unterschwelliges Gemurmel sorgt unmittelbar für Aufmerksamkeit und Aufruhr. Im Titelstück, einem kurzen Interludium, und in „Rêve éveil“ sprengen ungeduldige, erratische Takte den ambienten Kokon. Im Laufe des Albums, in dem dann auch der in New York lebende Produzent Jad Atoui zu hören ist, geraten die Stücke verspielter und immer mehr Ereignisse spitzen sich zu, Dub-Ansätze und vordergründige Rhythmik trifft auf die Saiten einer Oud, und über all dem breiten sich eindringliche Stimmbeiträge aus.

Weit weniger sperrig als der Vorgänger ist „Three Voices“ vieleicht das Album, um sich in den Munma-Kosmos einzuarbeiten. Die LP erschien bereits vor ein paar Monaten beim Beiruter Ruptured-Label, nach dem neuen Longplayer von Nawfals anderem Projekt Tasjiil Moujahed erscheint hiervon nun auch ein Tape bei den amerikanischen Kollegen von Beacon Sound. (U.S.)

Label: Ruptured / Beacon Sound