THE OWLS ARE NOT WHAT THEY SEEM: Hearth

Bei der Ausdifferenzierung/Fragmentierung der verschiedenen Spielarten randständiger Musik kann man sich kaum vorstellen, dass heute noch ein Sampler veröffentlicht würde, auf dem Asmus Tietchens neben Genocide Organ zu finden wäre. Gleichzeitig zeigen eine Vielzahl von Bands Hybridisierungstendenzen, wird z.B. Harsch Noise mit Black Metal, Power Electronics mit Dark Ambient kombiniert.

Die aus Pennsylvania stammende Band The Owls Are Not What They Seem, die durch ihren Namen, der auf Lynchs dieses Jahr in die dritte Runde gehende Fernsehserie anspielt, auf den Einbruch des Mysteriösen, Dämonischen, Unfassbaren verweist, versucht sich auf „Hearth“ an Genre- und Gattungsgrenzen sprengender Musik, wenn auch nicht ganz so radikal wie das Gitarrist und Sänger Brain Magar zusammen mit Timothy Renner (der das Album gemastered hat) als Albatwitch getan hat.

Der Name des ersten Titels „Conjuring“ ist Programm: Es dröhnt, man hört schleppende Perkussion, die so etwa klingt wie frühe Swans auf Psilocybin. „Remains of Your Ruin“ ist eine von harschen E-Gitarren und Noiseeruptionen durchzogene Doomnummer. Auf “Incantation” scheint es, als wolle sich ein Metalvokalist an Kehlkopfgesang versuchen (Attila Csihar kommt in den Sinn). „Decadence“ kombiniert Didgeridoo mit tribaler Perkussion, auf „Landfill“ geht Black Metal-Kreischen im dunklen Dröhnen unter, „Leech“ ist ein Soundscape aus unheimlichen Stimmen und Glöckchen, „Pinnacle“ eine unruhige, verdichtete Nummer aus Perkussion, atonalen Flöten und Eulenschreien. „Dark Escapes“ ist bedrückender Dark Ambient mit flüsternden Stimmen und vielleicht das atmosphärischste Stück des Albums. Auf insgesmt 16 Tracks dekliniert die Band durch, mit welchen Formen von Musik man eine bedrohliche, rituelle Atmosphäre erzeugen kann. Die Band selbst bezeichnet dann ihre Musik auch passenderweise als “Experimental ritual soundscapes”. Das von Rebecca Magar gestaltete Cover, das aussieht als habe ein Beksińskischüler sich mit einem Gigerfan zusammengetan, unterstreicht diesen Fokus noch einmal. (MG)

Label: Eleventh Key