DA-SEIN: Death Is The Most Certain Possibility

Debütierte das in Madrid ansässige Duo auf Galakthorrö 2015 mit seiner „Tautology“-7‘, folgt nun das erste Album, das im Titel auf den Philosophen verweist, dem die Band ihren Namen verdankt und den Thomas Bernhard in Alte Meister in inzwischen notorisch gewordenen Invektiven als „Pantoffel- und Schlafhaubenphilosoph der Deutschen“ bezeichnete. Da-Sein orientiert sich sowohl bei der Besetzung als auch bei der musikalisch-thematischen Ausrichtung zumindest partiell an November Növelet; will sagen: Auf „Death is the Most Certain Possibility“ übt das Duo Zurückhaltung. Der von Labelseite oft zur Einordnung seiner Künstler verwendete Begriff des Angst Pops ist für viele der Stücke sicher ganz treffend, denn weitgehend wird auf die Spielart analoger Elektronik verzichtet, die bei Galakthorrö zum Beispiel Subliminal spielen.

„Spiteful“ eröffnet das Album mit melancholischen analogen Melodiebögen und dem fast in der Musik verschwindenden flüsternden Sprechgesang von Kas Visions. „Jailbird“ wird von einem pochenden Beat und Basssequenzen durchzogen. „Dead Eyed Soul“ beginnt mit leicht dissonant-zischenden Momenten, auch hier geht der Gesang fast unter in der analogen Elektronik. Das von Sirenen eingeleitete kurze „Death Drive“ mit hochfrequenten Tönen und bar jedweden Rhythmus‘ ist das vielleicht atonalste Stück des Albums. „You Are Obsolete“ ist dagegen ein von Rhythmusschleifen durchzogenes, durchaus tanzbares Stück, auf dem der abgeklärte Gesang voll Stoik und Akzeptanz zu sein scheint. „Black Arts“ knüpft daran an, ist vielleicht eine Spur karger instrumentiert. „Cold Blooded Rush“ ist eine eher atmosphärische Klanglandschaft mit im Hintergrund klagenden anlogen Texturen, „Nosebleed“ reiht sich ein in den Reigen treibender Stücke, bevor auf „Evils“ das Tempo wieder zurückgefahren wird. „Ascension“ ist vielleicht das Stück, das prädestiniert für die Beschallung der Tanzflächen ist, bevor das Album mit dem ruhigen „Shake Your Heaven“ ausklingt.

Von Labelseite wird auf die „persönlich anmutenden Textzeilen“ hingewiesen; dabei sollte man (natürlich) nicht an eine allzu erbauliche Thematisierung menschlicher Beziehungen denken, denn hier geht es um die Narben, die selbige hinterlassen („It’s an embrace of scars in your kiss“ hört man auf „Dead Eyed Soul“). Das “private chaos” wird zu “schwarzen Künsten” („Black Arts“). Die „Geisterstadt“, die das besungene Pärchen auf „Nosebleed“ betritt, möchte man höchstens als Zuschauer, weniger als Besucher kennenlernen, denn wenn es im weiteren Verlauf des Stücks heißt „With the love like this/We can never be destroyed“, so denkt man unweigerlich eher an Badlands und Wild at Heart als an irgendeine Romcom. Man lebt “through nights that brought betrayal“ (“Evils”), hasst (“Ascension”) und teilt dem Gegenüber mit: “You were never anyone’s first choice“ („You are Obsolete“).

Die das Cover zierenden blutenden/blutbeschmierten Hände, die wie Stigmata aussehen, mögen vielleicht Resultate der erlebten und erlittenen Beziehungen sein und sind eine angemessene Illustration des Thematisierten. (MG)

Label: Galakthorrö