WILDNISGEIST: s/t

Timothy Renner hat neben seinen zahlreichen songorientierten Arbeiten auch immer wieder experimentellere, dronebasiertere Aufnahmen gemacht, etwa auf “SnowAngelsUndeathSong” oder dem „Undeath“-Album. In den letzten Jahren wurde Renners Interesse an Cryptozoologie und an (scheinbar) Unerklärlichem verstärkt virulent, was sich auf den letzten beiden Stone Breath-Alben „Cryptids“ und „Witch Tree Prophets“ sowie seinen Büchern (u.a. zu Bigfoot) und dem wöchentlichen Podcast „Strange Familiars“ widerspiegelt. Dieser thematische Fokus prägt auch sein neues Projekt Wildnisgeist mit einem von dem Autoren Joshua Cutchin übernommenen Namen, der auf die Gemeinsamkeiten zwischen Poltergeistphänomenen und Bigfoot verweisen soll.

Die hier zu hörende, selbst so bezeichnete „experimental drone music“, die u.a. Drones mit Feldaufnahmen von Bächen und Tieren etc. kombiniert, soll „a sonic ritual for summoning the other“ sein (wie es in den Linernotes heißt). Mit einem Zitat aus dem 3. Akt von Macbeth (“It will have blood, they say. Blood will have blood.Stones have been known to move, and trees to speak.) beginnt der über einstündige Track. Dann hört man fließendes Wasser und nach etwa fünf Minuten setzen entfernt melodische, u.a. am Harmonium erzeugte Drones ein. Passagen des langen Stücks haftet tatsächlich eine Aura des Un-Heimlichen, Mysteriösen an, insbesondere irritieren einige der Tierstimmen, die dekontextualisiert wirklich Unbehagen auslösen. Die getragenen Melodien machen das Stück zu einer Trauermusik, die mit dem Plätschern von Wasser ausklingt. Da sich das Stück sehr langsam entwickelt, mag man es als statisch empfinden, aber das ist vielleicht tatsächlich eine Klanglandschaft, durch die man nicht rennt, sondern viel eher geht. Wer dieses Album nicht als „sonic ritual“ nutzen möchte, dem sei gesagt, dass der musikalische Gehalt auch gut allein für sich (be)stehen kann. Fans der Arbeiten von Richard Skelton (in dessen Werk der Natur ebenfalls eine zentrale Rolle zukommt) sollten das Album sicherlich mehr als schätzen.

„If you notice any strange activity after playing this recording, I would very much like to hear of your experiences“, schreibt Renner im Booklet und man muss unweigerlich daran denken, dass es auf Coils Time Machines-Album hieß: “artifacts generated by your listening environment are an integral part of the experience”.  (MG)

Label: Hand/Eye