V.A.: Don’t Look Now: Aural Apparitions from the Geographic North

Bald ist die Zeit, in der man wieder das „October Country“ (Ray Bradbury) durchschreiten kann, die Luft von was auch immer für Wesen heimgesucht wird und es vielleicht heißt: „Guide them, holy lantern, through darkness and disaster. “ (Thomas Ligotti). Das in Decatur, Georgia, ansässige Label Geographic North veröffentlicht diese Compilation – die vielleicht auf Daphne du Mauriers Kurzgeschichte gleichen Namens oder Nicolas Roegs Verfilmung, deren deutscher Titel die Gondeln der Lagunenstadt im Namen trägt, verweist – , die als “frightening foray into Halloween-inspired sounds” bezeichnet wird.

Dabei geht es weniger um den Griff in die Klischeekiste der billigen Tricks und Masken als vielmehr um Momente der unterschwelligen Irritation: Der von Arp gestaltete Prolog hört sich wie ein ELpH-Track an, der von Asmus Tietchens geremixt wurde, während Arps Epilog weniger dunkel klingt. Ka Baird steuert ein instrumentales Orgelstück bei, das sich wie die akustische Version eines John Carpenter-Tracks anhört, Algiers’ “Our Collective Spirit is a Hammer to Crush the Oppressors’ Skulls ” ist ein von seltsamen Stimmen durchzogener orientalisch anmutender Track. Anjous „Electro Sounds For Movies“ ist eine sphärische Nummer, die man als foreshadowing dessen, was da kommen mag, hören kann. Eluviums “Surrounded By Illusion” klingt dagegen etwas optimistischer. Clarice Jensen steuert einen bedrohlichen Soundscape mit verfremdeten Stimmen bei. Danny Paul Grodys “Komorebi” ist ein auf der akustischen Gitarre eingespieltes melancholisches Stück. Stimmungsmäßig davon vielleicht gar nicht so weit entfernt ist CV & JABs von verrauschten Flöten durchzogener Track. Die drei kurzen Beiträge der Geographic North House Band klingen so, als habe William Basinski Bohren und der Club of Gores “Sunset Mission” neu aufgenommen. Jefre Cantu-Ledesmas Hildegard von Bingen-Interpretation “O virtus sapientiae” klingt, als trete eine Nico-Wiedergängerin in einer Kathedrale auf. Labradfords Robert Donne ist mit einer fragmentierten Hommage an Mika Vainio vertreten, während Ilyas Ahmeds “Local Blues” eine LoFi-Nummer ist, die im Äther zu verschwinden scheint. Anders ausgerichtet ist Félicia Atkinson mit ihrer von skurrilen rhythmischen Passagen durchzogenen Elektroakustik. Richard Chartier tritt unter dem Projektnamen Pinkcourtesyphone auf und man hört ein mysteriös brummendes und dröhnendes Stück, bei dem am Ende Passagen zu hören sind, die klingen, als habe jemand ein altes Grammophon angestellt. Dann gibt es die stotternden und verhallten Klänge von Suzanne Kraft. Moon Diagrams (das Projekt von Deerhunter-Mitglied Moses Archuleta) ist ein pulsierendes Dronestück voll seltsamer Geräusche, Roberto Carlos Langes Beitrag klingt nach Jahrmarktsmusik und Secret Pyramids spielen melodische und verrauchte Drones.

Unter den insgesamt 21 Tracks ist kein einziger Ausfall bei und wer jetzt noch immer nicht davon überzeugt ist, diese Zusammenstellung zu kaufen, dem sei gesagt, dass der gesamte Erlös der Veröffentlichung der in Atlanta ansässigen Non-Profit Organisation Youth Spark zugutekommt, die sich um Jugendliche im Südosten der USA kümmert, die von Missbrauch und Ausbeutung betroffen sind. (MG)

Label: Geographic North