V.A.: Troum Transformation Tapes

Hommages an das Werk eines Künstlers kann manchmal das Stigma von Festschriften anhängen. Man hat noch einen Text/ein Stück Musik in der Schublade und steuert es bei – egal, ob es irgendeinen Bezug zum jeweiligen Oeuvre hat. Bei den Künstlern, die anlässlich des 20-jährigen Bestehens von Troum auf dieser Doppel-CD vertreten sind, ist dies sicher nicht der Fall, sind doch die meisten Troum und/oder dem Label Drone Records seit langen Jahren verbunden und geben die Linernotes Einblicke in ganz unterschiedliche Herangehensweisen. Interessant ist hier, wie jeder Künstler einen anderen Ansatz zur titelgebenden „Transformation“ wählt. Zum einen geht es hier natürlich um die Transformation eines Troum-Stücks – in den Linernotes ist von „remixes, deconstructions, and reconstitutions“ die Rede -, zum anderen ging es bei Troum (und Drone Records) auch immer um die Veränderung von Bewusstsein. In den Linernotes zur Genese Troums schreibt Jim Haynes dann auch völlig zutreffend, es ginge bei Troum um „investigations manifesting universal archetypes and symbols from a collective unconsciousness into an overwhelming flood of sound“.

Allseits’ „Times“ ist eine selbst so betitete Hommage an das Bremer Duo: ein langsam anschwellender Drone, der sich im weiteren Verlauf verdichtet, ganz so, als nehme ein Sturm zu und schlösse den Hörer schließlich ein. Die Veteranen von Contrastate basieren ihr „The Silent Fish“ auf Elementen von Troums „Grote Mandrenke“ und erzeugen aus perkussiven Elementen und Bläserelementen (?) ein organisch klingendes Stück, auf dem dann ein Gedicht von Detlev von Liliencron rezitiert wird. Wenn man manchmal bei solch einer Art von Musik von Klangreisen spricht, so passt diese vielleicht doch etwas abgegriffene Metaphorik bei diesem Stück aufgrund seines narrativen Charakters sehr gut. Auf „The Innermost Sun“ verwenden Inade einen Loop von Troums „Dhanu-H“, um daraus einen Track von sakraler Größe zu erschaffen. Vance Orchestra bearbeiten „Giascei“ und erschaffen einen zehnminütigen recht reduzierten Track, der im Laufe an Dramatik zunimmt. Tarkataks Beitrag klingt mysteriös-rituell und man glaubt, man lausche Beschwörungen im Innern einer Höhle. Raison D’Etre steuern einen organischen an- und abschwellenden Track bei, der dem Hörer ein Gefühl völligen Aufgehobenseins gibt. Nadja covern „Mirrored in You“ vom ersten Teil der „Tjukurpa“-Trilogie und erzeugen eine ruhige, getragene Nummer, die im Verlauf an Intensität zunimmt. (Nur scheinbar) aus dem Rahmen fällt Eyeless in Gazas Martyn Bates, mit dem Troum vor Jahren das großartige Album „To A Child Dancing In The Wind“ aufgenommen haben. Bates untermalt seine so charakteristische Stimme mit Akustikgitarre, Troum fügen dezente Drones hinzu. [Multer] interpretieren einen Track vom dritten Teil der „Tjukurpa“-Trilogie und das lange „Sela Saiwala Mnx“ ist ein zurückhaltendes, aus vielen Schichten bestehendes Stück. Einen ganz anderen Ansatz wählt QST: Frans de Waards Beitrag ist ganz skeletthaft und auf (den) Rhythmus runtergebrochen. Ure Thralls Interpretation von „Krypte“ ist ein wunderschönes, von warmen Streicherdrones (?) durchzogenes Stück. 016 Vs Myrrman fokussieren sich -basierend auf Samples von „Sen“- auf den Rhythmus und in den Linernotes heißt es, es sei darum gegangen, zu zeigen, dass “Unconscious may be pictured in rhythmical way”. V.O.S. bearbeiten „Spirare“ unter den Namen „Breath Again“: ein dunkles Stück, dem ein Moment des Erhabenen innewohnt. Dual bezeichen ihren Ansatz als Mischung aus „collaboration and a remix“ und “TTN (Ursprung)” ist eine warme, leicht orientalsich klingede Dronlandschaft, die von dezenten Beats durchzogen wird.  Bad Sectors Track ist hochfrequenter, kristalliner und leicht dissonanter als einige der anderen Beiträge. “Chaneism” von Markow C beginnt mit in der Ferne hallenden melodischen Pasagen und Atemgeräuschen, zu denen perkussive Elemente hinzukommen. Cisfinitum covern „Skaun[ei]s“ von „Tjukurpa“, ein Stück, den das russsiche Projekt selbst als „one of the saddest [...] Troum tracks“ bezeichnet. Ihre u.a. auf geloopter Violine basierende Version verdeutlicht, wie aus einer melancholischen, traurigen Klanglandschaft etwas entstehen kann, das dem Hörenden einen Moment der völligen Zufriedenheit geben kann .Reutoff basieren ihre düstere und pulsierende  Nummer nicht allein auf Samples von Troum, sondern ebenfalls von OMD. Abgeschlossen wird dieses Doppelalbum von Moljebka Pvlse mit einem wunderschönen getragenen Stück.

„Troum Transformation Tapes“ funktioniert auf vielerlei Ebenen: Als Verbeugung vor einer Band, die seit zwanzig Jahren die Möglichkeiten dronebasierter Musik immer wieder aufs neue auslotet, als Zusammenstellung hervorragender, eigenständiger Stücke der jeweiligen Künstler und auch als Beleg dafür, was unter einer Bezeichnung wie Drone alles möglich ist. (MG)

Label: Transgredient