THREE QUEENS IN MOURNING / BONNIE ‘PRINCE’ BILLY: Hello Sorrow Hello Joy

Als im vorigen Jahr unter dem Titel “Songs of Love and Horror” das erste Textbuch von Will Oldham alias Bonnie ‘Prince’ Billy herauskam, hatten Jill O’Sullivan, Alasdair Roberts und Alex Neilson die spontane Idee, ausgewählte Stücke daraus neu zu interpretieren und gründeten dazu die wahrscheinlich einmalige Band Three Queens in Mourning, benannt nach einem berühmten Foto von der Beerdigung des englischen Königs George VI – dort wurden dessen Mutter, Frau und Tochter gezeigt, die alle Königin von England waren, sind oder einmal werden sollten. Der lockige Prinz bedankte sich und coverte je einen Song der beteiligten Musiker und steuerte als Bonus noch ein bisher unbekannten Lied bei.

Coverversionen von Oldhams Songs gibt es mittlerweile einige, doch die drei in Schottland lebenden Musiker sind nicht bloß Fans, sondern alte Freunde und Mitstreiter des kauzigen Barden aus Kentucky. Dieser nahm 2012 zusammen mit Neilsons Band Trembling Bells das gefeierte Album “The Marble Downs” auf, ein weiterer gegenseitiger Bezugspunkt ist die sich personell immer wieder neu erfindende Band Current 93. Während Oldham dort einige Gastauftritte als Sänger hinlegte, spielte Neilson über Jahre und auf mehreren ihrer Alben Schlagzeug, Roberts dagegen ist der aktuelle Gitarrist der Band. Es ist nicht auszuschließen, dass man sich dort erst näher kennelernte.

Obwohl so quasi ein Album des Trios und eine EP vom Meister selbst vorliegen, passt das Material, was Sound und Stil angeht, recht gut zusammen, und schon beim ersten Track “Stablemate”, das mit Frontfrau O’Sullivan (die sich Jill Lorean nennt und von der Band Sparrow and the Workshop her bekannt ist) zu einem kraftvoll hypnotischen Folkrocksong wurde. Da ihre klare Stimme den einen oder anderen sicher an Jacqui McShee (Pentangle) erinnert, entfalten die primär von ihr gesungenen Tracks – so das rührende “Tonight’s Decision” – schnell einen ganz eigenen Charakter, und nicht nur deshalb wird das bekannte “Madeline Mary” zu einem kratzigen Folkrockstück, das dem etwas filigraner anmutenden Original kaum nachsteht. Überhaupt zählen die Interpretationen der beliebtesten Stücke Oldhams zu den Höhepunkten der Sammlung, großartig ist z.B. das als Duett zwischen Roberts und Neilson interpretierte Titelstück der “I See a Darkness”, einem Album, mit dem Oldham Mitte der 90er erstmals eine größere Hörerschaft erreichte.

Neilson verpasst den von ihm gesungenen Stücken eine eigene herbe Handschrift durch seine ungekünstelte Stimme, “Lost Blues”, das auch sehr sein von The Directing Hand, Trembling Bells und einigen Current 93-Alben her bekannte verspielte Drumming heraushören lässt, zählt zu seinen größten Momenten. Roberts dagegen gibt einigen der Songs eine ganz eigene Traurigkeit, “No More Warehouse Blues” und das besinnliche “Christmas in the Mountains” könnten Stücke seiner weniger üppig instrumentierten Alben sein. Den “Ohio Boat River Song”, der auf dem schottischen Traditional “Loch Tay Boat Song” basiert und von Oldham 1993 noch unter dem Namen Palace Brothers gecovert wurde, holen die drei im mehrstimmigen Gesang quasi heim.

Oldham selbst verleiht Roberts’ “Coral and Tar”, das in anrührenden Vergleichen mit der Stabilität verschiedener Bäume die menschliche Schwäche und den Wunsch nach Liebe besingt, einen leichten Country-Touch. Der intensive Vortrag macht “Coward Song”, einen Walzer aus Neilsons Soloalbum “Andromeda”, so überzeugend, dass man es für ein Original halten könnte. Von Jills Geisterballade “Dead Man” legt er eine drängende, fast schmissige Version vor. Mit dem Bonusstück “Wild Dandelion” allerdings zaubert Oldham den größten Hasen aus seinem Hut: Die heitere Revuenummer mit Honkytonk-Flair könnte problemlos ein Hit auf einem seiner Alben sein, der schalkhaft-ironische Text über ein nacktes Gänseblümchen ist mindestens so schlüpfrig wie das verführerische Pflänzchen in Döblins Die Ermordung einer Butterblume. Wollen wir mal hoffen, dass ihm das niemand ankreidet, man weiß ja nie.

Gute Coverversionen gelingen bekanntlich nicht jedem, aber bei den vier Beteiligten dieser Back to Back-Veröffentlichung ist die Nähe der Musiker zueinander in jedem Song zu spüren. Statt einer Fortsetzung wäre ein komplett neues Album mit allen Beteiligten eine tolle Überraschung. (U.S.)

Label: Textile Records / A-Musik