ADAM GEOFFREY COLE / ANTHONY CORNISH: The Cellophane Sea

Über die Kontinuitäten im Werk Adam Geoffrey Coles nach dem Ende von Trappist Afterland ist hier schon einiges geschrieben worden, und alle Hoffnungen und Prognosen, dass die Zeit nach diesem Paradigmenwechsel ebenso produktiv sein wird, haben sich bislang bestätigt. Mit “The Cellophane Sea” ist nun das dritte Album unter Coles bürgerlichem Namen erschienen, und zugleich nimmt es eine Sonderstellung ein, denn diesmal ist sein langjähriger Weggefährte Anthony Cornish, der schon auf zahlreichen Trappist-Alben vertreten war, nicht bloß als Begleitmusiker, sondern als gleichrangiger Interpret und Songschreiber genannt.

Das Album hat bereits eine bewegte Geschichte hinter sich, denn in einer roheren und minimalistischeren Version lag es schon im vorigen Sommer vor – damals noch unter dem Arbeitstitel “Drinking with the Flies”, und einer der Songs – namentlich “Drunk With the Flies – erschien dann auch zusammen mit einem weiteren exklusiven Track auf einer 7″. Obwohl die simple und zurückgenommene Produktion durchaus intendiert war, entschieden sich Cole und Cornish, die acht Songs noch einmal zu überarbeiten und etwas opulenter zu gestalten. Das Resultat ist das nun vorliegende Album “The Cellophane Sea”, der die ursprüngliche Fassung als Bonus-CDr beiliegt.

Gleich in den ersten Minuten beim (entsprechend überarbeiteten) Opener “Drunk with the Flies” wird klar, dass auch diese Kollaboration sich im bekannten Bereich des mystisch-surrealen Psychfolk bewegt, und wer unsere Rezensionen zu den entsprechenden Alben der letzten Jahre kennt, der weiß, dass das durchaus begeistert gemeint ist. Als sei man inmitten eines Rausches in einen merkwürdigen Schlaf gesunken, schwimmt man auf den melodischen Wellen einer Gitarre und einer von Walker Phillips beigesteuerten Sitar durch eine ent- und verrückte Traumwelt, die ihre Farben und Formen im Verlauf nur leicht variiert, und folgt dabei Coles sanften, hermetisch anmutenden Worten, unterstrichen von einem lieblichen Glockenspiel, das kein geringerer als Grey Malkin erklingen lässt.

Eine leichte Aufgekratztheit, gerade so deutlich, dass sie einen immer noch in der Entrücktheit lässt, macht sich unter der Oberfläche bemerkbar – erst im darauffolgenden Titelsong zeigt sie sich deutlicher in einer verdrehteren Melodie, die in all ihrer verzückten Besinnlichkeit auch einen deutlichen Schuss Drang und Nervosität durchscheinen lässt: Hier blutet jemand innerlich und versteckt es nicht. Zwischen den Wellen des Zellophanmeeres scheint sich die Essenz der Liebe und des – echten, beidseitigen, sich infizierenden – Begehrens zu verstecken, wenn man auf Coles Lyrics achtet, und es mag dabei unerheblich sein, ob damit eine Liebe zwischen Menschen oder eine mystische Beziehung mit Gott besungen wird.

Wie schon bei Trappist Afterland kann man auch hier wieder zwei bestimmte Songtypen unterscheiden. Während der Titeltrack die elektrisierte, im gewissen Sinne getriebene Seite von Coles Songwriting repräsentiert, steht “Blackwood” für einen Songtyp, der entspannter und beruhigter daherkommt und in seinem sanften Picking ein wie auch immer geartetes Idyll lebendig werden lässt. Hier passt diese Form auch sehr gut zum Text, in dem vielleicht so etwas wie eine perfekte Allegorie eines guten Lebens dargestellt wird, und bei vielen anderen Songwritern wäre die pastorale Beschreibung von sanften Bächen, wilden Beeren und Kirchenglocken, die vom Hügel herüberschallen, sicher um einiges kitschiger ausgefallen.

Ähnlich sanft und besinnlich erscheint “Hand on Crook”, doch bildet das gemütliche Strömen des Akkordeons und die stimmungsvollen Gitarrenakkorde einen heimlichen Kontrast zur entrückten Leidenschaftlichkeit eines Gesang, der einer Sehnsucht nach dem Urvertrauen Ausdruck gibt. “Riverbank Blues” dagegen, das in seinem forschen Saitenanschlag fast etwas an Simon Finn erinnert, repräsentiert wieder ganz und gar die unter Strom stehende Seite von Coles Songwriting. Zusammen mit den gleitenden Ambientflächen und einer leichten Perkussion zählt dieser Song zu den atmosphärisch gelungensten Stücken des Albums.

Zwischen “Sing a Song this Eve” – einem flink fusseligen Finger Style-Stück a la Robbie Basho über die Zeit, die ihr Rad dreht – und einem krautig fusseligen Ausklang in Form eines Aufgriffs des ursprünglichen Titelthemas gibt es mit “A Long Goodbye” noch einmal ein lupenreines Trappiststück, bei dem Gott als Träumer in seinen Träumen die Wirklichkeit webt. Angelehnt an den Titel von Coles erstem Soloalbum kann man also feststellen, dass er seine zentralen Themen keinesfalls brach liegen lässt, da sie immer noch – ganz ähnlich der Zusammenarbeit mit Cornish – überaus fruchtbar sind. (U.S.)

Label: Reverb Worship / Future Grave