ORGANUM ELECTRONICS: Quietude

David Jackman sprach einmal bzgl. seiner sogenanten „Holy“-Trilogie davon, diese Arbeiten seien geprägt von „a lot of repetition; more accurately, near repetition. It is a quality which I find most elegant.“ Dieses Motiv der (Fast-)Wiederholung zeigte sich auch auf Alben wie dem 2018 erscheinenen Organum-Album „Raven“ oder auf den unter eigenem Namen erschienenen Alben „Herbstsonne“ und „Silence In That Time“. Die dort zu hörenden verhallenden Klavierakkorde, manchmal mit Glockenläuten, Orgeldrones oder dem Krähen von Vögeln, waren eine fast schon zirkuläre, vielleicht auch meditative Musik.

Dann erschien plötzlich mit Organum Electronics 2019 ein Album, das dieses Zurückhaltende, Meditative rabiat beendete. Über den Nachfolger „Stilness“ aus dem Jahr 2020 konnte man hier lesen: „Frühere Organumaufnahmen (z.B. die auf L.A.Y.L.A.H.) waren geprägt von einer Unruhe, die neuen Aufnahmen sind auf gewisse Weise etwas statischer, ganz so, als wolle Jackman seine eigene Interpretation von Wall Noise spielen. Auf 35 Minuten wird der Hörende von einem massiven Drone umgeben.“ Hier klang Jackman plötzlich wieder, wenn auch unter „elektronischer“ Fokussierung, so „noisy“, wie auf seinen frühe(re)n Aufnahmen.

Nach insgesamt fünf Alben unter diesem Projektnamen auf Siren Records kündigte Die Stadt aus Bremen vor einiger Zeit eine umfangreiche Reihe mit weiteren Veröffentlichungen an: Im Abstand von drei bis vier Monaten werden bis 2024/2025 insgesamt sieben Jackman/Organum-Alben (von denen zwei Doppel-CDs sind) veröffentlicht werden.

Gerade erschienen sind die ersten zwei Alben dieser Reihe: Die Tradition der (manchmal kurios geschriebenen) Einworttitel fortführend, sind „Quietude“ und „Darcknes“ – natürlich, möchte man sagen –  von Ästhetik wie auch vom Klang sehr eng miteinander verbunden: Auf „Quietude“ gibt es einen langen Track (hier 40 Minuten lang), der den Hörer unter sich zu begraben droht (ganz im Gegensatz zu der im Titel angesprochenen „Ruhe“). Es gibt immer wieder leichte (Ver-)Änderungen, kaum wahrnehmbare Verschiebungen in der Textur, so dass diese Lärmwand –
das Label spricht nicht unzutreffend von „buzzing washes of electronic sounds“ –  sich durchaus (ver-)ändert. Was im Gegensatz zu den fünf vorhergegangenen Alben auffällt, ist, dass tatsächliche neue (bzw. alte) Elemente hinzukommen. Plötzlich tauchen auf „Quietude“ nämlich inmitten des Surrens und Dröhnens Glocken auf, die auf früheren Aufnahmen zu finden waren.

Das gleichzeitig veröffentlichte Album „Darcknes“ besteht aus einem 48 Minuten langen Track, auf dem neben dem Läuten von Glocken auch noch das Krähen von Raben zu hören ist.

Es ist mit Hinblick auf David Jackmans Zurückhaltung hinsichtlich öffentlicher Äußerungen letztlich müßig, herauszulesen zu wollen, was seine Konzeption hinter diesen Aufnahmen ist, aber letztlich spielt das auch keine Rolle, schließlich sagte er selbst einmal vor vielen Jahren in einem Interview mit Paul Lemos: “Really, there’s no mystery to the music; I just make it because I want those sounds to exist. There’s no other reason.”  Ich habe in einer früheren Besprechung von Jackmans Arbeit einmal – in Anlehnung an eine Studie zum literarischen Expressionismus, in der u.a. die Prosa Benns dieses Attribut bekam – diese als “absolut” bezeichnet. Man kann gespannt sein, was die nächsten Veröffentlichungen bringen werden. (MG)

Label: Die Stadt