„Transverse“ ist die Aufnahme eines gemeinsamen Auftritts von Chris Carter, Cosey Fanni Tutti und Nik Void (Factory Floor) im Roundhouse in London anlässlich des Mute-Jubiläums im vergangenen Jahr und natürlich kann man den Auftritt durch den Altersunterschied der Beteiligten als ein Treffen der Generationen interpretieren und symbolisch hochstilisieren. Weiterlesen
Archiv des Autors: Michael
VCMG: Ssss
Dass in den Medien nach Bekanntwerden der Zusammenarbeit von Martin Gore und Vince Clarke schnell von einer „Sensation“ die Rede war, hatte (natürlich) erst einmal weniger mit der Musik als mit den Beteiligten, insbesondere ihrem Verhältnis zueinander zu tun und natürlich mit der enormen zeitlichen Distanz zwischen der (gemeinsamen) Arbeit am ersten Depeche Mode-Album und dem neuen Technoprojekt VCMG. In den dazwischen liegenden drei Dekaden haben Martin Gore und Vince Clarke mit durchaus unterschiedlichem Instrumentarium und einer fast gänzlich anderen Ästhetik elektronische Weiterlesen
PREMATURE EJACULATION: Part 3
In den vergangenen Rezensionen zu Rozz Williams’ „Lost Recordings“ habe ich wiederholt darauf hingewiesen, dass die frühen SPK insbesondere ästhetisch-thematisch eine wichtige Rolle für ihn gespielt haben und dass Premature Ejaculation sich (durch Artwork, Tracktitel und Samples) immer wieder mit den Versehrungen des menschlichen Körpers (und Geistes) beschäftigt haben: Diesmal erinnert das das Cover zierende Bild einer Trepanation natürlich an das erste unter dem Namen System Planning Korporation veröffentlichte Album „Information Overload Unit“. Weiterlesen
SKIN AREA: Rothko Field
Die Wiener Aktionisten und insbesondere Rudolf Schwarzkogler haben einen nicht unerheblichen Einfluss auf verschiedenste Industrialgenerationen gehabt. So (re)produzierte Steven Stapleton (ob intendiert oder nicht) den Mythos von Schwarzkoglers vermeintlicher Autokastration. Die Performances von COUM Transmissions wären ohne die Vorarbeit der Wiener Gruppe undenkbar gewesen. Dass oftmals der Bezug bei weniger inspirierten Künstlern ein nur oberflächlicher zu sein scheint, der eher schmückendes Beiwerk denn ernsthafte Auseinandersetzung ist, daran kranken weite Teile der Subkultur. Weiterlesen
ELECTRIC SEWER AGE: In Final Phase
In meiner Rezension zu „The Ape of Naples“, die gleichzeitig (auch) eine Art Nachruf auf Jhonn Balance war, schrieb ich, dass Trauer oftmals etwas Egoistisches ist, man darüber betrübt sei, nicht mehr in den Genuss weiterer künstlerischer Werke der Verstorbenen zu kommen. Dabei wurde das 2005 bekannt gegebene Ende Coils durch die postumen Veröffentlichungen verzögert. Nach Sleazys Ableben hat das alles nun eine endgültige, eine finale Note und man sucht verzweifelt nach noch ungehörten und unerhörten Stücken. Weiterlesen
DEMDIKE STARE: Elemental (Parts 1 & 2)
In den letzten Jahren ist vermehrt deutlich geworden, dass Hybride oftmals origeneller sind als die, die sich sklavisch an mosaische Reinheitsgebote innerhalb engster Gattungs- und Genregrenzen halten. Das nordenglische Duo Demdike Stare ist schon allein aufgrund der Herkunft der beiden Beteiligten ein Vertreter ersterer Gruppe: Miles Whittaker kommt vom Techno (er ist u.a. ein Teil von den ebenfalls auf Modern Love veröffentlichenden Pendle Coven), Sean Canty – der bei dem archivarischen Label Finders Keepers angestellt ist und einmal als einer der bekanntesten Plattensammler Manchesters apostrophiert wurde – vom Hip Hop. Weiterlesen
V.A.: John Barleycorn Reborn: Rebirth
Vor einigen Jahren veröffentlichten das Downloadportal Woven Wheat Whispers und das Label Cold Spring die Doppel-CD „John Barleycorn Reborn”. Unter dem Titel des vielfach interpretierten Traditionals „John Barleycorn” (ver)sammelten sich eine Vielzahl britischer Künstler, die alle ihr eigenes Folkidiom sprachen und die mit verschiedenen Ansätzen und unterschiedlichen Mitteln versuchten, Folk für das 21. Jahrhundert relevant zu machen. Dabei reichte die Bandbreite zwar von eher experimentelleren bis hin zu sehr der Tradition verpflichteten Tracks, wobei dennoch deutlich wurde, dass alle Beteiligten weitaus Weiterlesen
STONE BREATH: The Aetheric Lamp
Kurz nach der Split-LP mit Language of Light folgt das den gleichen Titel tragende Vollzeitalbum des neuen, „lokalen“ Lineups von Stone Breath. Schon die drei Stücke auf dem Splitalbum machten deutlich, dass der Klang dieser Band durch das Zusammenspiel von Banjo und Akustikgitarre dynamisch(er) wirkt. Thematisch präsentiert Renner hier erneut (s)eine theologische Vision, die durch Zeilen wie „O the thunder has a voice if we have ears to hear it/Although the sound will terrify if we have reason to fear it“ („The Voice of the Thunder“) oder „Rise upon the altars of living breath or upon the shrapest horns of death“ stellvertretend Weiterlesen
OTHON: Impermanence
Drei Jahre nachdem Othon Mataragas sein Debüt „Digital Angel“ auf David Tibets Label Durtro veröffentlichte, folgt mit „Impermanence“ der schon länger angekündigte Nachfolger. Zwei der Sänger, die das Debüt entscheidend (mit)prägten – Ernesto Tomasini und Marc Almond -, spielen auch auf dem neuen Album eine zentrale Rolle. Vor einigen Monaten kündige Othon an, dass seine künftigen Werke alle unter dem Motto „PAN muzik“ stünden, dabei äußerte er sich jüngst in einem Interview mit dem Magazin Exeunt zum gewählten Begriff: „Pan transcends all styles and limitations. Weiterlesen
Alle Stammbäume der Menschheit laufen, wenn man in der Zeit zurück geht, irgendwo zusammen: Interview mit Weyes Blood
Seit einiger Zeit hat dunkle Musik auch wieder in Medien jenseits subkultureller Engstirnigkeit Akzeptanz gefunden. Die Gründe dafür sind sicher unterschiedlicher Natur: Aber wahrscheinlich sollte man es nicht als Widerspiegelung der düsteren Zeiten, in denen wir leben, deuten, sondern viel eher damit erklären, dass inzwischen eine Reihe Künstler mit anderer musikalischer Sozialisation und aus den verschiedensten Genres einer angestaubten und mumifizierten Gattung eine Frischzellenkur verpasst haben. Weiterlesen
STONE BREATH/MIKE SEED WITH THE LANGUAGE OF LIGHT: The Aetheric Lamp
„Before the many, there were the few“ schreibt Jeanette Leech in Seasons They Change – ihrer Abhandlung über die Geschichte des Acid- und Psychedelicfolk – im Kapitel, das sich den drei Bands widmet, die lange bevor Free/Weird/Wyrdfolk ein Thema der Mainstreammedien werden sollte, Musik spielten, die von der Incredible String Band und Comus beeinflusst war, nämlich Stone Breath, In Gowan Ring und The Iditarod. B’ee hat sich nach vier Alben als In Gowan Ring mit Birch Book stärker am amerikanischen Folk orientiert und drei hervorragende Alben veröffentlicht, wird aber immer noch primär von denen rezipiert, Weiterlesen
DAVID LYNCH: Crazy Clown Time
Wenn es einem Künstler gelungen ist, dass sein Name adjektivisch gebraucht wird, so bedeutet das mindestens zweierlei: eine Kanonisierung einerseits und andererseits, dass sein Werk gewisse inhaltlich-ästhetisch-gestalterische Konstanten aufweist, wiederkehrende Motiv(komplex)e. Beispiele wären etwa Kafka (der Mensch ist nicht zu durchschauenden Mächten ausgesetzt), Lovecraft (der Mensch ist einem nicht zu beherrschenden kosmischen Grauen ausgesetzt), Cronenberg (der Mensch in seiner Fleischlichkeit), Thomas Bernhard (Invektive in rhythmisch-musikalischer Sprache). Auch Lynch hat schon lange seinen Platz Weiterlesen
MIGHTY SPHINCTER: Rare Unearthed Videos
Gothic hatte schon von Anbeginn immer etwas Theatralisches und auf die Vergangenheit Gerichtetes: Man denke etwa an die Auftritte von Bauhaus, die durch die Beleuchtung an expressionistisches Kino erinnerten – nicht zufällig war die erste Veröffentlichung der Band eine (augenzwinkernde) Hommage an Bela Lugosi. Nik Fiend wirkte dank Schminke ganz so, als habe George A. Romero Mephisto auf Leinwand bannen wollen, die Nebelexzesse der Sisters of Mercy sind legendär und die Virgin Prunes, die natürlich nie in das enge (Genre-)Korsett passten, waren vielleicht die theatralischste all der Bands der frühen 80er. Weiterlesen
PREMATURE EJACULATION: Dead Whorse Riddles
Die sechzehn auf zwei CDs verteilten Tracks von „Dead Whorse Riddles“ (das Schachtelwort aus „whore“ und „horse“ verwendete Williams später als Titeltrack („Whorse“) als auch als Albumnamen („The Whorse’s Mouth“)) knüpfen an die bisher veröffentlichten Alben der „Lost Recordings“-Serie an, transzendieren sie aber auch zugleich: „The Nature of Pain“ schafft es durch das Zusammenspiel von Loops eine intensive Klangfläche zu erzeugen, in der die einzelnen Elemente sich zu einem Gesamten verdichten, das wie so oft bei Williams eine Atmosphäre der latenten Bedrohung ausstrahlt. Weiterlesen
SIMON FINN – Through Stones
Es mag diejenigen, die etwas mit Simon Finns Werk und Werdegang vertraut sind, nicht überraschen, dass er den Titel des Abschlusstracks „A Bad Plan is Better Than None“ in den Linernotes als Motto seiner Lebensphilosophie bezeichnet, denn in den Jahrzehnten seit Finn sein Debüt „Pass the Distance“ veröffentlichte, schien er zumindest partiell vom Pech verfolgt zu sein: Wegen unklarer Rechtslage verschwand das Album kurz nach Erscheinen recht schnell wieder aus den Regalen, seiner Tätigkeit als Biobauer in Kanada, wo er seit Anfang der 70er lebte, kam er zu einem Zeitpunkt nach, als die Zeit noch nicht reif Weiterlesen
SAMARIS: Hljóma Þú
Der Name Island hat eine ungeheure Resonanzkraft, die der archaischen Landschaft – welch Paradox: Ist doch das geringe Alter der Insel der Grund für die unberechenbare(n) Natur(gewalten) – geschuldet ist und wie bei keinem anderen Land der Welt wird eben diese Landschaft evoziert, um die Musik isländischer Künstler zu erklären und beschreiben. Zwei Beispiele, die ohne langes Suchen exemplarisch für den Konnex Natur-Kultur (Musik) Weiterlesen
CONTROLLED BLEEDING: Odes to Bubbler
Inmitten der akzellerierenden und ins Absurde gesteigerten Genreneuschöpfungen sollte man sich der Einfachheit halber vielleicht darauf einigen, dass es auf der einen Seite die Bands gibt, denen man Konsequenz bescheinigen kann, deren Werk sich nur minimal(st) ändert und die die an sie gestellten Erwartungen niemals enttäuschen – die Kehrseite ist eine oftmals große Vorhersehbarkeit, die ermüdend sein kann, von vielen Hörern aber sehr geschätzt wird (der Hörer möchte „nicht in seiner Ruhe gestört sein […] sondern [ist] schon glücklich […], wenn er die alte, vertraute Landschaft wiedersieht“ (Bataille)). Weiterlesen
THE HAXAN CLOAK: s/t
Es ist erfreulich, wenn in einer Zeit der zunehmenden Irrelevanz von Musik noch Labels existieren, die eine konsequente Labelpolitik betreiben. Dabei haben es Aurora Borealis in den letzten Jahren geschafft, im Spannungsfeld zwischen Akustik und Elektronik, zwischen Song und Experiment Bands zu veröffentlichen, die alle eine eigene, oftmals sehr originelle Handschrift tragen. Ich habe schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass eine Reihe der Künstler dieses Labels versuchen, einen locus horribilis zu erschaffen, Musik machen, die den Hörer in Regionen versetzen soll, in denen nichts (mehr) sicher zu sein scheint, Weiterlesen
KINIT HER – Interview
KINIT HER, das aus Nathaniel Ritter und Troy Schafer bestehende Duo, hat innerhalb kurzer Zeit mit einer Reihe von Veröffentlichungen ein originelles Werk erschaffen, das sich aus einem reichhaltigen Fundus teils randständiger Musik speist und das im Spannungsfeld zwischen Song und Experiment, Folk und rituellen Klängen steht. Titel und Artwork verorten KINIT HER in Regionen jenseits der Ratio und Nüchternheit. Seit kurzen besteht neben KINIT HER das neue Projekt WREATHES, das stärker auf den Song fokussiert ist. Weiterlesen