THE GREAT PARK: Good And Gone

Stephen Burchs Veröffentlichungen waren immer wieder Thema auf dieser Seite, was sicher auch damit zu tun hat, dass er extrem produktiv ist, dabei stehen Künstler mit einem hohen Output häufig unter Verdacht, unter Legitimationszwang, ganz so als beeinträchtige Quantität zwangsläufig immer die Qualität. Natürlich arbeitet Burch als Singer/Songwriter mit einem festen Bestand an Mitteln und ein The Great Park-Song ist unter tausenden anderer Folkstücke sofort herauszuhören – so prägnant ist die meistens weit nach vorne gemischte Stimme, die die Texte gleichermaßen rezitiert als auch singt. Nichts davon allerdings spricht gegen „Good and Gone“, denn man sollte bedenken, wie lange es Usus war, dass Bands pro Jahr mehr als nur ein Album veröffentlichten. Und das neue Album macht deutlich, dass Burch noch lange nicht aus- und leer geschrieben ist.

Nach der Neuinterpretation alter Stücke im fast ausschließlich auf Gitarre und Gesang reduzierten Gewand auf „Winter“ folgte „Now Wash Your Hands“, auf dem diese Reduktion zurückgenommen wurde, Gastmusiker eigene Impulse gaben. Zwischendurch erschien die Doppel-CD „Stitch“, die eine Art Best-Of war, auf der sich Studio- und Liveaufnahmen befanden. Auch das im Juli in Berlin und Burchs neuem Wohnort Nürnberg aufgenommene „Good and Gone“ enthält Beiträge der schon am Vorgänger Beteiligten, nämlich Geige und Cello von Volker Hormann und Dea Szücs, die sonst bei dem Berliner Kammerorchester Kaleidoskop spielen.

Mit a capella vorgetragenen Zeilen beginnt „Bad Roads Ahead“, bevor eine E-Gitarre im Hintergrund einsetzt, dazu kommen dezenter Backgroundgesang, eine Snaredrum und später eine Geige. Das wüste, im Lied beschriebene Land ist eher geeignet für „Pferde“ und nicht für von Menschen gefahrene Wagen. Dabei gibt es auf dem Album aber auch immer das Eingestehen der eigenen Verantwortung: „It was me who chose to drive bad roads ahead“. Wie auch auf den vergangenen Alben sind Burchs Texte weit entfernt vom Betulichen, Beschaulichen oder Biederen, er versucht sich auch nicht an postmodernen Ironisierungen, wie es Menschen mit großen Brillen schätzen, stattdessen schwingt neben einer gewissen Melancholie immer eine gewisse Portion Sarkasmus mit: „Hold the Forts“ beginnnt mit zart gezupfter Akustikgitarre, die das Geständnis und die Einsicht „I am not what you came for / I’m only what’s left here/I’m not what you came for/I’m only what you find here“ untermalt. Die beschriebenen Häuser sind „verlassen“, man findet verstreute Reste der Vorbesitzer, aber: „every place needs a caretaker“ und dann fast schon verzweifelt beschwörend: „someone, anyone“. Auch hier setzt im Verlauf des Songs eine Snaredrum ein, die dezent Kontrapunkte setzt. „Stones“ wirkt etwas optimistischer. Hier wird die gezupfte Gitarre erneut von einer traurigen Geige begleitet, aber ganz ohne Hoffnung ist der zurückgenommene, fast schon kontemplative Gesang nicht: „I took the stones that you threw/And I planted them/And they grew“. Auch hier wieder die Emphase: „I said: stones will grow“. Dieses Stück bekommt durch den Einsatz einer E-Gitarre etwas Vehemenz. Gegen Ende findet sich mit „Leaving“ ein mimalistisches, wieder nur auf Gitarre und Gesang reduziertes Stück. Das lyrische Ich, das die Vorhänge zuzieht und die Tür beobachtet, ganz so als käme die angesprochene Person (doch noch) zurück, kommt aber zu der Erkenntnis: „They all come, they all stay, they all leave us with this“. Abgeschlossen wird das Album von dem Titelstück, wieder mit dem Einsatz von Cello und Geige: „We got lost/And we were never found“. Das lässt sich durchaus zweifach lesen.

„Good and Gone“ ist ein Album, das einen Künstler zeigt, der seine eigene Sprache gefunden hat und von Album zu Album seine Mittel verfeinert und leicht variiert. Ganz klar ist es die Stimme, die im Zentrum steht, aber die hier eingesetzten zusätzlichen Instrumente fügen der Musik von The Great Park eine weitere Facette hinzu. Auch wenn auf den ersten Blick ein Ohrwurm wie „Lover O Lover“ (zu finden auf „Now Wash Your Hands“) nicht vorhanden ist, so lohnt sich “Good and Gone” allein schon wegen des Openers. Um aber die Arbeit von Stephen Burch wirklich schätzen zu können, muss man einfach auf eines seiner zahlreiche Konzerte gehen – wie ein weitaus bekannterer und älterer Kollege scheint Burch auf einer „Never ending“-Tournee zu sein, bei der er auch wenn es einmal nur eine Handvoll Besucher sind, zwei Stunden eine Präsenz zeigt, die rar ist.

(M.G.)

Label: Woodland Recordings