TELEPLASMISTE: To Kiss Earth Goodbye

Bei weitgehend instrumentaler Musik kann durch Bandnamen, Titelgebung und Artwork Hörerlenkung erfolgen und das Werk klarer konzeptionell situiert werden. Das aus Mark O Pilkington, der Strange Attractor Press leitet, u.a. bei Urthona gepielt hat und sich in den letzten Jahren mit allerlei Themen im Bereich Grenzwissenschaft(en) beschäftigt hat und Michael J York, der schon mit Coil, Shirley Collins, Current 93 und Cyclobe aufgetreten ist und aufgenommen hat, bestehende Duo veröffentlicht mit “To Kiss Earth Goodbye”  den Nachfolger von “Frequency Is The New Ecstasy”.

Die beiden bauen ein reiches System aus Referenzen auf, die das Album, dessen synthbasierte, kosmische Musik, bei der späte Coil auf Tangerine Dream zu treffen scheinen, klar in einem okkult(urell)en, esoterischen Kosmos verorten. Der Projektname verweist auf die Substanz, die Medien angeblich während spiritistischer Sitzungen entsrömt, das Artwork stammt von Ethel Le Rossignol, die glaubte, sie würde Bilder aus der jenseitigen Welt „channeln“ (auch Spires That In The Sunset Rise verwendeten ein Bild von ihr für eine Veröffentlichung), der Titel verweist auf ein Buch von Ingo Swann, der sich an verschiedensten parapsychologsichen Experimenten versucht hat und auf „An Unexpected Visit“ lässt man Alex Sanders, den legendären „King of Witches“, zu Wort kommen.

Der Opener „Come! Vehicles Of Light“ beginnt mit an Glöckchen erinnernden Tönen, im Hintergrund hört man melodische Passagen, „A Goodly Companion“ (auch auf Ethel Le Rossignol anspielend) erzeugt mit seinen Synthpassagen eine durchgängig positive Grundstimmung. Auf „An Unexpected Visit“ blubbern die Synths, während Sanders mit dunkler Stimme erzählt. „A Boy Called Conjuror“ erinnert anfangs an Kirmesmusik, dann setzen plötzlich pastorale Flöten ein und man meint, Blakes „Songs Of Innocence“ würden vertont. Auf „Possessors Of The Orb“ verdichten sich die Klänge zu Drones, in die hamonische Passagen eingewoben sind. Der lange Titeltrack mit anschwellenden Drones, in denen sich immer wieder melodische Passagen und der Klang von Blasinstrumenten finden, klingt wie eine kosmische, weniger atonale Version von Coils „Constant Shallowness Leads To Evil“. Das hier entfaltete Drama lässt einen denken, hier kollidierten Sterne. „Crescent“ beendet das Album mit entrückten Klängen und Wasserrauschen.

In dem begleitenden, von Stephen Thrower verfassten Text ist die Rede von „Vibrating biosphere“, „oxygenic euphoria“ und „Lunar illuminations“ und diese willkürlich herausgegriffenen Begriffe geben eine gute Vorstellung von der Stimmung, die dieses Album durchzieht. Thrower beendet seinen Text mit der Aufforderung „Step though the mirror and see…“, etwas, dem man gerne nachkommt und auch wenn man nicht unbedingt “a deep awareness and respect for prior esoteric traditions ” hat, wie es das Label dem Duo attestiert, dann kann man dennoch mehr als beeindruckt von der musikalischen Umsetzung sein. (MG)

Label: House Of Mythology