LUSTMORD / KARIN PARK: Alter

Im Werk des gebürtigen Walisers Brian Williams spielte das All immer wieder eine zentrale Rolle, teils bloß metaphorisch und/oder im Artwork, dann aber auch konzeptionell oder als Klangmaterial (man denke an das Seitenprojekt Arecibo oder das auf Touch veröffentlichte Album „Dark Matter“). In den besten Momenten (und das waren viele) konnten Williams’ dunkel dröhnende außerweltlichen Klänge ein Schaudern erzeugen , ganz so, als blicke man beim Hören in die Schwärze eines kaum (be-)greifbaren Kosmos.

Über die Jahre arbeitete Williams immer wieder mit anderen zusammen, es gab Alben, bei denen konventionelle(re) Instrumente Eingang fanden, Stimmen fanden sich primär als Samples (z.B. auf „The Monstrous Soul“, zuletzt noch bei „Trinity“), 2013 integrierte Brian Williams erstmals auf dem Album „The Word As Power“ Gesang im eigentlichen Sinne in das Klangbild. Bezüglich des Albums hieß es hier: „[A]llerdings führt der Einsatz von Gesang  dazu, dass man zumindest in Passagen meint, konventionelle(re) Filmmusik zu hören […] Die entmenschlichten Wüsten und Abgründe, die die besten Arbeiten Williams’ heraufbeschworen, sind hier einem manchmal etwas zu (be)greifbaren Klang gewichen.“

Auf “The Word As Power” Bezug zu nehmen, ist deshalb sinnvoll, weil auf “Alter” Karin Parks Stimme eine zentrale Rolle zukommt. „Hiraeth“ beginnt mit dem so typischen Dröhnen, dann setzt Parks Stimme ein und dominiert das Klangbild. Wenn man sich solcher Typisierungen bedienen möchte, ließe sich sagen, dass dies dem Stück eine orientalische Note verleiht. Mit dem Titel wird auf Williams’ schon lange verlassene Heimat verwiesen: Dieser schwer übersetzbare Begriff aus dem Walisischen bezeichnet einen Zustand der Trauer über das Verlorene, ein Sich-Sehnen nach etwas (in der Vergangenheit), ein Zustand zwischen Heimweh und Nostalgie. Es mag wenig originell und etwas naheliegend sein, immer dann auf Dead Can Dance bzw. Lisa Gerrard zu verweisen, wann auch immer jemand wortlos oder in einer Kunstsprache singt, Karin Park, die in den letzten Jahren mit ihrer Band Årabrot recht erfolgreich war, erinnert aber tatsächlich hier an die Australierin. Auch wenn das Album sehr kohärent ist, so gibt es doch Unterschiede: Auf dem neunminütigen „The Void Between“ ist Parks Stimme weniger stark im Vordergrund , man hört Flüstern, bei „Perihelion“ (hier auch wieder ein Verweis auf das All) wird Kehlkopfgesang eingesetzt. „Twin Flames“ erinnert an einen sakralen Klagegesang. „Entwined“ ist dagegen mit dem wehenden Wind reduzierter, hier setzt der Gesang erst im letzten Teil ein. Auf „Kindred“ kommet Orgel hinzu und „Song Of Sol“ ist mit seinem warmen Melodieflächen verglichen zum Rest wesentlich harmonischer, vielleicht ein Moment des Trostes inmitten der Düsternis. (MG)

Label: Pelagic Records