DREW MCDOWALL: Agalma

Der seit Jahren in Brooklyn lebende gebürtige Schotte Drew McDowall hat auf seinem inzwischen vierten Soloalbum „Agalma“, das urspünglich “Ritual Music” heißen sollte, das Klangspektrum erweitert und hat in einem noch stärkeren Maße als auf dem Vorgänger akustische Instrumente in das Klangbild integriert. McDowall ist in den letzten Jahren mit einer Vielzahl von Künstlern aufgetreten, hat vor zwei Jahren zusammen mit Hiro Kone Georges Bataille gehuldigt und auf „Agalma“ wirken dann auch eine ganze Reihe von Gastmusikern mit.

„Agalma I (Folding)“ klingt, als würden Atemgeräusche von einem Xylophon begleitet. Das erinnert als seien Shackletons Aufnahmen mit Ernesto Tomasini von Martin Denny gemixt worden. Man muss auch an den Einsatz akustischer Instrumente bei Coil denken, nachdem sie sich als Liveband neu ge- und erfunden hatten. Auf dem zweiten Teil ist Caterina Barbieri zu hören: sphärische Ätherklänge, wortloses, fast sakrales Singen, Harfen, flächige Sounds. Das Stück ist geprägt von einer seltsamen Entrücktheit. An Teil 3 ist Robert Aiki Aubrey Lowe aka Lichens beteiligt und hier gehen Streicher mit flirrenden Klängen eine Synthese ein, hier trifft HÖH auf Mirror und Richard Skelton. Der vierte Teil, ebenfalls mit Lowe, knüpft mit seinen leicht atonale Streichermomenten, dem Knirschen, Knarzen und Pulsieren daran an. Lowe klingt, als sei er ein elisabethanischer Chorknabe, der John Dee rezitiert. Auch auf dem fünften Teil (mit Kali Malone) hört man entrückte Stimmen und getragene Orgelpassagen. Die langsamen Drones auf “Agalma VI”  erinnern an Black Light Districts „Refusal of Leave to Land“. Es ist beeindruckend, wie das Stück im Verlauf immer dichter wird und kaum greifbare Stimmen integriert werden. Auf dem siebten Teil, an dem u.a. der saudische Produzent MSLYMA beteiligt ist, hört man orientalische Flöten und bearbeitete Stimmen, die denken lassen, Peter Christopherson, habe für seinen The Threshold HouseBoys Choir Sänger aus dem Nahen Osten verpflichtet. Gegen Ende des Albums wird “Agalma I” erneut aufgegriffen, diesmal dominiert von Maralie Armstrong-Rials opernhaftem Gesang. Das Schlussstück  „Abandoned Object“ erinnert vielleicht noch am ehesten an die eher industriell klingenden früheren Aufnahmen.

Das ist Geräuschmusik jenseits aller Genregrenzen – und Begrenzungen und ein Album, das man im Regal sicher neben Werke von Cyclobe stellen könnte. Sicher ein Höhepunkt des doch so seltsamen Jahres 2020. (MG)

Label: Dais Records