KUUNATIC: Gates of Klüna

Kuurandia, so will es die Saga, ist ein Planet irgendwo in einer versteckten Ecke des Universums, und er hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Die Band Kuunatic (von der böse Zungen immer wieder behaupten, sie seien ein Trio aus Tokio bestehend aus Fumie C. Kikuchi, Shoko Yoshida und Yuko Araki) schickten sich vor einigen Jahren an, uns den epischen Stoff des von kargen Landschaften geprägten Ortes und seiner Bewohner zu übermitteln – nicht zwischen schweren Buchdeckeln und auch nicht im Breitwandformat auf Zelluloid, gleichwohl beides angemessene Medien wären. Kuunatic entschieden sich für das Medium Musik, und das klingt auf Kuurandia wie eine energiegeladene Mixtur aus Progrock-Hymnen, mitreißender Filmmusik aus den hallenden Räumen des Dub und einer unerhörten, keiner bestehenden Kultur zuzuordnenden Folklore.

Auf ihrer EP “Kuurandia” (Eigenvertrieb 2017, Extra Noir 2019) präsentierten sie den Sound und die Stimmung ihres Planeten in einer Momentaufnahme, “Gates of Klüna” dagegen erzählt die Geschichte der jüngsten, von Kaiserinnen beherrschten Ära der kurandischen Geschichte. Das bereits vor zwei Jahren auf der Compilation “Seitō” vertretene “Dewbow”, so heißt es im Booklet, läutet den Morgen einer neuen Ära ein – mit gezupften Seiten, entrückt und kämpferisch zugleich, mit donnernden Drums und Kriegsgesängen. Ob es das “asiatisch” anmutende Seitenspiel ist, die fast anheimelnden Flötenparts oder die immer wieder wechselnden Rhythmen, Kuunatic spielen auch hier wieder gekonnt mit Klischees und verbinden alle Zutaten zum Score eines reißerischen Computerspiels.

Eine neue Kaiserin, die mit magischen Kräften ausgestattete Desert Empress, tritt in den beiden nach ihr benannten Stücken ihre Herrschaft an, begleitet von sirenenhaften Bagpipes. Zischelnde Becken, hämmernde Pauken, aggressive Shouts verdeutlichen, dass es keine faule Zeit ist, kakophonisches Feedback sorgt für Grimm in den “castles in the sun”. Trotzdem herrscht eine Zeit des Friedens und der Ausgelassenheit, die sich in den Tracks “Titián” und “Full Moon Spree” niederschlägt, dessen hexige mittelalterliche Kehrreime an die österreichischen Waver Astaron erinnern. Und immer vermutet man Humor, Schalk und augenzwinkernde übertreibungskunst. Ein Vulkanausbruch bringt Chaos in die Welt von Kuurandia, dem die drei mit heroischen Mantragesängen begegnen, doch finstere Eroberer nutzen die Gunst der Stunde und bringen neue Herausforderungen. Nie ist die Musik so spannungsgeladen wie im zwischen entspannten Gesängen, bedrohlichem Bassgewummer und plötzlichen Freakouts wechselnden “Raven’s War”, doch wie es sich für ein Epos mit drei Superheldinnen gehört, gibt es ein gutes, wenn auch kein kitischiges Ende im heiteren Finale von “Para Bennyá”.

“Gates of Klüna” ist so eingängig und kurzweilig, dass man beim Abtauchen in die fantastische Parallelwelt glatt überhören könnte, wie gehaltvoll es ist, und damit ist sowohl die Musik als auch die Art des Geschichtenerzählens gemeint. Kuunatic verknüpfen die unterschiedlichsten Stilelemente populärer und “folkloristischer” Musik, dass man denken könnte, die in vielen Überblendungen und nach episodischen Brüchen kombinierten Details hätten nie ohne einander existiert. Das darin aufblitzende Sci Fi- und Fantasy-Epos, bei dem die drei Überbringerinnen irgendwie auch Teil der (ebenfalls von Frauen regierten) Kultur sind, präsentiert eine Art “female pressure”, die sich nicht um den launischen Spaß eines Mario Bava-Streifens wie Diabolik bringen lässt. Das alles funktioniert deshalb so gut, weil die drei mit einer liebevollen Respektlosigkeit zu Werke gehen. Jetzt fehlt nur noch die Verfilmung. (U.S.)

Label: Glitterbeat