ELECTRIC SEWER AGE: Contemplating Nothingness

In den letzten Jahren hat Danny Hyde durch seinen – und hier setze jeder das ihm passende Adjektiv ein – Umgang mit Coil-Material für Kontroversen gesorgt. Ich habe schon an anderer Stelle geschrieben, dass die gegenwärtige Situation des Coil-Nachlasses zu den traurigsten Kapiteln der Industrial Culture gehört. Vor etlichen Jahren debütierte Hyde nach langen Jahren als Studiomann als Solokünstler unter dem Projektnamen Aural Rage mit rhythmischen Tracks und auf dem bislang einzigen Album überarbeitete er auch Stücke, die er mit/für Coil geschrieben hatte. Mit „FJ Nettlefold“ konnte man dort das letzte von Balance eingesungene Stück hören.

Das Projekt Electric Sewer Age hat eine schwierige Genese, Hyde hat das hier dargelegt. Die erste Veröffentlichung “In Final Phase” knüpfte an Coils „Equinoxe/Solstice“-Singles an. “Contemplating Nothingness”, ursprünglich 2019 auf Old Europa Café als CD und nun von Hallow Ground auf LP veröffentlicht, erinntert durchaus etwas an den Vorgänger “Bad White Corpuscle”. Von Labelseite wird das neue Album beschrieben als “a lysergic tapestry culled from the deep end of the collective pop cultural unconscious”.

Der Einfluss Coils wird thematisch und musikalisch mehr als virulent. “Still Too Far To Go” ist ein atmosphärischer Beginn: Orgelartige Drones, Beats, die wie Überbleibsel aus den “Backwards”-Sessions klingen, dunkle Streicher und pastorale Flöten untermalen, wie jemand von seinem ersten Pilztrip berichtet („My first mushroom trip. It was so profound”). Das Cover des Gnarls Barkley-Stücks “Who’se Gonna Save My Soul” (hier leider ziemlich sicher unbeabsichtigt als “Whose Gonna Save My Soul” tituliert), kombiniert orientalische Flöten, Akustikgitarre und choralartige Passagen, wobei die leicht mit Effekten unterlegten spoken words nicht ganz überzeugen. Auf „Chebo” wird der gesamplete Gesang auf eine Weise bearbeitet, die an das erinnert, was Peter Christopherson mit seinem Threshold Houseboys Choir gemacht hat. „Surrender To The Crags“ besteht aus Sprachsamples (zum Thema Alkoholismus), orientalischen Flöten und Perkussion, die an Muslimgauze denken lässt. Eine Assoziation, die nicht nur ich hatte. „Self Doubting Trip”und „Dekotur“ mit ihren sphärischen, flächigen Passagen haben eine dezent melancholische Atmosphäre und schließen das durchaus stimmige und stimmungsvolle “Contempating Nothingsness” angemessen ab. (MG)

Label: Hallow Ground