Wie wohl kaum ein anderes Genre ist Black Metal in den vergangenen Jahren Gegenstand zahlreicher akademischer Publikationen geworden und hat sich zu etwas entwickelt, das mit dem Präfix „Post“ versehen, seltsame Hybride hervorgebracht hat, die teils naheligende (Noise, etwa Sutekh Hexen oder Gnaw Their Tongues), teils (wenn auch nur auf den ersten Blick) weniger passende Genres (Bluegrass, siehe Panopticon) miteinander verknüpft haben. Satan und Corpsepaint sind schon lange keine unverzichtbaren Elemente mehr, aber inzwischen ist es noch nicht einmal mehr nötig, eine Gitarre einzusetzen (The Botanist). Weiterlesen
Archiv des Autors: Michael
CONSUMER ELECTRONICS: Estuary English
Während der selbst so apostrophierte „animal response technician“ William Bennett es inzwischen bis in die Tate Modern geschafft hat, mit Cut Hands gern gesehener Gast auf genreübergreifenden Festivals ist und inzwischen auf hippen Labeln wie Blackest Ever Black veröffentlicht, ist der mit einer Arbeit über Burroughs, Ballard und Pynchon promovierte „dirty word specialist“ Best einen etwas anderen Weg gegangen: Seine Auftritte mit Kassengestell, Schmerbauch und inklusive Nippelreiben sind auf eine Art konfrontativ, die ihresgleichen sucht, denn obwohl es natürlich eine Inszenierung ist, ist Bests Bühnenpersona so irritierend und oft abstoßend, dass suspension of disbelief jederzeit möglich ist. Weiterlesen
IRM: Closure
Im Vorfeld der Veröffentlichung des Albums wurde von Bandseite darauf hingewiesen, dass die 2008 erschienene Maxi „Indications Of Nigredo “ und das Album „Order⁴“ als Teile einer Trilogie begriffen werden, die nun mit „Closure“ ihren Abschluss findet - was sicher auch damit zu tun hat, dass seit erstgenannter 12′ der Bassist Mikael Oretoft das Klangspektrum erweitert und Erik Jarl und Martin Bladh musikalisch unterstützt. Weiterlesen
KRANK / THE GRIMSEL PATH: Verdant Hum
Betrachtet man den Werdegang des gebürtigen Australiers John Murphy, so hat man den Eindruck, dass alle Bands/Projekte, bei denen er musikalisch/konzeptionell federführend ist/war und nicht nur eine helfende Hand, einen gewissen rituellen Charakter besitzen, sei es das nun wieder aktivierte Projekt Krank, die leider nicht mehr aktiven Knifeladder, Last Dominion Lost, deren jüngst veröffentlichtes Album “Towers of Silence” sicher zu den Höhepunkten postindustrieller Musik des Jahres 2014 gehört oder aber The Grimsel Path. Rituell sollte aber natürlich bezogen auf das auf 100 Exemplare limitierte „Verdant Hum“-Tape nicht allzu eng gefasst werden. Weiterlesen
ZEITKRATZER: Lou Reed Metal Machine Music
Es gibt Alben, die solch einen Aura umgibt, dass der eigentliche Gehalt nur noch eine untergeordnete Rolle spielt und Lou Reeds Protoindustrialalbum „Metal Machine Music“ ist da sicher ein gutes Beispiel für. Dabei gehen die (Be-)Wertungen weit auseinander. Auf der Lou Reed-Gedächtnisseite schreibt John Zorn: „Let’s not forget that Lou Reed was the man who made Metal Machine Music.“ Coil nannten damals, als sie ihr vielleicht krachigstes Album „Constant Shallowness Leads to Evil“ veröffentlichten, „Metal Machine Music“ als Referenzpunkt. Weiterlesen
V.A.: Epicurean Escapism 1
Anlässlich des kürzlich in Berlin stattgefundenen dritten „Epicurean Escapism“-Festivals folgt eine Zusammenstellung, die sich als Ergänzung/Überarbeitung der ursprünglichen Tape/DVD-Veröffentlichung, die vor zwei Jahren während des Vorläuferfestivals erstmalig verkauft wurde, versteht.
John Murphy steuert einen Track unter dem Namen seines in den letzten Jahrzehnten nur sehr sporadisch aktiven Projekts Krank bei: Weiterlesen
LAST DOMINION LOST: Towers of Silence
Als das Album „The Tyranny of Distance“, das ursprünglich 1992 entstandenes Material enthielt, 2004 auf Tesco veröffentlicht wurde, war das für diejenigen, die sich für (Post-)Industrial interessierten, schon gewisser Beachtung wert, schließlich waren neben Jon Evans noch zwei Musiker beteiligt, die ein wenig (John Murphy) und sehr stark (Dominic Guerin unter dem Pseudonym Tone Generator) bei SPK mitgewirkt hatten. Das Material hatte dann auch durchaus einen rumpeligen Old School-Charme; dabei muss man ehrlicherweise sagen, dass es sich nicht um eine Band im eigentlichen Sinne handelte, denn es gab keine Pläne das Projekt weiter zu verfolgen und auch der Name wurde erst nachträglich gewählt. Weiterlesen
ASMUS TIETCHENS: Humoresken und Vektoren
Humor fand sich schon immer im Werk des Hamburgers, Titelgebung auf den frühesten Platten (etwa hier) zeugten von einer Haltung, der das Karnevaleske abging, die aber (vielleicht gerade deswegen) in besonderem Maße noch immer funktioniert und auch seine (hier gesammelten) Paralipomena mit Titeln wie „Das Scheitern als eine der schönen Künste betrachtet“ sollten in diesem Kontext nicht unerwähnt bleiben. Weiterlesen
PJUSK: Solstøv
Instrumentale Musik kann (oftmals lediglich) durch Titelgebung und Artwork die Rezeption in eine gewisse Richtung lenken, dabei sind im Bereich des (Dark) Ambients auch immer wieder die Regionen des ewigen Eises ein beliebter Topos gewesen, man denke etwa an Thomas Köners Frühwerk oder daran, dass es inzwischen sogar ein Label namens Glacial Movement Records gibt, auf dem passenderweise das norwegische Duo Pjusk ein Album veröffentlicht hat. Weiterlesen
STONE BREATH: Children of Hum
Nach Stone Breaths 2009 mit dem Album „The Shepherdess And The Bone-White Bird“ – das in der Kernbesetzung Timothy Renner, Prydwyn und Sarada eingespielt worden war – eingeläuteter Rückkehr, entstanden in den darauffolgenden Jahren eine Reihe von Alben (u.a. “The Aetheric Lamp”), die Timothy mit einem neuen, selbst so bezeichneten „lokalen“ Lineup (Don Belch, Brooke Elizabeth) einspielte. Die EP „Children of Hum“ wurde dagegen lediglich von Renner und Prydwyn aufgenommen, der Besetzung also, die auf dem zweiten Album „A Silver Thread To Weave The Seasons“ zu hören war. Weiterlesen
R.B. Russell: The Dark Return of Time
OTHON: Pineal
Dass das dritte Album des Pianisten Othon Matagaras nach dem kleinen Organ im Gehirn benannt wurde, das durch die Melatoninproduktion den Tag-Nacht-Rhtyhmus steuert, überrascht nicht, denn – und das dürfte bei der Titelwahl entscheidender gewesen sein – in esoterischen Kreisen wurde die Zirbeldrüse über die Jahrhunderte als Sitz der Seele, als drittes Auge gesehen und schon auf seinem ersten Album „Digital Angel“ wurde deutlich, dass Othon Konzepte schätzt und dass es nicht selten in seinem Schaffen um Transformation(en) geht. Weiterlesen
PETER CHRISTOPHERSON: Time Machines II
Auch wenn es profan sein mag, aber vor der Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Werk ein paar Worte über die Art und Weise, wie mit dem Nachlass von Coil umgegangen wird: Dass man sich (noch immer) nicht auf einen Modus zur Wiederveröffentlichung der regulären Alben hat einigen können, ist mehr als bedauerlich und nutzt letztlich auch nur einer Partei: nämlich den Bootleggern. Wer in den letzten Monaten Plattenläden in London durchstöberte (oder aber schlicht das Internet bemühte), der fand eine Reihe sich den Nimbus des Offiziellen gebenden Veröffentlichungen. Weiterlesen
IN GOWAN RING: Full Flower Moon
Eine lineare Lesart der Entwicklung des Werks des von Stadt zu Stadt, von Land zu Land ziehenden B’ee klänge in etwa so: Nach dem stark an britischem Folk orientierten Projekt In Gowan Ring, das sich nach und nach der psychedelischen Droneelemente, die die ersten drei Alben prägten, entledigte, um das melancholisch-zerbrechliche vierte Album „Hazel Steps Through a Weathered Home“ einzuspielen, wurde mit dem neuen Projekt Birch Book eine erdigere, stärker an amerikanischer akustischer Musik orientierte Richtung eingeschlagen. Weiterlesen
There’s always an underlying account of day-to-day life: Interview mit Sleaford Mods
Zwei Männer, ein Laptop, Flüche, Wut; die von Andrew Fewarn komponierte Musik runtergebrochen auf das Allernötigste: ein paar Beats, Bass, ab und an ein Sample. Das genügt um die wortgewaltigen Schimpfkanonaden von Jason Williamson zu untermalen, der den East Midlands einen Platz im aktuellen Popgeschehen zukommnen lässt. Der Zorn, der hier kanalisiert wird, lässt manche an eine 2014-Version von Punk denken und neben den schon häufiger gezogenen Vergleichen zu Mark E. Smith kommen einem auch Steve Ignorant oder Philip Best in den Sinn. Weiterlesen
SWANS: To Be Kind
Die Musik, die die Swans seit ihrer von Gira so betitelten „reconstitution“ spielen, kann man partiell zwar als aggressiv charakterisieren, viel angemessener lässt sie sich – und zwar gilt das für die Ohren zerstörenden Auftritte ebenso wie die Alben – als enorm physische, fast schon körperlich vielleicht nicht anstrengende, aber herausfordernde Musik beschreiben und zwar für Band wie für Hörer gleichermaßen – und das sollte man rein deskriptiv, nicht als Kritik verstehen. Allein die schiere Menge an Material kann einschüchternd wirken: Nach dem etwa zweistündigen „The Seer“ folgen wieder etwa 120 Minuten, diesmal auf 10 Songs, Tracks (auf dem die Aufnahmen für das Album finanzierenden Live-Album „Not Here / Not Now“ schrieb Gira dann auch: „it’s admittedly a stretch to call some of them ‘songs’“ ) verteilt. Weiterlesen
HOLLYWOOD DREAM TRIP: Would You Like To Know More?
Hollywood Dream Trip ist ein relativ neues Projekt von Christoph Heemann und Will Long – über ersteren wurde kürzlich im Rahmen der Veröffentlichung von „Maccia Forest“ berichtet, letzterer erzeugt mit Celer wunderschöne melodische Drones und ist Betreiber des kleinen Labels/Verlags Two Acorns. Die Genese des Albums hat durchaus etwas von einem Film, von Hollywood und wenn auf der Labelseite die Geschichte mit „It was a dark and starry night.“ beginnt, so wird man ebenfalls an ein Märchen erinnert: Weiterlesen
LIMPE FUCHS / CHRISTOPH HEEMANN / TIMO VAN LUIJK: Maccia Forest
Christoph Heemann ist seit Jahrzehnten aus der Geräuschmusik nicht wegzudenken. Man denke an seine Anfänge mit dem von skurrilem Humor (der von Asmus Tietchens mal als „rheinländisch“ charakterisiert wurde) geprägten Projekt Hirsche Nicht Aufs Sofa, dessen Album „Melchior“ ganz passenderweise auf Steven Stapletons Label United Dairies erschien, an die oft wunderschönen Gitarrendrones, die er mit Mirror veröffentlichte oder an die dichte Elektroakustik von In Camera. Weiterlesen
NOVÝ SVĚT / SPETTRO FAMILY: Split (7′)
Es ist vielleicht ganz passend, dass Nový Svět sich eine 7′ mit Spettro Family teilen – erst einmal ganz unabhängig von eventuellen musikalischen Querbezügen. Denn in den Jahren nach der Auflösung des österreichischen Duos gab es immer wieder bislang unveröffentlichte Aufnahmen, mal waren es die kurzen, auf englisch gesungenen minimalistischen Folksongs auf „Into Your Skies“, mal die auf drei limitierten Tapes versammelten verrauschten Ambientminuaturen der „Selected Ambient Works“ oder aber die unveröffentlichte, überraschenderweise aus den Sessions zum unveröffentlichten Album „Desde Infiernos De Flores“ stammende Dubstepnummer „Yo No“ auf der kürzlich erschienenen Weiterlesen