Seit den frühen 80ern ist Detlef Funder unter verschiedenen (Projekt-)Namen wie eben Konrad Kraft aktiv. Zuletzt veröffentlichte er auf dem Kölner Label Auf Abwegen zwei Alben („Temporary Audiosculptures And Artefacts“ und „Quadrat“). „Oval“ will verstanden werden als Fortsetzung der mit „Quadrat“ begonnenen Reihe. Die Basis waren bearbeitete „mangled and destroyed“ Feldaufnahmen, wie es von Labelseite heißt, und Kraft arbeitete mit einem modularen Synthesizer und mit zwei digitalen. Weiterlesen
MOONCHY / TOBIAS: Atmosfere
Wer “Atmosfere” auflegt und zumindest partiell mit dem bisherigen Werk von Pat Moonchy und Todd Tobias vertraut ist, könnte sich eine ganze Weile irritiert fühlen und fragen, ob er oder sie sich vielleicht im Plattenschrank vergriffen hat. Was einem da entgegenschallt, ist weit entfernt von schrillen Stimmexperimenten in kunstvollen Fantasiesprachen und von rauer, nach originellen Kontrasten kollagierter Psychedelik. Weiterlesen
INSTANT VOODOO: Extra Dust and Magic
Mit Instant Voodoo haben die beiden Macher von Kitchen Leg Records ein neues Projekt ins Leben gerufen, und auf ihrem Tape-Debüt “Extra Dust and Magic” scheint es fast, als wollten sie die besten Möglichkeiten analoger Musikproduktion – Tapeloops, improvisierte Elektronik, Sampling und verfremdeter Gesang – auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Ein Nenner, der hintersinnig, kraftvoll, magisch, extra staubig und pulsierend sein soll. Weiterlesen
OISEAUX-TEMPÊTE: From Somewhere Invisible
Wahrscheinlich können die französischen Sturmvögel, die zugleich passionierte Zugvögel sind, gar nicht anders als episch sein, doch im Vergleich zu den Vorgängeralben, die als großangelegte Konzeptwerke jeweils eine Reise ins östliche Mittelmeergebiet in Poesie und doomig angefolkten Postrock gossen, ist das in einem vagen, unsichtbaren Setting angesiedelte “From Somewhere Invisible”, das erneut mit einer Reihe an prominenten Gästen eingespielt wurde, doch um ein paar Stufen Weiterlesen
TRANSTILLA: II
Ein schwebendes Dröhnen im molligen Sound eines strömenden Harmoniums, viel farbiger als der Titel “Achrome” vermuten lässt – nie geradlinig in seiner Stoßrichtung, eher changierend mit kleinen unregelmäßigen Brüchen im Stil der Akkordeondrones auf DuChamps gefeiertem Album “Nar”. Ein Sound, der im Laufe der vierzehn Minuten heller, drängender wird und Raum für kratzige Störungen bildet, in denen sich dem feinsinnigen Ohr verwinkelte Gänge eröffnen. Soweit die Exposition Weiterlesen
V.A.: These Are Our Friends Too
Weibliche Genitalverstümmelung hat in einigen Ländern z.B. Ostafrikas, aber auch des Mittleren Ostens und Südostasiens eine lange Tradition, die historisch weit hinter den Siegeszug monotheistischer Religionen zurückreicht und trotzdem vielerorts noch heute praktiziert wird. Seit langem taucht das Thema immer wieder auch in westlichen Medien auf, läuft dabei aber stets Gefahr, zwischen ideologische Fronten zu geraten. Während manche das Thema für einen Kulturkampf mit nur notdürftig kaschierten xenophoben Untertönen zu instrumentalisieren suchen, schrecken andere aus vermeintlichem Weiterlesen
FOVEA HEX: The Salt Garden III
2019 findet die “The Salt Garden”-Trilogie mehr als zwei Jahre nach Veröffentlichung des zweiten Teils ihren Abschluss. Das Projekt von Clodagh Simonds – die (u.a. mit Mellow Candle) schon in den 60er Jahren Musik machte – kehrt mit „The Salt Garden“ wieder zur kleine(re)n Form der EPs zurück, mit der Fovea Hex in der zweiten Hälfte der 00er Jahre debütierte. Erneut beeindruckend ist die Konsistenz und Kohärenz dieser drei EPs. Weiterlesen
MIGUEL FLORES: Lorca – Lost Tapes (1989-1991)
Taucht man etwas tiefer ein in die Geschichte der experimentellen Musik Perus, dann taucht neben Arturo Ruiz del Pozo, Manongo Mujica und Luis David Aguilar auch immer wieder der Name Miguel Flores auf. Ursprünglich vom Rock herkommend und Mitglied mehrerer Bands aus dem Großraum Lima wandte Flores sich Ende der 70er abstrakteren Soundscapes zu, von denen er ein riesiges Archiv anlegte, aus dem sich einige Konzertauftritte speisten. Weiterlesen
MATTEO UGGERI: The Next Wait
Zu den vielen Impulsen, eine künstlerische oder musikalische Arbeit zu erschaffen gehören – natürlich – auch persönliche Erfahrungen und intensiv erlebte Abschnitte der Biografie, auch wenn dies nicht immer bewusst vonstatten geht und zur Programmatik erhoben wird wie im Fall von Matteo Uggeri. Der Musiker, den viele unserer Leser von seiner Band Sparkle in Grey und deren Kollaboration mit Controlled Bleeding kennen, verarbeitet auf “The Next Wait” die Zeit unmittelbar vor Weiterlesen
RUFUS WAINWRIGHT: Come A Little Bit Closer 7″
Viele lernten den aus einer kanadischen Musikerfamilie stammenden und doch wie wenige andere Songwriter der heutigen Zeit das liberale New York verkörpernden Rufus Wainwright über seine beiden “Want”-Alben kennen und haben ihn daher als Mann der üppigen und zum Teil orchestralen Arrangements auf dem Schirm. Mit dem Album “Songs for Lulu”, bei dem er sich wie in einigen Konzerten ohne weitere Instrumentierung nur an Klavier und Gitarre begleitete, zeigte er ebenso ein Geschick für auf’s Wesentlichste reduzierte Settings. Weiterlesen
Stimmen aus Heterotopia. Interview mit Anna Linardou
Anna Linardou veröffentlichte vor einigen Monaten ihr erstes Soloalbum, das ganz im Zeichen der Heterotopie, des “anderen Ortes” steht – eines weiträumigen Bereichs alternativer Möglichkeiten, der oft im Rahmen kindlicher Fantasien erkundet wird und der doch weit mehr ist als ein irrationales Refugium. Das recht umfangreiche Repertoire der Sängerin und Stimm-Performerin reicht von kreativen Vokalexperimenten bis zu populären griechischen Kunstliedern, vielen Weiterlesen
SHALLOW WATERS: The Sleepwalkers
Inmitten der Transgression über alles liebenden Power Electronics-Szene situierte sich das aus der Lovecraft-Heimatstadt Providence kommende Duo Shallow Waters eindeutig in einem linken, anarchistischen Kontext. Ihr 2008 auf Hospital Productions erschienenes Langzeitdebüt „Equal Eyes“ präsentierte in Artwork und Texten die USA als Land, das noch immer von Jim Crow und dem Vietnamkrieg, dem vielleicht zusammen mit 9/11 noch immer größten Trauma der USA, geprägt war. Weiterlesen
DIE GEHIRNE: Ihre Großen Erfolge 1983-85
1986 veröffentlichten die Karl-Marx-Städter Claus Löser und Florian Merkel alias Die Gehirne ihre MC “Ihre Großen Erfolge 1983-85″ mit insgesamt 34 oft sehr kurzen, kratzig-rumpelnden, wütenden, morbiden, schalkhaft-skurrilen Art Punk-Hits aus den zurückliegenden Jahren, aufgenommen im Kinderzimmer und herausgebracht in 35er Auflage. Dies diente damals mehr dem Austausch mit anderen Musikern, doch unbedeutend waren die beiden, an deren Weiterlesen
CLAUDIO ROCCHETTI: Thy Eyes, The Betrayal 7″
Geräusche einer dichtbefahrenen Straße bilden den Auftakt einer mysteriösen Szenenfolge, deren Richtung merkwürdig unklar bleibt. Auf Claudio Rocchettis Single “Thy Eyes, The Betrayal” entstehen bewegte Bilder in verschwommenem Halbdunkel, in der hier und da ein Sprachfetzen, eine Hupe und das Bellen eines Hundes dringt. Doch die Stimme einer Erzählerin lässt in klarem, fast heiterem Französisch aus dem Off anklingen, dass der Hörer sich auf einem Gang durch das Weiterlesen
LEONARD COHEN: Thanks For the Dance
Oftmals wird mit dem Nachlass von Künstlern bestenfalls nachlässig, häufig aber fahrlässig umgegangen: Es wird sich noch zeigen, wie nach den ersten Veröffentlichungen weiter mit Prince’ gigantischem Archiv verfahren wird, über eine ganze Reihe von Coil-Tonträgern der letzten Zeit bette man besser den Mantel des (Ver-)Schweigens. Weiterlesen
SKY BURIAL: The Forcing Season
Als Sky Burial vor gut einem Jahrzehnt auf der Bildfläche erschien, wurde das Projekt von vielen als Ableger von Fire in the Head angesehen, mit dem der rastlose Michael Page seine Power Noise-Routine eine ambientere, spirituellere und experimentierfreudigere Seite anbeizustellen gedachte. Sechzehn Releases und einige Kollaborationen später ist das nach einer in vielen asiatischen Kulturen gängigen Bestattungsart benannte Projekt aus dem Weiterlesen
MALEEM MAHMOUD GHANIA WITH PHAROAH SANDERS: The Trance of Seven Colors
Im Frühjahr 1994 reisten Bill Laswell und der Saxophonist Pharoah Sanders ins marokkanische Essaouira, um einen der berühmtesten Musiker des Landes bei einer rituellen Performance aufzunehmen. Es handelte sich um Maleem Mahmoud Ghania, ein Virtuose an der Guimbri, einer dreisaitigen Kastenhalslaute, und Meister der Gnawa-Musik. Diese wurde in der Neuzeit von Sklaven aus Westafrika in den Maghreb gebracht und wird bis heute von deren Nachfahren, die meist Weiterlesen
BLACK LESBIAN FISHERMEN: The Metaphysics of Natron
Es gibt Musik, deren geheimnisvolles, mitunter okkultes Charisma daher rührt, dass sie wenig von sich preisgibt und sich ausgesprochen kryptisch und reduziert zeigt. Ohne den vielen gelungenen Beispielen dafür unrecht tun zu wollen, muss man sagen, dass diese Masche mittlerweile schon etwas zu gängig ist und außerdem leicht umzusetzen, wenn die Ansprüche dabei nicht allzu hoch sind. Die in Athen und auf der benachtbarten Insel Euböa ansässigen Black Lesbian Fishermen, trotz des Ortes im Namen eine Weiterlesen
COLIN SELF: Orphans
Seit den 90ern, erstrecht aber im neuen Jahrtausend gehört Musik, die sich retro- (oder wie man heute lieber sagt: vintage-)artig auf eine frühere Popära bezieht, zum musikgeschichtlichen Alltag. Hier und da kommt es durchaus vor, dass eine Platte dabei alles offenkundig Projektive abstreift, und wenn man sie nicht gleich für ein betagtes Original hält, könnte man sie sich zumindest in der entsprechenden Epoche vorstellen und überlegt, wie das Publikum damals vielleicht darauf reagiert hätte. Weiterlesen