Bekanntlich hält es B’ee von In Gowan Ring nie lange an einem Ort, und so kam es, dass er vor gut fünf Jahren, nach einer kurzen Zeit in Berlin, mal wieder seine sieben Sachen packte und diesmal in das französische Massif Central ging, wo er sich als eine Art Hausmeister um ein altes Chateau aus dem 16. Jahrhundert kümmerte. Selbst lebte er in einem eigens gebauten fünfeckigen Zelt auf dem Anwesen, das genug Platz hatte für eine Feuerstelle, einen bequemen Schlafplatz und sein Equipment, mit dem er wie in einem ultra-improvisierten Studio hantieren konnte. Weiterlesen
TORBA: Ivrjèn
Wenn man will, kann man mit Musik, die auf montierten Feldaufnahmen basiert, äußerst klare imaginäre Tableaus entstehen lassen. Klänge, deren Quellen relativ gut erkennbar sind, Ereignisse, die ein nachvollziehbares Narrativ voranbringen, und zuguterletzt ein übersichtliches Raumgefühl: Zusammen lassen diese Komponenten – gerne mithilfe aussagekräftiger Titel – eine Szenerie entstehen, die die Bilder, die man sich bei solcher Musik gerne vorstellt, gar nicht mehr braucht. Weiterlesen
JARL: Negtive Rotation Intensive Fracture
Erik Jarl spielt zusammen mit Martin Bladh als IRM einen zähflüssigen Industrial, bei dem der menschliche Körper in all seiner Fleischlichkeit und Verwundbarkeit thematisiert wird. Für eine Weile arbeiteten die beiden auch bei den thematisch ähnlich ausgerichteten Skin Area zusammen. Erik Jarl ist aber auch ein sehr aktiver Solokünstler, der unter seinem Nachnamen seit Anfang der 00er Jahre zahlreiche Tonträger veröffentlicht hat , Weiterlesen
UUUU: s/t
Als Thighpaulsandra vor zwei Jahren ein Album herausbrachte, das in seiner Reichhaltigkeit das Zeug zu einem Opus magnum hatte, hätten wahrscheinlich wenige daran geglaubt, dass in den folgenden Jahren weitere Erzeugnisse dieser Größenordnung aus der Richtung kommen würden, doch weit gefehlt: Unter dem mysteriösen Namen UUUU wurde dieses Jahr im gleichen Dunstkreis ein Allstar-Projekt aus der Taufe gehoben, dass sich mit Edvard G. Lewis, Matthew Simms (beide Wire) und eben Thighpaulsandra stark mit dem Line-up der „Golden Communion“ überschneidet und – nicht zuletzt wegen der Weiterlesen
ANEMONE TUBE: The Three Worlds (3 CDs Allegory of Vanity – Forget Heaven – Vanity of Allegory)
„The three worlds are transient like clouds in autumn“ heißt es in einem buddhistischen Sutra des 14. Jahrhunderts, das im Englischen unter dem Titel „Far Reaching Pleasures“ bekannt ist. Die Geburt und der Tod aller Wesen entfaltet sich wie ein Tanz, rauscht vorbei wie ein Gebirgsbach, verschwindet wie ein Blitz am Firmament. Anemone Tube hat die Verse dieses Sutras als Hintergrund für sein neues Release gewählt und verbindet die Betrachtungen mit seinem langjährigen Interesse an westlichen Vanitaskonzepten und ihrer klaren Bildlichkeit. So weit Weiterlesen
MIA ZABELKA: Cellular Resonance
In ihren zahlreichen Kollaborationen beweist die Geigerin und Soundkünstlerin Mia Zabelka immer wieder, wie sehr sie ihre eigenwilligen, experimentierfreudigen Ideen auf subtile Art mit denen ihrer künstlerischen Dialogpartner zu arrangieren versteht. In eher klangorientierten Werken wie denen mit Pauline Oliveros oder John Zorn zeigt sie eine sichere Hand für die Möglichkeiten verschiedener Klangfarben, besitzt Geduld und Gespür für die Beiträge der anderen. In ihrer Arbeit mit Lydia Lunch hat sie ihren Anteil zugunsten der Textrezitation dezent im Weiterlesen
FABIO FRIZZI & ANDREW LEMAN: H.P. Lovecraft’s The Picture In The House
H.P. Lovecraft ist mit seinen Kreationen, insbesondere mit seinem Oktopoden Cthulhu, aus der Popkultur nicht mehr wegzudenken. Dass die Rezeption dieses „literarischen Kopernikus“ (Fritz Leiber) heutzutage dann leider auch über Plüschtiere abläuft, ist bedauerlich („Wenn heute Lovecrafts Wesen oder Erfindungen zitiert werden, dann hat das in den seltensten Fällen etwas mit seinen Themen zu tun“, wurde schon vor ein paar Jahren bemerkt), denn Lovecrafts „kosmischer“ Horror, den der verstorbene Joel Lane als „ontologischen“ bezeichnete, situiert den Menschen adäquat in seiner ganzen Insignifikanz in einem indifferenten oder feindlichen Kosmos. Weiterlesen
FATIMA AL QADIRI: Shaneera
Im Laufe der letzten Jahre hat Fatima al Qadiri einen eigenen, trademark-artigen Stil und Sound entwickelt, einen elektronischen Klangkosmos, der auf rein materieller Ebene an die Schlichtheit von Plastikspielzeug erinnert, in dem die Sounds aber zu derart originellen und teilweise feinen Strukturen verarbeitet werden, dass sie ganz selbstverständlich über sich hinaus wachsen. Weiterlesen
A SPHERE OF SIMPLE GREEN: With an Oblique Glance
Wie muss man sich die Musik einer Band vorstellen, die sich nach einer Zeile von Emily Dickinson benannt hat? Vielleicht in erster Linie als detailverliebtes Soundgewebe, etwas verhuscht und mit einem natürlichen Sinn für kleine Eindrücke, die ganz ungekünstelt aus der Wahrnehmung des Alltags herausgegriffen scheinen. Und offen sollte sie sein, so als ob am Ende einer Komposition ein imaginärer Gedankenstrich auf die Leerstellen verweist, hinter denen sich ungesagte, ungespielte und ungehörte Welten verbergen. Eine Weiterlesen
BASS COMMUNION: Sisters Oregon
Das erste völlig neue, eigenständige Album seit sechs Jahren (die letzte Vollzeitveröffentlichung war „Cenotaph“) zeigt Porcupine Trees Steve Wilsons Droneprojekt als Teil der auf diesen Seiten schon mehrfach besprochenen „Substantia Innominata“-10‘‘-Reihe von Drone Records. Der thematische Schwerpunkt dieser nun die Nummer 25 erreichten Reihe sind Aufnahmen „inspired by or related to ‘the Unknown‘ around or within us.“ Weiterlesen
LEE RANALDO: Electric Trim
In ihrer großen Zeit wurden Sonic Youth von vielen zu Unrecht als eine Art Duo mit Begleitband gehandelt, bei dem sich eine wechselnde Zahl an Instrumentalisten um das damalige Paar Gordon und Moor gruppierte. Diejenigen aus der „zweiten Reihe“, die sich dennoch einen größeren Namen erspielen wollten, mussten das über Veröffentlichungen außer der Reihe, wie Soloaktivitäten, tun, und niemandem ist das besser gelungen als Lee Ranaldo, der über die Jahrzehnte einige Weiterlesen
NIKOLAS SCHRECK: The Futura Model EP
Von Nikolas Schreck, der sich nach dem Ende von Radio Werewolf zunächst anderen Aktivitäten widmete, gab es in den letzten Jahren einige musikalische Lebenszeichen. Da waren Konzerte in verschiedenen Konstellationen und mit unterschiedlicher Songauswahl sowie ein gelungenes Album mit seiner Band Kingdom of Heaven. Von einem Solowerk ist seit längerem der Rede, auf dem letzten Epicurean Escapism-Festival und der dazu gehörenden Compilation gab es mit „Lord Sutekh’s Dream“ schon einen Song als Vorgeschmack. Mit der EP „The Futura Model“ ist nun ein weiteres Stück in drei Versionen erschienen. Weiterlesen
MOONGAZING HARE / TRAPPIST AFTERLAND: Songs For Nathan
Diejenigen unserer Leser, die sich für Psychedelic und ungewöhnliche Folkmusik interessieren, kennen wahrscheinlich das Projekt Moongazing Hare um den Dänen David Folkmann Drost und Trappist Afterland, die Band des in Melbourne lebenden Adam Goeffrey Cole. Einige sind vielleicht auch schon auf The Active Listener gestoßen, ein in Neuseeland beheimatetes Label und Magazin, das sich der Unterstützung und Verbreitung solcher Musik aus aller Herren Länder widmet. „Moongazing Hare and Trappist Afterland sing Songs for Nathan“ ist Nathan Ford, dem Chef Weiterlesen
CAMERATA MEDIOLANENSE: Le Vergini Folli
Im Laufe ihrer mittlerweile bald fünfundzwanzig Jahre umspannenden Karriere haben die Mailänder Kammermusiker um Komponistin und Musikwissenschaftlerin Elena Previdi immer wieder Veränderungen zugelassen und wahrscheinlich auch angestrebt. Eine der Konstanten im bisherigen Werk war die Zusammenführung alter Musikarten schwerpunktmäßig aus Renaissance und Barock mit einer Dynamik, die an Post Industrial-Kollektive wie Test Dept und Officine Schwartz, aber auch an reißerische Filmscores erinnerte und oft Weiterlesen
FUTURO DE HIERRO: Paso en el Vacío
Wie viele Musiker, die auch als Veranstalter und Labelbetreiber auftreten, ist Viktor Hurtado aus Barcelona ein leidenschaftlicher Kollaborateur, in der Vergangenheit berichteten wir über Huan, sein dröhnendes Duett mit Jochen Arbeit, sowie über Ordre Etern, seine wuchtig-perkussive Post Industrial-Band, die wohl fürs erste auf Eis gelegt scheint. Futuro de Hierro ist eines seiner raren Soloprojekte, und mit diesem schickt er sich an, neue Kombinationsmöglichkeiten des Treibenden, Schweren, Dunklen und Atonalen zu erforschen. Weiterlesen
A passage into an altered state: Interview mit Ka Baird
Ka Baird hat mit den vor einigen Jahren zum Duo geschrumpften Spires That In The Sunset Rise eine ganze Reihe von Alben veröffentlicht, die in ihrer Originalität, Experimentierfreude und Wucht in der zeitgenössischen Folkmusik ihresgleichen suchen und man könnte vielleicht so weit gehen, die nach einer Zeile aus einem Gedicht von Baudelaire benannte Band als legitime Erben von Comus zu bezeichnen. Gleichzeitig hat Weiterlesen
GENETIC TRANSMISSION / MOAN: Collaboration 1
Man kann Tomasz Twardawa alias Genetic Transmission als vielleicht etwas späte, aber durchaus würdige polnische Antwort auf Acts wie De Fabriek und Vivenza betrachten, deren Musik den Begriff des Industrial nicht nur in gesellschaftsbezogener, sondern auch in klanglicher Hinsicht ernst nahmen: Das Maschinelle, die verinnerlichte und bis in die Traumsphäre hineinreichende akustische Kombination aus Metall und Stein, das Echo von Platten, Stangen, Riemen und Federn zieht sich wie ein graubrauner leitmotivischer Faden durch die Arbeiten des seit Weiterlesen
ŠIROM: I Can Be A Clay Snapper
Vielleicht ist die Beschreibung von Musik als einer imaginären Landschaft mittlerweile etwas verbraucht, doch wenn Ana Kravanja von der slowenischen Improv-Folk-Gruppe Širom ihre künstlerische Absicht so beschreibt, ist es sicher interessant zu wissen, dass sie von Haus aus Malerin ist und in Abstraktion entrückten Traumlandschaften zuneigt. Auf ihrem zweiten Album spielen Landschaften aber eine noch größere Rolle. Weiterlesen
LAST DOMINION LOST: Abomination of Desolation
Nachdem der Name Last Dominion Lost ursprünglich rückwirkend für Aufnahmen verwendet wurde, die John Murphy, Jon Evans und Dominic Guerin Anfang der 90er gemacht hatten, wurde in den letzten Jahren aus Last Dominion Lost eine aus Murphy, Evans sowie Julian Percy bestehende und in Berlin ansässige Band, die eine durchaus an den Ursprüngen des Industrials orientierte Geräuschmusik spielte, aber dem 21. Jahrhundert klanglich angemessen agierte. Weiterlesen