G.A.M.S.: s/t

Wenn man alle Bestandteile aufzählen wollte, die für Rock und viele andere Musik wesentlich ist, dann wären Rhythmus und Feedback wahrscheinlich ganz oben auf der Liste. In ihren typischen Formen, die mannigfaltig sind, haben diese Komponenten etwas Selbstverständliches, das einem erst auffällt, wenn es fehlt. Drummer Andy Stecher und Gitarrist Guido Möbius machen so gesehen etwas Ungewöhnliches, wenn sie auf ihrem gemeinsamen Projekt G.A.M.S. Rhythmus und Feedback aus ihrem vertrauten Ort holen und ins Weiterlesen

Saba Alizadeh im Hamburger Westwerk

Nach der Wiederveröffentlichung seiner LP “Scattered Memories” auf Karlrecords ist der in Teheran lebende Sound-Artist und Kamancheh-Virtuose Saba Alizadeh erstmals wieder in Deutschland zu sehen. Am 16. August tritt der Musiker im Hamburger Westwerk auf und präsentiert seine zwischen zeitgenössischer Elektronik und traditioneller persischer Musik angesiedelten Arbeiten. Weiterlesen

HÜMA UTKU: Gnosis

Hüma Utku zählt zu den Musikerinnen, die ihre Arbeiten langsam und fast ein wenig unscheibar anklingen lassen. Ähnlich wie auf der letztjährigen EP “Seb-i Yelda”, die noch unter ihrem Projektnamen R.A.N. alias Roads At Night erschienen ist, beginnt auch ihr neues Album gemächlich im Stil dunkel verhallter, fast gehauchter Ambientmusik mit kleinen hellen Obertönen und dezenten Beatansätzen – ein Stil, mit dem manche Kollegen ganze Musikerkarrieren bestreiten. Das in der ruhigen Gangart des Openers “Vulnerary” wenig Weiterlesen

SABA ALIZADEH: Scattered Memories

Erinnerungen, die man als zersplittert und bruchstückhaft erlebt, sind selten so klar und eindringlich wie die Kompositionen, die der iranische Musiker Saba Alizadeh auf seinem ersten Soloalbum „Scatteted Memories“ zusammengestellt hat. Es handelt sich dabei um Nacharbeiten verschiedener Stücke, die er in den letzten Jahren komponiert und aufgeführt hat, und die so Teil eines ungeordneten musikalischen Erinnerungngsfundus sind. Weiterlesen

AUDREY CHEN: Runt Vigor

Der Mund-, Nasen- und Rachenbereich ist eine Körperregion, die zahlreiche Geräusche produziert, und viele davon sind für das durchschnittliche Ohr weit weniger attraktiv als die vielleicht beliebtesten Äußerungen dieser Organe, das Singen und das Sprechen. Das leicht klebrige Geräusch von Lippen, die sich voneinander lösen, das noch nassere der Zunge, wenn sie den Gaumen kurz berührt, der Klang des Atems, wenn er in Keuchen, Hecheln oder Röcheln übergeht, oder wenn er durch die Weiterlesen

R.A.N.: Seb-i Yelda

Die ersten Minuten von “Seb-i Yelda” könnten der Auftakt zu einer Ambientplatte, zu einem subtilen Noisetrack oder zu einem düsteren elektronischen Hörspiel sein: kühles, furchteinflösendes Rauschen in verschiedenen Tonlagen, diverse, nur für kurze Zeit repetitive Taktfolgen, tiefes Stimmengemurmel und spannendes Beckenrauschen sowie eine klangliche Dichte, die zunimmt und doch nie auf einen Höhepunkt zusteuert – all dies und Weiterlesen

Nicolas Wiese, Mike Majkowski und R.A.N. am 13. Juli im West Germany Berlin

Anlässlich seines neuen Albums “Unrelated” (Karlrecords) ist der audiovisuelle Künstler Nicolas Wiese am Freitag, den 13. Juli, im Berliner West Germany zu sehen. Ebenfalls treten der Bassist und Komponist Mike Majkowski und die Producerin R.A.N. (Roads at Night) auf, letztere wird ebenfalls Auszüge ihrer im Spätsommer erscheinenden EP ”Şeb​-​i Yelda” vorstellen. Im Anschluss werden Mat Pogo und Oliver Peters vom Turntable aus für gepflegte Unterhaltung sorgen. Weiterlesen

IANNIS XENAKIS: Persepolis

Über den Entstehungskontext und die Erstaufführung von Iannis Xenakis’ elektroakustischer Komposition „Persepolis“ ist einiges geschrieben worden. Das knapp einstündige Werk basiert auf diversen 8-Spur-Tapes und wurde 1971 von Mohammed Reza Pahlevi, dem letzten Shah des Iran für das Shiraz Art Festival in den Ruinen der alten Hauptstadt Persepolis in Auftrag gegeben. In dieser Aufführung war es Teil einer Multimedia-Performance namens „Polytopes“ – „viele Räume“: Entsprechend der Topografie der Ruinen wurden Weiterlesen

AIDAN BAKER / GARETH DAVIS: Invisible Cities

Wenn ein Album durch Titel und Hintergrundinformationen auf ein Werk beispielsweise der Literatur verweist, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass die Musik das Buch interpretiert oder im anderen Medium neu umzusetzen versucht. Das Buch kann aber, wenn es nicht völlig quer zur Stimmung eines Albums liegt, einen Zusammenhang stiften, durch den die Musik eine weitere Bedeutungsnuance erhält. Weiterlesen

KONSTRUKT / KEIJI HAINO: A Philosophy Warping, Little By Little That Way Lies A Quagmire

Mit Konstrukt und Keiji Haino treffen zwei sehr unterschiedliche Phänomene aufeinander. Zur Kollision zwischen dem türkischen Freejazzquartett und dem japanischen Noiseveteranen kommt es trotzdem nicht, eher schon zur Kollision mit allzu wohlklangverwöhnten Ohren. Stehen Konstrukt, die nach ihren Auftritten mit Peter Brötzmann, Thurston Moore und anderen längst auch international einen Namen haben, für größtmögliche Freiheit in der Musik, dann repräsentiert der androgyne Extremvokalist ein beachtliches Maß an erschöpfender Entgrenzung. Weiterlesen

CRETA: s/t

Bis vor einigen Jahren kannte man Massimo Pupillo vor allem als Bassist der römischen Jazzcore-Formation Zu, und schon zu der Zeit kam es immer wieder zu originellen Zusammenarbeiten mit Musikern wie Dälek, Damo Suzuki oder Current 93, um nur einige zu nennen. Seit einiger Zeit spielt der Musiker auch außerhalb seiner Stammband in immer wieder neuen Konstellationen, und wenn man seine Arbeiten mit Oren Ambarchi und Stefano Pilia, in der Band Laniakea und jüngst mit Thighpaulsandra als Uruk vergleicht, zeichnet sich ein Interesse an Weiterlesen

ZEITKRATZER / ELLIOTT SHARP: Oneirika

Elliott Sharp, der seit den 70ern als Komponist und Virtuose an verschiedenen Instrumenten in Erscheinung tritt, ist nicht nur ein Grenzgänger der Musiksparten – Studium bei Morton Feldman, Kollaborationen mit John Zorn, Bill Laswell, den Hi Sheriffs of Blue u.v.a. – sondern auch sehr frei im Hinblick auf die Umsetzung seiner Kompositionen. Um den Interpreten weitgehend freie Hand zu lassen, hat er eine Methode entwickelt, seine Partituren mittels Photoshop soweit vage zu machen, dass die Musiker nur noch einen grob richtungsweisenden Anhaltspunkt haben. Weiterlesen

GOLDEN DISKÓ SHIP: Imaginary Boys

Der Stil, den sich Theresa Stroetges mit ihrem Projekt Golden Diskó Ship erspielt hat, ist v.a. eines: ungreifbar. Man kann zahlreiche Komponenten ihrer Musik aufzählen: den Mix aus gesampleten Natursounds, Elektronik und akustischen Beigaben klassischer oder folkiger Art; die Gradwanderung zwischen Pop und Experiment; das Sammelsurium von Rhythmen aus der Rumpelkiste popkultureller Tradition; das Gleichgewicht aus Feinsinnigkeit und Simplizität; ein Gesang zwischen Weiterlesen

Golden Diskó Ship und SchneiderTM: Doppel Release Show am 24.03. in der Kantine am Berghain

Am 24. März stellt Theresa Stroetges alias Golden Diskó Ship ihr neues, diesmal betont bassiges Album Imaginary Boys (Karlrecords) vor. SchneiderTM präsentiert erstmals seine Conrad Schnitzler-Interpretationen (bureau B) live, für die Visuals sorgt kein geringerer als VJ Pyrolator. Weiterlesen

JOHN CAGE: Complete Song Books

John Cage brachte seine drei „Song Books“ 1970 zunächst einzeln heraus, zwei Sammlungen mit zusammen zweiundneunzig Solostücken für Vocals sowie eine dritte, die lediglich aus Anweisungen bestand, Textmaterial, das aus Zitaten von Thoreau, Satie, Duchamp und anderen bestand und wohl auch in den Songs selbst vorkommt. Mit hundertprozentiger Sicherheit kann man das aber nicht sagen, denn die Vocals in den kurzen Stücken sind nicht gerade zum auswendiglernen und mitsingen gedacht, und überhaupt – wer John Cages offene Weiterlesen

PAINKILLER: Execution Ground

PainKiller ist insofern ein ungleiches Trio, als John Zorn und Mick Harris sich nach und nach von ihren ursprünglichen Metiers wegbewegt und musikalisches Neuland entdeckt haben, während Bill Lasswell schon immer quer zu allen möglichen Genres lag. Gerade im Falle John Zorns stand die Hinwendung zu Formen des Rock, Metal und anderen jazzfernen Musikarten im Zeichen des Aneignens, Fruchtbarmachens, und hatte einen im besten Sinne experimentierenden Charakter. In den frühen Alben des Trios konnte man Weiterlesen

IANNIS XENAKIS: La Légende d’Eer

Die ersten sechs Minuten dieses Werks sind nichts für Whitehouse-geschädigte Ohren: Ein auf- und abebbender Ton von hoher Frequenz entfaltet sich über einen längeren Zeitraum, um irgendwann in eine Art Zwitschern überzugehen, das von Zeit zu Zeit von metallischem Rasseln übertönt wird. Ab hier wird’s dann schön: Immer dichter und maschineller gestaltet sich das klangliche Material mit der Zeit, offenbart eine Fülle an Details, die in den dramatischsten Momenten wie eine Schuttlawine auf den Hörer einprasseln. Weiterlesen

OREN AMBARCHI / MASSIMO PUPILLO / STEFANO PILIA: Aithein

Es gibt in der etwas abstrakteren Musik ein paar Motive, die nie langweilig werden, vorausgesetzt sie gelingen. Eines davon ist die mit vielen kleinen Spannungsmomenten in der genau richtigen Unbestimmtheit gehaltene Steigerung von Intensität und Klangfülle, die sich – ausgehend von einem eher zaghaften Bündeln von Energie – an einem eruptiven Höhepunkt entlädt und ein ungewisses Nachspiel einleitet. Da denken manche an Aristoteles und die klassische Tragödie, fröhlichere Zeitgenossen vielleicht an Sex, wieder andere an Weiterlesen

REINHOLD FRIEDL: KORE Performed Live By Zeitkratzer

Auf „KORE” steht ein Merkmal im Vordergrund, das bei vielen Aufnahmen von Reinhold Friedl und seinem Ensemble zeitkratzer eine wichtige Rolle spielt, nämlich die Aufnahme live eingespielter Instrumentalbeiträge mit Amps, wobei es weniger um den Aspekt der Lautstärke geht, sondern um die vielfältigen Möglichkeiten, einzelne Klänge auf untypische Art zu fokussieren und zu exponieren, was zu einem mitunter stark veränderten Klangresultat führen kann. Der hier vorliegende Mitschnitt vom Hamburger Klub Katarakt-Festival 2013 ist eine Weiterlesen