Vor einigen Wochen brachte The Great Park eine digitale Single mit dem Namen “The Ghost Is The Only One That Beats My Drum” heraus, die einen einzigen Track von über fünfzehn Minuten hypnotisierender Abgeklärtheit und religiöser Symbolik enthielt. Etwas verwirrend war es, als jüngst ein Album mit dem selben Titel als CD in den Regalen stand. Größer als jede Konfusion war jedoch die Freude darüber, dass Stephen Burch all jene Lügen straft, die eine Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Reviews
TOR LUNDVALL: Yule
Das damals noch über World Serpent vertriebene Minilabel des in Neuengland ansässigen Malers und Musikers, auf dem seine frühen Aufnahmen erschienen, trug im Namen schon die Jahreszeit, die am ehesten die von Musik und Bildern Lundvalls hervorgerufene Atmosphäre zu illustrieren schien: Eternal Autumn Editions. Weiterlesen
USTAD SAAMI: Pakistan is for the Peaceful
Ustad Nasruddin Saami ist der einzige derzeit lebende Meister des Surti, einer Gesangstechnik, die sich seit dem dreizehnten Jahrhundert im Kontext der dem Sufismus entstammenden Qawwali-Musik entwickelte. Im Rahmen dieser in der Punjab-Region im heutigen Grenzgebiet zwischen Indien und Pakistan entstandenen Tradition des Gotteslobs bildeten sich schon früh die wesentlichen Komponenten heraus, in deren Zentrum mehrere Oktaven umfassender mikrotonaler Gesang stand, begleitet von Weiterlesen
LES PARADISIERS: Indian Summer
Wenn die Sommersonne im östlichen Teil der USA, vor allem in den Neuengland-Staaten, im Herbst noch einmal ihr Recht einfordert und Licht durch die längst braungefärbten Blätter fluten lässt und das Land in der frühen Abenddämmerun rot färbt, spricht man landläufig vom Indian Summer. Die beiden Paradisiers, die wohl mit dieser Bedeutung spielen, da einer von ihnen in der Region zuhause ist, nehmen den Begriff wörtlich, denn auf ihrem Weiterlesen
WILDNISGEIST: Pandemonium
Mit einem Auszug aus einer „Macbeth“-Verfilmung, auf dem es heißt, dass die Bäume im Birnam Wood beginnen, sich zu bewegen und damit die Erfüllung der Prophezeiung des Macbeth erschienenen gekrönten Kindes („Macbeth shall never vanquished be until/Great Birnam Wood to high Dunsinane Hill/Shall come against him.“) einleiten, beginnt das neue Wildnisgeist-Album. Sind es in Shakespeares kürzester Tragödie aber nur die Soldaten, die zur Verschleierung ihrer Anzahl Bäume und Äste mit sich tragen, Weiterlesen
ERYCK ABECASSIS: Siamoises
Sein drittes Soloalbum hat der französische Komponist und Gitarrist Eryck Abecassis nach den Siamoises, den siamesischen Zwillingen benannt, eine Namenswahl, die man nur spekulativ in Zusammenhang mit der untrennbar wirkenden Verknüpfung seines modularen Synthesizers mit einem doppelhalsigen Hybriden aus E-Bass und Gitarre bringen kann. Auch letzterer allein bietet sich als Hintergrund an. Weiterlesen
COIL: Musick To Play In The Dark
Man stelle sich eine Philip K. Dicksche Alternativrealität vor, in der es kein Internet gibt. Der Einfachheit halber ignorieren wir alle anderen gesellschaftlichen Konsequenzen und konzentrieren uns auf einen Aspekt: Die Rezeption von Musik findet noch weiterhin so (analog) statt wie vor einigen Jahrzehnten. In dieser Welt gibt es jemanden, der schon mehrfach über diese enigmatische Band namens Coil gelesen hat, in deren Gründungsmanifest es hieß: Weiterlesen
Ô PARADIS: Weiter Weg
Auf musikalische Überraschungen sind die meisten Fans bei Ô Paradis längst gefasst, denn in einem gewissen Rahmen erfindet sich Demians Musik immer wieder neu, gibt sich schwerer oder luftiger, elektronischer oder akustischer, eingängiger oder herausfordernder. Die spanischen Texte im mollastigen Ton und vorgetragen mit warmer Baritonstimme gelten eigentlich als verbindende Konstante – “eigentlich” deshalb, da es bereits ein Album zusammen Weiterlesen
ERIK K SKODVIN: Anbessa
Asalif, der zehnjährige Protagonist in Mo Scarpellis Film Anbessa,lebt mit seiner Mutter in einem Außenbezirk der äthiopischen Hautstadt Addis Abeba. In einer Zeit, in der der Fortschritt und die unsichtbare Hand des Wettbewerbs immer stärker alle Lebensbereiche durchdringen, erfährt Asalif erstmals, was es heißt, die Bindung an eine traditionelle Lebensweise aufzugeben und sich den zum Zeil desillusionierenden Herausforderungen des modernen Lebens in einem Dritte Welt-Land zu stellen. Weiterlesen
WILLIAM BASINSKI: Lamentations
Jüngst vom Wire noch als „the most influential ambient musician of the last 20 years“ geadelt, veröffentlicht der seit etlichen Jahren in Los Angeles lebende Basinski nach dem in diesem Jahr erschienenen und ursprünglich zwischen 1989 und 1991 aufgenommenen Songzyklus „Hymns Of Oblivion“ und einer Liveaufnahme mit Richard Chartier ein neues Album; wobei neu, wie sehr häufig bei Basinski, immer relativ ist, basieren die Stücke auf “Lamentations” doch wieder auf jahrzehntealten Tapeloops aus seinem schier unerschöpflichen Archiv. Weiterlesen
ALLYSEN CALLERY: Ghost Folk
Wenn die Sängerin Allysen Callery ihr wunderbar verhuschtes neues Album “Ghost Folk” nennt, mag man zuerst an einen selbstentworfenen Genrebegriff denken, vergleichbar dem Begriff Attic Core, mit dem Sarah June einmal die staubige Atmosphäre ihrer dunklen, verwunschenen Lieder umschrieb. Da sich Folk aber auch als “Leute” übersetzen lässt, mag der Titel ebenso sehr auf die introvertierten Zeitgenossen, die quiet ones gemünzt sein, die Geisterbande, der das Album gewidmet ist. Weiterlesen
THE OLD DREAM OF SYMMETRY: Mission Creep
The Old Dream Of Symmetry sind das Gegenteil einer plakativen Band, vielmehr haftet dem deutsch-neuseeländischen Duo und auch seinem neuen Tape “Mission Creep” eine Aura des Doppelbödigen an. Angefangen beim Projektnamen, der auf einen Text der feminsitischen Theoretikerin Luce Irigaray und indirekt auf Freud anspielt, über den der militärischen Symbolik entlehnten Titel bis hin zur Musik, die unter ihrem angenehmen Wabern und Fließen zahlreiche Brüche Weiterlesen
GUZZ: Walking in a Boundless Dream
Beim ersten Hören könnte man „Walking in a a Boundless Dream“ als eine von außen vorgenommene, halbmuseale Erkundung asiatischer Musik oder dem, was man sich darunter vorstellt, verstehen – vergleichbar vielleicht mit Fatima al Qadiris „Asiatisch“, auch wenn die Vermischung ambient elektronischer Producermusik mit folkiger Instrumentierung aus Fernost mehr auf gepflegtes Pop-Entertainment als auf die Entlarvung exotischer Projektionen abzielt. Weiterlesen
DREW MCDOWALL: Agalma
Der seit Jahren in Brooklyn lebende gebürtige Schotte Drew McDowall hat auf seinem inzwischen vierten Soloalbum „Agalma“, das urspünglich “Ritual Music” heißen sollte, das Klangspektrum erweitert und hat in einem noch stärkeren Maße als auf dem Vorgänger akustische Instrumente in das Klangbild integriert. McDowall ist in den letzten Jahren mit einer Vielzahl von Künstlern aufgetreten, hat vor zwei Jahren zusammen mit Hiro Kone Georges Bataille gehuldigt und auf „Agalma“ wirken dann auch eine ganze Reihe von Gastmusikern mit. Weiterlesen
TWELVE THOUSAND DAYS: Field’s End
Man erkennt eine Twelve Thousand Days-Platte in der Regel sobald sich der hochstürmende, ornamentale und immer jung wirkende Gesang Martyn Bates’ über den fließenden, doch nie zu lieblichen Gitarrenmustern von Alan Trench ausbreitet. Auf ihrem jüngst erschienenen neuen Album “Field’s End” erkennt man aber auch, wie vielgestaltig das Konzept des Eyless in Gaza-Gründers und des von Orchis, Temple Music und den Weiterlesen
TENSIÓN: Construcción
Das argentinische Post Punk-Quartett Tensión ist in seiner Heimat bereits seit ein paar Jahren Kult. Und da bei dieser Combo, vergleichbar mit den peruanischen Liquidarlo Celuloide, der Begriff Punk etwas fetter gedruckt gehört, sind die vier Musiker auch ein Vorzeigebeispiel dafür, dass von den frühen 80ern inspirierte Undergroundmusik nicht gefällig und trendanbiedernd klingen mus. Nach zwei Alben beim heimischen Soy Mutante-Label erschienen in den letzten zwei Jahren einige kleinere Releases. Die Weiterlesen
LABRECQUE / BARAKAT: Terminal Desert
Wenn eine Platte “Terminal Desert” heißt, versteckt sich dahinter mit einiger Wahrscheinlichkeit eine endzeitliche, apokalyptisch gestimmte Musik – ein Unterfangen, das bereits von ungezählten Musikern aller Genres mit viel Pathos und Getöse umgesetzt wurde. Genres, Pathos und Getöse erwartet man allerdings nur bedingt, wenn man mit dem bisherigen Werk von Paul LaBrecque und Ghazi Barakat vertraut ist. Barakat, der deutsch-palästinensische Soundartist, der heute primär als Mastermind von Pharoah Chromium und als Weiterlesen
THE GREAT PARK: The Ghost is the Only One that Beats my Drum
Meist sind die Songs von Stephen J. Burch alias The Great Park eher kompakt und von einer gut wiedererkennbarer Struktur, nur selten, wie in “The Hills Have Eyes” wurden längere Formate ausgelotet. Der knapp sechzehnminütige Titeltrack des für Ende November angekündigten Albums “The Ghost is the Only One that Beats my Drum” liegt nun als Single vor und ist trotz der überraschenden Spieldauer ein typischer The Great Park-Song geworden. Weiterlesen
TRAPPIST AFTERLAND: Seaside Ghost Tales
Trappist Afterland haben in den letzten zehn Jahren auch ohne deutliche Stilwechsel eine enorme Wegstrecke zurückgelegt und gelten spätestens seit “Afterlander”, das vielleicht das Album zum Kennenlernen der Band ist, als einer der besten dunklen Folkacts unserer Zeit. Auf neun Studioalben, zwei Splits und zahlreichen kleineren Veröffentlichungen gibt es keinerlei kraftlose oder uninspirierte Momente, ganz gleich ob man eher die zerfledderten psychedelischen Konzeptalben des Frühwerks Weiterlesen