CHROMATICS: Closer to Grey

Wenn es jemand versteht, die Erwartungshaltung von Fans zu triggern und zugleich ihre Geduld auf die Probe zu stellen, dann ist es das aus Portland stammende Quartett Chromatics. Ganze sieben Jahre ist es jetzt her, dass das “Late Night Drive Rock”-Gespann (Stereogum) um den kauzigen Multiinstrumentalisten Johnny Jewel und die charismatiche Sängerin Ruth Redelest mit “Kill for Love” ein dunkles, von Momenten aggressiver Verzweiflung durchdrungenes Werk herausbrachten. Kurz darauf schon Weiterlesen

MAZEN KERBAJ: Solo Trumpet Vol. 2.2

Mazen Kerbajs Trompetenspiel braucht nicht unbedingt Begleitung, um einen vollen, vielschichtigen und wechselhaften Sound zu erzeugen, doch da Kerbaj ein leidenschaftlicher Kollaborateur ist, dauerte es vierzehn Jahre, bis er wieder allein mit einem Instrument ins Studio ging und eine gute anderthalbe Stunde Musik aufnahm. Einen Teil davon ließ er unbearbeitet, und die verschiedenen Spieltechniken ließen dennoch ein großes Abenteuer daraus werden, dem es an nichts fehlt. Weiterlesen

LAURA CANNELL / POLLY WRIGHT: As The Crow Flies

Auf zahlreichen Veröffentlichungen hat die britische Komponistin  Laura Cannell in den letzten Jahren eine teils dunkle, an Drones angelehnte Musik gespielt, in deren klanglicher Fokus oft ihre Geige oder Flöte stand – jüngst noch bei ihrem Versuch Sphärenmusik zu spielen. Oft war sie von früher Musik beeinflusst. So zog sie  Inspiration aus mittelalterlichen Fragmenten, u.a. von Richard Löwenherz und Hildegard von Bingen – und letztere kommt bei „As The Crwo Flies“ auch kurz in den Sinn.

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3MUSKETIERE: Abflug

Den weitläufigen Kosmos um The Ex und seine bald vierzigjährige Geschichte überblicken wohl nur ganz wenige. Diese tief im Amsterdamer Squattermillieu verwurzelte Szene, die Ende der 70er im Zeichen des Anarchopunk auf der Bildfläche erschien, war anders als vergleichbare Zeitgenossen nicht nur Statement und Ereignis, sondern ließ ganz eigene subkulturelle Traditionen entstehen, die nie zur Selbstkarikatur wurden und weit mehr umfassten als Weiterlesen

SOPHIE DELAFONTAINE: Accord Ouvert

Sophie Delafontaine hat schon eine Reihe an Soundarbeiten für Tanz und Theater abgeliefert, bei denen sie mit intensiver Musik den Fokus auf andere Akteure gelenkt hat. Vielleicht hat dies ja, zusammen mit ihrem Studium der Akusmatischen Komposition, mit dazu beigetragen, dass “Accord Ouvert”, das erste Studioalbum der heute in Belgien lebenden Schweitzerin einen starken Reiz des Undurchsichtigen ausströhmt und einen besonderen Fokus auf hintergründige Spannungsmomente richtet. Weiterlesen

UNDERSPRECHE: Poet-Ease

Das Duo mit dem seltsam bilingualen Namen Underspreche existiert seit über zehn Jahren und ist einer der renommiertesten Electronica-Acts des süditalienischen Salento. Ihre tanzbare, rhythmische Musik hat bei genauem Hinhören einen tribalen Touch und verbindet House und andere “westliche” Stile mit strukturellen Mustern aus Nah- und Fernost, und einige akustische Samples fanden sich auf ihrem Debütalbum “Invito Alla Danza”. Dass Marika, die weibliche Hälte des Projektes, ihre Wurzeln in Weiterlesen

UNIFORM / THE BODY: Everything That Dies Someday Comes Back

Seit Anfang der 00er Jahre spielen The Body, die in den letzten Jahren häufig mit Lingua Ignota aufgetreten sind und aufgenommen haben, eine Form von harter Musik, die sich einfachen Kategorisierungen entzieht. Uniform, mit denen The Body jetzt nach “Mental Wounds Not Healing” aus dem letzten Jahr zum zweiten Mal ein gemeinsames Album aufnehmen, haben sich auf ihren bisherigen Veröffentlichungen an dem orientiert, was seit etlichen Jahren etwas unglücklich als Industrial Metal bezeichnet wird. Weiterlesen

MOTHER: s/t

Wenn man die Selbstbeschreibung von Tommaso Bonfilio liest, könnte man meinen, sein Soloprojekt Mother, das er nun neben (oder nach?) seiner Mitgliedschaft in Bands wie Blind Beast oder SabaSaba betreibt, stehe unter keinem guten Stern. Inspiriert von der gestressten Existenz des einsamen Protagonisten schickt sich das Projekt hier an, ein Gefühl klaustrophobischer Statik zu transportieren, und zuguterletzt soll nach dem Debüt erst einmal wieder Schluss sein, da der Künstler sich zur Neuorientierung in ein einjähriges Exil zuückzuziehen plant. Weiterlesen

DANIEL MENCHE: Melting Gravity

Die Idee hinter Daniel Menches zweiteiliger Komposition „Melting Gravity“ hat eine anthropologische Dimension, denn sie begreift den Menschen in einem immerwährenden Kampf zwischen dem Wunsch nach Transzendenz und den ernüchternden Gesetzen der Schwerkraft. Auf der einen Seite das Begehren nach buchstäblicher oder sinnbildlicher Überwindung der Beschränkungen des Körpers durch die Verheißungen der Levitation, des Rauschs, der außerkörperlichen Erfahrung und Weiterlesen

V.A.: Dark Ambient Vol. 18

Zum achzehnten Mal bringt das englische Label Sombre Soniks nun die Sampler-Reihe “Dark Ambient” heraus, die überwiegend Künstler aus dem hauseigenen Umfeld vorstellt. Den Titel sollte man nicht unbedingt als Genrebegriff lesen, denn die Drone- und Ambientklänge, die man gemeinhin mit der gleichnamigen Musiksparte assoziiert, machen meist nur einen Teil der vertretenen Musik aus. Auf der neuesten Folge sind dreiundzwanzig Interpreten aus verschiedenen musikalischen Himmelsrichtungen vertreten, und wenn die Kompassnadel in Weiterlesen

FAD GADGET: The Best Of

Unter den renommierten Synthie- und New Wave-Acts der Jahre um 1980 nahm der Engländer Frank Tovey alias Fad Gadget insofern eine Sonderstellung ein, als dass seine durchaus eingängigen Popsongs immer etwas zu rau und derb waren, um ins Mainstream-Radio zu passen, wo er dann zwar nicht völlig fehlte, aber doch etwas unterrepräsentiert war. Seine Exzentrik war immer einen Hauch zu schräg und ungestylt, um aus ihm wenigstens für eine Zeitlang einen trendigen Posterboy zu machen. Weiterlesen

MAZEN KERBAJ: Trumpet Solo Vol. 2.1

Mazen Kerbaj ist einer der Trompeter, die es schaffen, ihrem Instrument über längere Passagen Töne zu entlocken, die nach allem, aber kaum nach einer Trompete klingen (außer vielleicht für versierte Ausnahme-Ohren, die natürlich nicht unterschlagen werden sollen). Außer als Improv- und Jazz-Virtuose, der nebenbei organisatorisch am bekannten Irtijal Festival mitmischt, ist Kerbaj mit gleicher Verve als Grafiker und Comic-Artist aktiv, und wer den libanesischen Renaissance-Mann dennoch nicht kennt, hat vielleicht von seinen Weiterlesen

KONSTRUKT / KEN VANDERMARK: Kozmik Bazaar

In dem kosmischen Basar von Konstrukt und dem an Tenorsaxophon und Klarinette bewanderten Ken Vandermark wird man ohne Vorwarnung hineingeworfen, denn das erste gemeinsame Album der Istanbuler Freejazzer und ihrem Chicagoer Kollegen beginnt gleich mit einem schrillen, lauten und in aller Aufgedrehtheit groovigen Freakout, das nach eigenen Angaben als Referenz an Ornette Coleman gedacht ist und allzu gepflegte Gemüter ordentlich aufscheuchen wird. Weiterlesen

INTERNAZIONALE: Wreaths of Life

Mit seinen zahlreichen Soloprojekten produziert der Däne Mykkel Valentin Dunkerley seit Jahren soundorientierte Musik in Dauerrotation und ist ein fettgedruckter Name in Kanon von Posh Isolation. Digitaler, analoger und akusmatischer Lärm stehen durchaus auf seiner Agenda, doch vieles – so z.B. das vor einiger Zeit unter dem Alias Internazionale erschienene “Wreats of Life” – hat eine ambient-gleitene Struktur und lässt rauere Elemente eher versteckt im Verborgenen wirken. Weiterlesen

PINK TURNS BLUE: Meta

Vielleicht ist Authentizität – wie unscharf der Begriff auch immer ist – als Qualitätsmerkmal überbewertet, denn in (vielen) guten Momenten gelang es dem oft theatralischen Gothic (man denke, wie Nick Fiend mit Makeup seinen Kopf in einen Schädel verwandelte oder Ian Astburys seine Affinität zu Native Americans zum Ausdruck brachte – ganz zu schweigen von den Virgin Prunes, dem staubigen Westernlook der Fields, die an expressionistische Stummfilme erinnernde Bühnenbeleuchtung bei Bauhaus oder die schier Weiterlesen

PETER CUSACK: Aral Sea Stories and the River Naryn

Der in Kasachstan und Usbekistan gelegene Aralsee, dessen Fläche und Wassermenge in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts extrem zurückging und erst in den letzten Jahren einer zumindest partiellen Wiederherstellung unterzogen wurde, liegt im Zentrum komplexer okologischer und auch ökonomischer Systeme. Er speißt sich aus zum Teil großen Zuflüssen, deren Quellgebiete bis an die Grenze zu China reichen und die durch mehrere zentralasiatische Länder fließen. Weiterlesen

THE GREAT PARK: A Day

Lesern unserer Seite muss man nicht beschreiben, wie die Musik von The Great Park grundsätzlich klingt, und bis auf ein paar etwas üppiger instrumentierte Ausnahmen enthalten die einzelnen Alben subtile und wahrscheinlich spontan entstandene Variationen seines auf Gitarre un eines poetischen Gesangs basierenden Stils, der immer eine Idee zu bitter und exzentrisch ist, um wie Wodka die Kehle runter zu gehen. Weiterlesen

REMO SEELAND: Hollow Body

Wenn man etwas tiefer in die Arbeit Remo Seelands als Musiker, Kurator und Labelgründer eintaucht, fällt auf, dass das Wort „Hollow“ immer wieder vorkommt. Der Leib, die Gebeine, die Stadt – all dies wird in einem hohlen Zustand der Leere dargestellt, und wenn man seinen Assoziationen freien Lauf lässt, kann man auch Hallow Ground, den Namen seines Labels, als daran anknüpfendes Wortspiel lesen und den Bogen bis zu seiner früheren Industrial-Band Náda schlagen. Es ist ein Bildbereich, der auf etwas Desolates, auf einen Mangel anspielen mag, der aber zugleich die Weiterlesen

SQÜRL: The Dead Don’t Die

Jim Jarmusch hatte vor einigen Jahren mit Only Lovers Left Alive eine überzeugende Meditation auf das Vampirmotiv abgeliefert. In seiner gesamten Karriere hat Jarmusch sich immer (auch) in dem zurechtgefunden, was (vereinfachend und oftmals pejorativ) als Genrekino bezeichnet wird: Man denke etwa an Dead Man  oder Ghost Dog. The Dead Don’t Die, sein jüngster Film, der sich mit der augenblicklich wohl populärsten Form des Untotens beschäftigt, wirkte dagegen trotz (oder vielleicht wegen) metafiktionaler Elemente, Weiterlesen