White Hills und die Kapelle um Albin Julius kennen sich schon fast ein Jahrzehnt und haben vor acht Jahren eine gemeinsame Single herausgebracht. Den Plan, ihre kreativen Ideen einmal im größeren Stil zusammen in die Waagschale zu werfen, trugen die Wiener und die New Yorker schon eine ganze Weile mit sich herum. Ein erstes Resultat ist die vorliegende EP, auf der sich alles um das Thema Begierde dreht. Weiterlesen
CONTROLLED BLEEDING: Music For Gilded Chambers
Ich habe schon an anderer Stelle geschrieben, dass die Controlled Bleeding-Rezeption (hauptsächlich) auf drei musikalischen Strängen beruht: Da sind Controlled Bleeding als Vertreter von Musik als Destruktion (gängiger Strukturen), versinnbildlicht durch die Anfang der 80er gemachten Aufnahmen. Dann gibt es kommerzielle(re), auf Wax Trax erschienene Aufnahmen, die sich dem EBM annähern und m. E. ungleich langweiliger sind als viele andere Arbeiten der Band. Weiterlesen
THE EX: 27 Passports
In gewisser Weise kann man die Compilation „Live at Bimhuis“, auf der The Ex vor drei Jahren eine jahrzehntelange Serie von Konzerten in einem Amsterdamer Jazzclub dokumentierten, als ihr Opus Magnum begreifen – nicht nur weil die mittlerweile als Quartett auftretenden Damen und Herren passionierte Performer sind, sondern weil auf dieser Sammlung auch ein Eindruck der stilistischen Bandbreite entsteht, den das Ende der 70er im Umfeld des Anarchopunk geborene Band-Kollektiv vorzuweisen hat. Weiterlesen
NIEDOWIERZANIE: Lumière
Beim derzeitigen Output Niedowierzanies kann man schon mal den Überblick verlieren, erst recht, was die Reihenfolge der zur Zeit meist auf Tape erscheinenden Alben des in der Nähe von Barcelona lebenden Franzosen betrifft, denn die Chronologie der Veröffentlichungen deckt sich nicht immer mit der der Aufnahmen. “Lumière”, das erstmals beim amerikanischen Label Lighten Up Sounds erschienen ist, ist so etwas wie ein elektronischer Wechselbalg des zwar nicht ganz handgemachten, aber doch von seinen vielen Weiterlesen
It’s very difficult to come up with just two or three words that describe an act that crosses multiple genres: Interview mit Lost Harbours
Seit gut 10 Jahren existiert das aus Richard Thompson und Emma Reed bestehende Duo Lost Harbours. Auf inzwischen drei Alben und zahlreichen kleineren Veröffentlichungen spielen sie eine Musik, die sie selbst als „exprimental folk“ bezeichnen – und diese teils transzendentale Musik transzendiert auch tatsächlich (allzu) einfache Kategorisierungen und Genrebegrenzungen – „Hymns & Ghosts“ heißt fast schon programmatisch ein Album von Lost Harbours. Ursprünglich aus Southend-on-Sea stammend, lebt Thompson inzwischen in Lettland. Weiterlesen
CHRIS CARTER: Chemistry Lessons Volume One
Von allen (ehemaligen) Throbbing Gristle-Mitgliedern ist Chris Carter vielleicht derjenige, dessen Nimbus (fast) einzig und allein aus seinen musikalischen Leistungen resultiert und weniger aus außermusikalischen Transgressionen. Sein Einfluss auf die Entwicklung elektronischer Musik ist wohl kaum zu überschätzen. Weiterlesen
MIRACLE: The Strife Of Love in a Dream
In dem Jahrzehnt, in dem Miracle kein originelles Retrophänomen gewesen wären, sondern die Spitze des unerhört Innovativen, wäre Sänger Daniel O’Sullivan wahrscheinlich als Kuriosität in die Annalen der Zeit eingegangen – oder er hätte eine musikalische Revolution ausgelöst: Ein eigenwilliger Experimentalmusiker, dessen zahlreiche Projekte wie Guapo, Æthenor oder Laniakea die Genrekenner in Verlegenheit gebracht hätten, und dessen bekannteste Kollaborationen Weiterlesen
HAIR STYLISTICS: African Head Banging
Anfang 2014 hatte Noiseveteran Nakahara Masaya die Idee, pro Monat ein Album auf CDr heraus zu bringen, sicher aus Spaß an all seinen übersprudelnden Einfällen, aber vielleicht auch, um zu beweisen, dass ihm diese im Hinblick auf die Musik, mehr noch allerdings was inhaltliche Querbezüge zu interessantem Nerdkram angeht nicht so schnell ausgehen. Natürlich hielt er weitgehend, was er versprach. Da ich vor vor einiger Zeit einen ganzen Stapel aus seiner “monthly series” in die Weiterlesen
CARLO DOMENICO VALYUM: Cronovisione Italiana
Auf „Cronovisione Italiana“ reisen wir in die Vergangenheit, ins Turin der dreißiger Jahre, um einen Mann bei einer ungewöhnlichen Reise in die Zukunft zu begleiten. Es handelt sich bei dem Mann um einen gewissen Carlo Domenico Valyum, einen Erfinder und naturwissenschaftlichen Privatgelehrten, der Maschinen zum Abhören von elektromagnetischen Wellen entwickelt hatte und auf Audiovisuelles spezialisiert war. Irgendwann im Jahr 1937 machten seine Geräte merkwürdige Tonaufzeichnungen, die Rätsel aufgaben. Weiterlesen
FATHER MURPHY: Rising
In dem Interview, dass wir vor ein paar Jahren mit der italienischen Okkultband Father Murphy führten, bezeichneten sie ihre Musik als Ausdruck einer Auseinandersetzung mit ihrem katholischen Erbe und dem damit verbundenen Konzept von Schuld. Was die Geschichte dieses Motivs angeht, kann man im Laufe der Jahre eine deutliche Steigerung erkennen: Spielten solche Fragen in den frühen Noiserock-Alben des damaligen Trios eher latent eine Rolle, rückten sie Weiterlesen
MOAN / GENETIC TRANSMISSION: Dedicated to Luigi Russolo
Spätestens seit der Musique Concrète taucht der Name Luigi Russolo in jeder Generation der Geräuschmusik auf, der Komponist, Maler und Verfasser von Manifesten wird als Insprationsquelle gefeiert und hat, durchaus im Widerspruch zum futuristischen Geschichtsverständnis, längst seine eigene Folklore bekommen. Ob es seine Techniken in der Kombination heterogener Geräusche und Instrumentalklänge ist, sein Bruch mit Traditionen oder seine originellen Instrumente wie dem Russolophon oder Rumorarmonio, einem Geräuschharmonium, nach dem Weiterlesen
I don’t feel comfortable with the restrictions and rules of a tribe. Interview mit Simon Balestrazzi
Wenn man ein bisschen mit dem Werk Simon Balestrazzis vertraut ist und seine Arbeit verfolgt, kann man sich kaum vorstellen, dass er mal einen Tag lang nicht auf der Suche nach Sounds ist, sie im Studio bearbeitet und kollagiert, an seinen zum Teil eigens konzipierten Instrumenten bastelt oder mit Kollegen wahrscheinlich ganze Nächte hindurch jammt. Seit einigen Jahren ist es nicht ungewöhnlich, dass drei bis fünf seiner Longplayer pro Jahr herauskommen, seltener solo, häufiger von seinen zahlreichen Kollaborationen: Dream Weapon Ritual, DAIMON, A Sphere of Simple Green, Hidden Reverse und noch einige mehr. Weiterlesen
THE ART BARBEQUE: Feet Hacked Rails
Seit einiger Zeit wird die musikalische Historie Controlled Bleedings aufgearbeitet und vergriffene Aufnahmen werden wieder verfügbar gemacht. Im April erscheint eine Mammutzusammenstellung von zehn Alben, die zwischen 1985 und 1988 aufgenommen wurden. Schon vor Jahren schrieb Paul Lemos anlässlich der „Curd“-Wiederveröffnetlichung: „[W]e were constantly experimenting with sound, and recording day and night.“ Weiterlesen
23 THREADS: The Ornaments (The Ghost of Miranda)
Im nicht mehr ganz taufrischen dritten Millenium unserer Zeitrechnung ist es mittlerweile eher zu erwarten, dass jüngere Musikprojekte zumindest partiell in der Tradition früherer Errungenschaften stehen und diese, wenn sie über das nötige kreative Potential verfügen, nicht bloß revitalisieren oder gar kopieren, sondern unter anderen Vorzeichen in neue Richtungen lenken. Seit den Jahren um 2000 gibt es immer wieder Bands, denen nachgesagt wird, in den Spuren der sogenannten World Serpent-Family aus Weiterlesen
TRAPPIST AFTERLAND: Se(VII)en
Dass den australischen Psych Folkern um Adam Cole so schnell nicht die Puste ausgeht, haben sie in den letzten Jahren hinlänglich bewiesen. Nach einer ganzen Reihe von selbst herausgebrachten Alben, die sehr stark an z.T. asiatisch beeinflusstem Folk der 70er orientiert und zunächst nur einem kleinen Hörerkreis bekannt waren, erschienen die Alben der Band irgendwann zunehmend auf Vinyl bei namhaften Labels, alte Aufnahmen wurden neu aufgelegt, und seit einigen Jahren steht der Name Trappist Afterland Weiterlesen
DREW MCDOWALL / HIRO KONE: The Ghost of Georges Bataille
Georges Bataille gehört (wie z.B. auch Nietzsche oder Jünger) zu einer Reihe von Literaten und Philosophen, die einen Resonanzraum geschaffen haben, der manche glauben lässt, es reiche aus, den einen oder anderen Begriff in ebendiesen zu werfen und ohne große inhaltliche Füllung (ver)hallen zu lassen. Zum Teil scheint dann selbst manchmal im akademischen Bereich die Auseinandersetzung mit dem Franzosen auf das Abspulen der immer gleichen Schlagworte (Transgression etc.) beschränkt zu sein. Weiterlesen
AYUUNE SULE: We Have One Destiny
Die Welle an Kologomusik aus Ghana reißt nicht ab. Ayuune Sule spielt seit ein paar Jahren in der Band des hier bereits mehrfach vorgestellten King Ayisoba. Als er 2013 in dieser Konstellation erstmals in Europa auftrat, eröffnete er die Shows mit einem kleinen Soloset und drückte Arnold de Boer von The Ex, der auch ein Label betreibt, sein Demo in die Hand. So nahm alles seinen Lauf, und zwei Jahre später erschien eine Single mit zwei Songs, beide in einem Weiterlesen
There’s always been hints of apocalypse in our work: Ein Interview mit Nonconnah
Das nach einem Ort in Tennessee benannte aus Zachary Corsa und Denny Wilkerson Corsa bestehende Duo Nonconnah spielt “Damaged hymns from the broken Mid-South”. Vorher hatten die beiden zahlreiche Tonträger unter dem Namen Lost Trail veröffentlicht, einem selbst so bezeichneten “ambient/drone/shoegaze project”. Musikalisch knüpft Nonconnah an das Vorgängerprojekt an: Feldaufnahmen, Samples, Giatarre und Drones werden zu einer Musik verdichtet, auf der das Dunkle und Mysteriöse, das sich im Klangbild, Artwork und in Tracktiteln widerspiegelt, (auch immer) ein Moment des Trostes enthält. Weiterlesen
SOL INVICTUS: Necropolis
Eigentlich passt die Platte gar nicht recht in die Jahreszeit: Raue, dröhnende Sounds bilden das Fundament für einen trauernden Chorgesang, der in den ersten Minuten von „Necropolis“ ein molllastiges Mantra anstimmt, das an ein Requiem erinnert. Gut kann man sich den Eingang zur besungenen Totenstadt wie das Tor der viktorianischen Waterloo Station im Herzen Londons vorstellen, die in Dunkel getaucht das Cover des neuen Albums ziert und dabei so bedrohlich wie ein Geisterhaus auf den Betrachter herabblickt. Diese Weiterlesen