Taucht man etwas tiefer ein in die Geschichte der experimentellen Musik Perus, dann taucht neben Arturo Ruiz del Pozo, Manongo Mujica und Luis David Aguilar auch immer wieder der Name Miguel Flores auf. Ursprünglich vom Rock herkommend und Mitglied mehrerer Bands aus dem Großraum Lima wandte Flores sich Ende der 70er abstrakteren Soundscapes zu, von denen er ein riesiges Archiv anlegte, aus dem sich einige Konzertauftritte speisten. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Reviews
MATTEO UGGERI: The Next Wait
Zu den vielen Impulsen, eine künstlerische oder musikalische Arbeit zu erschaffen gehören – natürlich – auch persönliche Erfahrungen und intensiv erlebte Abschnitte der Biografie, auch wenn dies nicht immer bewusst vonstatten geht und zur Programmatik erhoben wird wie im Fall von Matteo Uggeri. Der Musiker, den viele unserer Leser von seiner Band Sparkle in Grey und deren Kollaboration mit Controlled Bleeding kennen, verarbeitet auf “The Next Wait” die Zeit unmittelbar vor Weiterlesen
RUFUS WAINWRIGHT: Come A Little Bit Closer 7″
Viele lernten den aus einer kanadischen Musikerfamilie stammenden und doch wie wenige andere Songwriter der heutigen Zeit das liberale New York verkörpernden Rufus Wainwright über seine beiden “Want”-Alben kennen und haben ihn daher als Mann der üppigen und zum Teil orchestralen Arrangements auf dem Schirm. Mit dem Album “Songs for Lulu”, bei dem er sich wie in einigen Konzerten ohne weitere Instrumentierung nur an Klavier und Gitarre begleitete, zeigte er ebenso ein Geschick für auf’s Wesentlichste reduzierte Settings. Weiterlesen
SHALLOW WATERS: The Sleepwalkers
Inmitten der Transgression über alles liebenden Power Electronics-Szene situierte sich das aus der Lovecraft-Heimatstadt Providence kommende Duo Shallow Waters eindeutig in einem linken, anarchistischen Kontext. Ihr 2008 auf Hospital Productions erschienenes Langzeitdebüt „Equal Eyes“ präsentierte in Artwork und Texten die USA als Land, das noch immer von Jim Crow und dem Vietnamkrieg, dem vielleicht zusammen mit 9/11 noch immer größten Trauma der USA, geprägt war. Weiterlesen
DIE GEHIRNE: Ihre Großen Erfolge 1983-85
1986 veröffentlichten die Karl-Marx-Städter Claus Löser und Florian Merkel alias Die Gehirne ihre MC “Ihre Großen Erfolge 1983-85″ mit insgesamt 34 oft sehr kurzen, kratzig-rumpelnden, wütenden, morbiden, schalkhaft-skurrilen Art Punk-Hits aus den zurückliegenden Jahren, aufgenommen im Kinderzimmer und herausgebracht in 35er Auflage. Dies diente damals mehr dem Austausch mit anderen Musikern, doch unbedeutend waren die beiden, an deren Weiterlesen
CLAUDIO ROCCHETTI: Thy Eyes, The Betrayal 7″
Geräusche einer dichtbefahrenen Straße bilden den Auftakt einer mysteriösen Szenenfolge, deren Richtung merkwürdig unklar bleibt. Auf Claudio Rocchettis Single “Thy Eyes, The Betrayal” entstehen bewegte Bilder in verschwommenem Halbdunkel, in der hier und da ein Sprachfetzen, eine Hupe und das Bellen eines Hundes dringt. Doch die Stimme einer Erzählerin lässt in klarem, fast heiterem Französisch aus dem Off anklingen, dass der Hörer sich auf einem Gang durch das Weiterlesen
LEONARD COHEN: Thanks For the Dance
Oftmals wird mit dem Nachlass von Künstlern bestenfalls nachlässig, häufig aber fahrlässig umgegangen: Es wird sich noch zeigen, wie nach den ersten Veröffentlichungen weiter mit Prince’ gigantischem Archiv verfahren wird, über eine ganze Reihe von Coil-Tonträgern der letzten Zeit bette man besser den Mantel des (Ver-)Schweigens. Weiterlesen
SKY BURIAL: The Forcing Season
Als Sky Burial vor gut einem Jahrzehnt auf der Bildfläche erschien, wurde das Projekt von vielen als Ableger von Fire in the Head angesehen, mit dem der rastlose Michael Page seine Power Noise-Routine eine ambientere, spirituellere und experimentierfreudigere Seite anbeizustellen gedachte. Sechzehn Releases und einige Kollaborationen später ist das nach einer in vielen asiatischen Kulturen gängigen Bestattungsart benannte Projekt aus dem Weiterlesen
MALEEM MAHMOUD GHANIA WITH PHAROAH SANDERS: The Trance of Seven Colors
Im Frühjahr 1994 reisten Bill Laswell und der Saxophonist Pharoah Sanders ins marokkanische Essaouira, um einen der berühmtesten Musiker des Landes bei einer rituellen Performance aufzunehmen. Es handelte sich um Maleem Mahmoud Ghania, ein Virtuose an der Guimbri, einer dreisaitigen Kastenhalslaute, und Meister der Gnawa-Musik. Diese wurde in der Neuzeit von Sklaven aus Westafrika in den Maghreb gebracht und wird bis heute von deren Nachfahren, die meist Weiterlesen
BLACK LESBIAN FISHERMEN: The Metaphysics of Natron
Es gibt Musik, deren geheimnisvolles, mitunter okkultes Charisma daher rührt, dass sie wenig von sich preisgibt und sich ausgesprochen kryptisch und reduziert zeigt. Ohne den vielen gelungenen Beispielen dafür unrecht tun zu wollen, muss man sagen, dass diese Masche mittlerweile schon etwas zu gängig ist und außerdem leicht umzusetzen, wenn die Ansprüche dabei nicht allzu hoch sind. Die in Athen und auf der benachtbarten Insel Euböa ansässigen Black Lesbian Fishermen, trotz des Ortes im Namen eine Weiterlesen
COLIN SELF: Orphans
Seit den 90ern, erstrecht aber im neuen Jahrtausend gehört Musik, die sich retro- (oder wie man heute lieber sagt: vintage-)artig auf eine frühere Popära bezieht, zum musikgeschichtlichen Alltag. Hier und da kommt es durchaus vor, dass eine Platte dabei alles offenkundig Projektive abstreift, und wenn man sie nicht gleich für ein betagtes Original hält, könnte man sie sich zumindest in der entsprechenden Epoche vorstellen und überlegt, wie das Publikum damals vielleicht darauf reagiert hätte. Weiterlesen
KA BAIRD: Respires
Ka Baird ist nach ihrem Umzug nach New York neben ihrer Arbeit mit Spires That In The Sunset Rise zahlreiche Kollaborationen mit anderen Künstlern und Künstlerinnen eingegangen, die irgendwo in einem weiten Spannungsfeld von Ambient, Jazz, Soundscapes, im weitesten Sinne Experiment, zu verorten waren. Dabei rückten im verstärkten Maße Blasinstrumente ins Klangzentrum Weiterlesen
Ô PARADIS: Verlo Pasar 1999-2019
Als kurz nach der Jahrtausendwende erstmals der Namen Ô Paradis auch außerhalb Kataloniens die Runde machte und ein paar Handvoll Leser kleiner Musikmagazine sich die Alben “Ensueños” und “Reinos” zulegten, konnte man kaum mutmaßen, wohin die Reise des am Fuße der Pyrenäen, etwa eine halbe Stunde nordöstlich von Barcelona lebenden Demian Recio gehen sollte, und v.a. wie lang sie sein würde. Jedem auch nur einigermaßen sensitiven Hörer war klar, dass in den Weiterlesen
9T Antiope: Grimace
Als die beiden Lärmdröhner 9T Antiope vor einigen Monaten in einem Interview sagten, sie könnten keine Optimisten sein, musste man nur in ihr gerade erschienenes Tape “Nocebo” reinhören, um ihnen angesichts der mal explosiven, mal niederdrückenden Brachialität und des desolat wirkenden Textvortrags zu glauben. Selbst die latent sakrale Komponente, die sich hier und da in Samples und dem sermonartigen Ton mancher Vocals offenbart, brachte kaum Licht in die Weiterlesen
DANS LES ARBRES: Volatile
Auf ihrem vierten Album hat das aus Xavier Charles (Klarinette), Christian Wallumrod (Piano), Ivar Grydeland (Gitarre) und Ingar Zach (Percussion) bestehende Quartett Dans Les Arbres ein Werk geschaffen, in das zwei Geschichten verwoben sind, die sich separat erzählen lassen, und die sich doch an jeder Stelle miteinander verbinden und sich gegenseitig hervorbringen. Weiterlesen
HERMETIC BROTHERHOOD OF LUX-OR: Sex and Dead Cities
Wer wie die meisten Auswärtigen die Insel Sardinien aus einem eher touristischen Blickwinkel kennt, denkt sicher zuerst an Sandstrände, felsige Buchten, Ichnusa-Bier und malerische Küstenstädte wie Palau. Wer sich jedoch ins Landesinnere begibt und etwas abseits der üblichen Reiserouten umsieht, wird feststellen, dass die Mittelmeerinsel auch eine räudige Seite hat, in der unverkitschbare Archaik mit trostlosen Ruinen des Industriezeitalters eine Weiterlesen
ERNEST HOOD: Neighborhoods
Erinnerungen an vergangene Zeiten haben oft eine stark sinnliche Komponente und werden durch Düfte, Bilder und Sounds angeregt, und es bedarf einer gewissen Eindringlichkeit, Erinnerungen im künstlerischen Medium so zu transportieren, dass sie starke Vorstellungen beim Publikum evozieren. Ernest Hood, von Haus aus Jazzgitarrist und zugleich ein Pionier in der Arbeit mit Field Recordings, hat Mitte der 70er, als die USA gerade die 50er Jahre als Weiterlesen
9T ANTIOPE: Nocebo
Jeder weiß, was ein Placebo-Effekt ist, doch weniger bekannt ist, dass es diesen auch in einer negativen Ausprägung gibt. Mediziner sprechen dann von einem Nocebo-Effekt, wenn der Glaube eines Patienten an die Wirkungslosigkeit einer Behandlung so stark ist, dass die erhoffte Wirkung tatsächlich ganz oder in Teilen ausbleibt. In manchen Fällen von Resignation, die eine Begleiterscheinung vieler schwerer Krankheiten oder Verletzungen ist, kann dieser Zweifel geradezu intendiert sein. Weiterlesen
BLIND CAVE SALAMANDER: The Svalbard Suite
Die norwegische Inselgruppe Svalbard, die hierzulande als Spitzbergen bekannt ist, liegt in etwa in der Mitte zwischen Nordkap und Nordpol und ist die nördlichste der bewohnten Inseln Europas. Trotz ihres unwirtlichen Charakters ist sie bei Touristen, v.a. bei betuchten Kreuzfahrern beliebt, und wer sich entsprechend umschaut, stößt schnell auf allerhand liebenswürdige Stereotypen: Kühlschrank Europas, mehr Eisbären als Menschen, sterben verboten u.s.w. Das Archipel hat aber auch Weiterlesen