Dass Sudden Infant bereits seit einigen Jahren vom Soloprojekt zum Trio mutiert sind, ist Lesern unserer Seiten sicher bekannt, auch dass dieser Wandel wie zu erwarten mit einer musikalischen Veränderung einherging. Alle Zeichen stehen nun seit Jahren nicht nur indirekt auf Punk in seinen verspieltesten Formen, was auf gewisse Weise den Bogen zur Vorgeschichte schlägt, denn genau das war die Musik, die bei Gründer Joke Lanz früher mehr als so manches andere die Weichen stellte. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Reviews
MARANATA: Dry Lungs
HÜMA UTKU: The Psychologist
Wenn in “The Psychologist”, dem neuen Longplayer der Komponistin und Producerin Hüma Utku, eines schon in den ersten Minuten deutlich wird, dann dass die einzelnen Stücke keinen Schauplatz haben, sondern in ihrer wechselvollen Dynamik viel eher in steter Bewegung zwischen den Orten zuhause sind. Aus einem eher rauen, griffigen Dröhnen, das den Weiterlesen
COIL: Musick To Play In The Dark²
Ein gutes Jahr nachdem Dais Records „Musick To Play In The Dark“ wiederveröffentlicht haben, wird nun ein weiteres zentrales Album des imposanten Coil’schen Spätwerks wieder verfügbar gemacht. Die in „England’s Hidden Reverse“ nachzulesende Einschätzung David Keenans, der zweite Teil der „Musick To Play In The Dark“-Serie „feels like an afterthought“ geht m. E. total an der Sache vorbei, Weiterlesen
MAI MAI MAI: Rimorso
Als der Römer Toni Cutrone vor ungefähr zehn Jahren sein Projekt Mai Mai Mai startete, taten ihm einige Unrecht, indem sie die ersten musikalischen Lebenszeichen, allem voran das Debüt “Theta”, als kurzlebigen Abklatsch angesagter Musikmoden wie Chillwave abtaten. In den folgenden Alben, die in regelmäßigen Intervallen die Studiotore verließen, konnte er nicht nur ein kreatives Händchen für feinsinnige Kompositionen und ein Weiterlesen
ANGEL-HO: Death Becomes Her
Wenn Angel-Ho im Titel des vorliegenden Albums vom Tod spricht, der ihr “gut stehe”, dann ist mit “ihr” nach eigener Angabe wohl das alte Selbst gemeint, das einer neuen Identität geopfert werden muss, bei der es keine klaren geschlechtlichen oder auch nationalen Grenzen mehr gibt. “Death Becomes Her” scheint in diesem Sinne Ritual und Protokoll einer Transformation zu sein, denn in dem verqueren Popalbum, dessen Songs von Takt zu Takt, Sound zu Sound, Dissonanz zu Dissonanz springen, steht kein Stein auf dem anderen, alles ist im permantenten Zustand des Wandels begriffen. Weiterlesen
KEELEY FORSYTH: Limbs
Als die britische Schauspielerin Keeley Forsyth vor zwei Jahren ihr Debütalbum „Debris“ veröffentlichte, war das eine beeindruckende emotionale Tour de Force, sie selbst sprach davon, dass ihre Stücke “like blocks of metal that drop from the sky” seien. War bei „ Debris“ der Titel Programm, war es „a path through darkness“, ist es nicht so, dass der Zweitling mit dem ins Cover ragenden Unterarm entspannter sei, meinte Forsyth doch in einem kürzlich veröffentlichten Interview, es handele sich bei den zwei Alben um „two different acts of the same thing“. Weiterlesen
AUTOPSIA: In Vivo
In Kreisen, in denen man den Industrial und all seine Folgeerscheinungen schätzt, gilt die im Jugoslawien der 80er in Erscheinung getretene Gruppe Autopsia durchaus als respektable Größe, gleichwohl ihr Ausnahmecharakter viel zu selten hervorgehoben wird. Im Autopsia-Kosmos, über dessen Ursprünge wenig bekannt ist und der schon seit den späten 70ern existieren soll, überlappten sich schon früh rhythmische, rituelle, martialische und klassikaffine Ausprägungen (post-)industrieller Musik, und das nicht im Sinne bloß vorläuferhafter Strukturen. Weiterlesen
ERYCK ABECASSIS: Empty The Earth Vampire Pool
Fast lakonisch kündigt Eryck Abecassis sein (immer noch einigermaßen) aktuelles Album an. Fünf neue Tracks, spärlich zusammengehalten durch die Erinnerung an seine frühen Jahre als Fotograf. Alles entstand vor etwas über einem Jahr im digitalen Alleingang, kein Labelmanager wurde im Zuge der Veröffentlichung belästigt oder sonstwie in Mitleidenschaft gezogen. Weiterlesen
IZ: Kөlêngkê
Es ist immer erfreulich, wenn die Vermischung alter, traditioneller Musik mit eher lärmigen Sounds nicht in einem heillosen Mischmasch endet. In den gelungensten Fällen, wenn folkiger Akustiksound und räudige Krachbeigaben gut ineinander greifen, entstehen Arbeiten, die alten Stilen neues Leben einhauchen. Rituelle Musik, bei der archaische Instrumente mit industriell konnotiertem Metallscheppern zusammentreffen, ist dafür ein gutes Experimentierfeld. Weiterlesen
RG ROUGH: Blues
Wie klingt eine Musik, die sich beim “Kulturgut” einer anderen Ära bedient und dabei einen großen Respekt vor dem verwendeten Material und der entsprechenden Tradition zum Ausdruck bringt? Alle, die auf einer Pinnwand aufgespießte Schmetterlinge für den Gipfel der Naturverbundenheit halten, denken jetzt wahrscheinlich an “originalgetreue” Interpretationen alter Songs, nur klanglich aufgehübscht durch die technischen Möglichkeiten unserer Zeit. RG Rough, Gitarrist auf psychedelisch-krautigen und noisig-experimentellen Abwegen, ist zum Glück ein weit weniger musealer Geist und Weiterlesen
NINA GUO / AUGUSTÈ VICKUNAITÉ: A thing is a thing but you can’t really understand how far away it is from you
Nina Guo und Augustė Vickunaitė improvisieren zusammen, wie es lakonisch von Seiten des Labels heißt, und holen dabei einiges aus den Medien ihrer Wahl – Stimme und Sprache sowie Tapeloops und Glitches – heraus, um eine verspielte, hörspielartige Soundcollage auf die Beine zu stellen. Beim Stichwort verspielt Weiterlesen
NIKOLAS SCHRECK: Berlinoir
“Ladies and Gentlemen, welcome to the Berlinoir, the drinks are cold and the band is red hot! Please sit back and relax and let the dancers sway all your troubles away” – so sagt eine laszive Frauenstimme mit charmantem Akzent Nikolas Schrecks zweiten Solo-Longplayer an, und nicht nur die Swingmusik und die Bargeräusche im Hintergrund legen nahe, dass Berlinoir nicht so sehr das Berlin der schwarzgewandeten Clubnächte ist, sondern das einer anderen Zeit, die Weiterlesen
CURRENT 93: If A City Is Set Upon A Hill
Das neue Current 93-Album verweist mit dem auf den ersten Blick untypischen Fliesen-Artwork, auf denen der Mord Kains an Abel dargestellt ist, auf Current 93s „Rockalbum“ „Aleph At Hallucinatory Mountain“, auf dem es hieß: „In the beginning was the murderer“. Musikalisch-personell knüpft es stark an das 2018 erschienene Album „The Light Is Leaving Us All“ an, wurde „If A City Is Set Upon A Hill“ doch in fast der gleichen Besetzung aufgenommen Weiterlesen
MY BELOVED: Tarnish
Ein solides Set an Instrumenten, das sich erst einmal der Reihe nach vorstellt, kann einem Album einen langweiligen Auftakt bescheren oder aber, wenn Spannungsmomente ausreichend vorhanden sind, die Neugierigen ködern. So ist es in “Tarnish”, dem sechsten Album der Band My Beloved, dessen atmosphärisches Gitarrenspiel gleich zu Beginn ein nächtliches Setting entstehen lässt. Gemächliche, aber Weiterlesen
RENDEECE: Endgame
Rendeece ist ein griechischer Soundartist aus der Region Epirus, der schon einige Arbeiten vorzuweisen hat und in seinem Land entsprechend von sich reden macht. Hierzulande ist bislang wenig von ihm bekannt, und dass uns sein aktuelles Album “Endgame” erreichte, hat damit zu tun, dass regelmäßige Gäste unserer Seiten – die zur Hälfte in Giechenland beheimateten Temple Music – darauf mit einem Remix vertreten sind. Der Künstler stand bereits Weiterlesen
ŠIROM: A Universe that Roasts Blossoms for a Horse
Die drei Slovenen von Širom nennen ihre Musik “Imaginary Folk”, was vielleicht auf die hybride Natur ihrer Aufnahmen und der zugrundeliegenden Einflüsse anspielt, unter denen die eigene regionale Tradition schon von der Instrumentierung her nur ein Mosaikstein unter vielen anderen ist. Was die zahlreichen Stilelemente und Gangarten ihrer Songs vor dem Auseinanderfallen bewahrt, ist ein Zug der Konzentration, eine Präzision und Abgestimmtheit, die sich wie ein unsichtbares Gerüst durch all ihre Arbeiten zieht. Weiterlesen
CEDRIK FERMONT: Détails
Cedrik Fermont, Gründer von Syrphe Records und bekannt von zahlreichen Releases u.a. mit seinem Projekt Axiom, hat mit “Détails” ein überwiegend akustisches Album aufgenommen, bei dem klassische Instrumente und Zweckentfremdes unterschiedlicher Art die Quelle für die meisten Klänge darstellen. Ein erster Hördurchgang hat etwas von einem zaghaften Gang durch eine Folge von Weiterlesen
SHARIF SEHNAOUI: Recoil/Relent
Lange, improvisierte Solostücke auf der akustischen Gitarre und das ganz ohne technisches Beiwerk – man vermutet solcherlei vielleicht am Ursprung der Laufbahn eines jeden Gitarristen. Im Werk des seit den 90ern aktiven libanesischen Improv-Gitarristen Sharif Sehnaoui spielten solche vermeintlich einfachen Alleingänge zunächst kaum eine Rolle, denn soundbezogenes Equipment gehörte bislang immer dazu und meist auch Kollaborateure in unterschiedlicher Zahl. Weiterlesen