Wie könnte man sich eine Musik vorstellen, die sich unter einem Titel wie “Disincarnazione”, also Entkörperung oder Entfleischlichung präsentiert? Wahrscheinlich würden sich viele zuerst eine fast schon ätherische Musik vorstellen, weit entfernt von jeder wirklich griffigen Materialität, die ähnlich einem kaum spürbar Duft v.a. ihr eigenes Verschwinden illustriert. Eventuell würden einige auch auf eine Musik kommen, die sich in Weiterlesen
AN EAGLE IN YOUR MIND: Intersection
Wahrscheinlich ranken sich um alle Bands kleinere oder größere Legenden. Die von An Eagle In Your Mind besagt, dass Sophia Djebel Rose und Raoul Eden das Duo irgendwo zwischen den Orten in einem Tourbus aus der Taufe gehoben und das Fahrzeug dann gleich zum Studio umgebaut haben. Schön und zugleich passend ist diese Geschichte auch deshalb, weil der Charme des Weitgereisten und des Auslotens neu entdeckter Weiterlesen
CRASH AT EVERY SPEED: Out Of Control
Ein Merkmal vieler Künstler, die im Harsh Noise aktiv sind, ist die schier unüberschaubare Zahl an Veröffentlichungen und Seitenprojekten. Die Projektnamen von einem der Väter des Harsh Noise Wall, Richard Ramirez, anfangs primär als Black Leather Jesus aktiv, sind ebenfalls Legion: Black Ritual hat eine, wenig überraschend, rituellere Ausrichtung, in ganzen Serien von Weiterlesen
THE OLD DREAM OF SYMMETRY: Drift EP
Das Ambient- und Drone-Duo The Old Dream Of Symmetry wurde 2010 von dem Neuseeländer Will Gresson, der sich seit einiger Zeit in Europa aufhielt und noch in Bandprojekte wie Fausto Majistral involviert war, als Soloprojekt konzipiert. TODOS, so die gängige Abkürzung, die sich gut für ein Wortspiel eignet, war aber ebenfalls offen für Kollaborationen, wobei sich v.a. die Zusammenarbeit mit Weiterlesen
Ich hatte das Gefühl, dass die Stadt Zeuge einer Gewalt war, die niemand erwähnen wollte. Interview mit Mayssa Jallad
Anfang des Jahres erschien das erste Soloalbum der libanesischen Sängerin, Musikerin und Architektin Mayssa Jallad, die zuvor bei der Band Safar und in einigen weiteren Konstellationen in Erscheinung getreten ist. Das international mit großem Interesse rezipierte “Marjaa: The Battle of the Hotels” erzählt in melancholischen Folksongs und ebenso in zerfledderten Eruptionen die Geschichte des Hotel District im Zentrum Beiruts, das zu Beginn des libanesischen Bürgerkriegs Schauplatz und zugleich Akteur wesentlicher Weiterlesen
ABBILDUNGEN VARIETÉ: s/t
Zu den Gruppen aus den Ländern jenseits des eisernen Vorhangs, die in unseren Breiten gerne mit dem Stempel “obskur” versehen wurden, zählte auch das in den frühen 80ern im slowenischen Maribor gegründete Kollektiv mit dem irgendwie perfekt in die Zeit passenden Namen Abbildungen Varieté. Die Band um den Multimediakünstler Igor Zupe, der später auch mit Visuals für seine Landsleute Laibach von sich reden machte, brachte 1983 ein selbstbetiteltes Tape heraus, das überwiegend Weiterlesen
CLANG QUARTET: A Slow Death For The Peacemaker
Scotty Irving hat Schlagzeug u.a. für Eugene Chadbourne gespielt, als Clang Quartet macht er seit Jahren eine spannende Mischung aus perkussiven Elementen und Noise, erinnert manchmal etwas an Z’EV. Seine Auftritte enthielten durchaus Elemente von Performance Art. Irving tritt inzwischen nicht mehr auf, weil er sich auf das Aufnehmen neuer Stücke konzentriert. Weiterlesen
WALKER PHILLIPS: God’s Eye
2018 erschien Walker Phillips’ Debüt „My Love Sunday“, ein Album, dem wir hier attestierten: „Plötzlich taucht scheinbar aus dem Nichts ein grandioses Album auf, das völlig aus der Zeit gefallen zu sein scheint: Walker Phillips schaut auf dem Cover als melancholischer Hippie so aus, als sei mit einer Zeitmaschine aus dem Haight- Ashbury der 60er gekommen – vielleicht hat er aber auch gerade bei Lord Summerisle vorbeigeschaut. Weiterlesen
ÚATH: s/t
Als ich zum ersten Mal das Debütalbum von Úath hörte, hatte ich die ganze Zeit die Assoziation, dass es hier um eine Schöpfungsgeschichte geht, um das gewaltsame Entstehen von etwas Großem. Dass der Bandname in einer alten Variante des Irischen allerdings so etwas wie Furcht oder Angst bedeutet, tat diesen Eindruck keinen Abbruch, denn das Erwachen einer Form aus einem chaotischen Urgrund kann sich oft wie Weiterlesen
SERGIO CALDERÓN / CÉLI LEE: The Beginnings (Part I.)
Sergio Calderón und Céli Lee, deren gemeinsame Arbeiten neben der Musik noch weitere Medien (Gemälde, Zeichnungen, Texte) umfassen, erfinden ihre künstlerische Vision stets neu, auch wenn es einige Konstanten gibt. Ihre Aufnahmen, die fast immer den Charme schummriger ambienter Nachtstücke haben, basieren auf einer Mischung elektronischer und akustischer Klangquellen und bewahren sich immer ein Minimum an Groove, das je nach Weiterlesen
NONCONNAH: Unicorn Family
Das aus dem Projekt Lost Trail hervorgegangene Duo Nonconnah ist auf diesen Seiten schon öfter Thema gewesen. Man mag in der Musik Nonconnahs Rudimente von Drone, Post Rock und Shoegaze finden, aber auf zahlreichen Veröffentlichungen haben Zachary und Denny Corsa letztlich eine ganz eigene, Genre sprengende und kaum kategorisierbare verrauscht-entrückte Musik gespielt – sich selbst betitelte man als „dronegaze collective“, das „damaged hymns from the broken Mid-South“ spiele. Weiterlesen
V.A.: Spectrum
Im Vergleich zu den ausgehendenn Dekaden des 20. Jahrhunderts besteht heute eine relativ große Aufmerksamkeit gegenüber den unter dem Begriff Autismus zusammengefassten psychischen Entwicklungsstörungen. Die unter diesem Begriff gefassten Phänomene reichen von milden Formen – dem sogenannten Asperger-Syndrom, von dem heute nicht mehr alle Fachleute sprechen – und Formen mit weitaus größerem Einschränkungspotenzial, beispielsweise dem frühkindlichen Autismus oder Kanner-Syndrom. Weiterlesen
LANGHAM RESEARCH CENTRE / JOHN BUTCHER: Six Hands At An Open Door
“Sounds are searching for sense” lautet eine der treffenden Beschreibungen, mit der das Label Persistence of Sound die gemeinsamen Aufnahmen der Hauscombo Langham Research Centre, das diesmal nur aus Iain Chambers und Robert Worby besteht, und dem Saxophonisten John Butcher zu charakterisieren versucht. Das aus der Zusammenarbeit hervorgegangene Album “Six Hands At An Open Door” hat mit einem Weiterlesen
ELIJAH’S MANTLE: Psalms Of Persuasion
Mark Ellis hat in seinen klassischen Elijah’s Mantle-Alben der 90er eine ganze Reihe an thematischen Bezügen verarbeitet. Da waren esoterische Motive, oft gnostischen Ursprungs oder aus dem Kanon der mystischen Strömungen verschiedener Religionen, von denen oft markante Zitate mantraartig wiederholt und von wuchtiger, orchestral anmutender Musik, die zugleich einen rituellen Charakter hatte, untermalt wurden. Daneben gab es mythologische Bezüge, die sich damit Weiterlesen
GREEN TEA: Snowblower
Wenn Künstler auf andere Medien verweisen, etwa die Bezugnahme von Musikern auf Literatur, so gibt es oft scheinbar natürliche Affinitäten, findet sich ein Verweis auf Weird Fiction häufig z.B. im Bereich des (Weird) Folk – gerade vielleicht auch durch die Popularisierung von Folk Horror – oder etwa im Dark Ambient – wenn man sich exemplarisch anschaut, welchen von Lovecrafts Entitäten Cryo Chamber Compilations gewidmet hat (etwa hier). Weiterlesen
MATT ELLIOTT: The End of Time
Zeit ist im Werk von Matt Elliot auf eine gewisse Weise immer ein Thema gewesen. Sein neues Album benennt er nach dem Ende der Tage, doch mit dem von ihm selbst gespielten Saxophon als neuem Element hat es auch etwas von einem Neubeginn. Weiterlesen
TWELVE THOUSAND DAYS: The Boatman On The Downs
In der griechischen Mythologie ist Charon der Seelenführer, der als Fährmann der Unterwelt die Seelen derer, denen Bestattungsriten gegeben wurden, über die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und der Toten, die Flüsse Acheron und Styx geleitet. Als Symbol für den Übergang zwischen zwei unterschiedlichen Dimensionen, mögen sie räumlich, zeitlich oder anders geartet sein, hat der Fährmann bis heute überlebt, und er prägt auch ganz wesentlich die Symbolik auf dem Weiterlesen
MARCUS VERGETTE: Tintinabulation
2008 begann der Künstler Marcus Vergette, an verschiedenen Küstenorten Grossbritannien Vorrichtungen mit Glocken zu installieren. Die Installationen waren so beschaffen, dass die Bewegung der Gezeiten das Volumen, das Tempo und weitere Eigenschaften der Glockenklänge bestimmten. Diese Arbeiten wurden auch immer wieder als ein künstlerische Statement für Weiterlesen
DEPECHE MODE: Memento Mori
Es mag angesichts der ökonomischen wie gesellschaftlichen Verwerfungen, die die Coronakrise ausgelöst hat, vielleicht etwas geschmacklos wirken, wenn man darauf hinweist, dass dadurch zum ersten Mal Depeche Modes üblicher Vierjahresrhythmus von neuem Album,Tour und anschließender Pause unterbrochen wurde. Dass „Memento Mori“ nach dem Tode Andrew Fletchers zudem das erste Album als Duo werden würde, war zu Beginn der Arbeiten an den Songs und am Konzept noch nicht klar. Weiterlesen