TEMPLE MUSIC: Soon You Will All Die And Your Lives Will Have Been As Nothing

Selten wurde ein Thema wie die Vergänglichkeit mit derart drastischen Worten umrissen wie auf dem vorliegenden Album von Temple Music, einer englischen Psychfolk-Combo, zu deren Nukleus der an vielen Instrumenten bewanderte Alan Trench zählt. Seit den Neunzigern spielt er mit seiner anderen Band Orchis eine Folkmusik, die sperrig und geschmeidig zugleich ist, und betreibt mit Cryptanthus eines der interessantesten Undergroundlabels der britischen Inseln. Temple Music ist sein Projekt mit Stephen Robinson und wechselnden Gästen. Hier gibt man sich strukturell ausladender und konzeptuell zum Teil recht radikal. Weiterlesen

OTHON: Impermanence

Drei Jahre nachdem Othon Mataragas sein Debüt „Digital Angel“ auf David Tibets Label Durtro veröffentlichte, folgt mit „Impermanence“ der schon länger angekündigte Nachfolger. Zwei der Sänger, die das Debüt entscheidend (mit)prägten – Ernesto Tomasini und Marc Almond -, spielen auch auf dem neuen Album eine zentrale Rolle. Vor einigen Monaten kündige Othon an, dass seine künftigen Werke alle unter dem Motto „PAN muzik“ stünden, dabei äußerte er sich jüngst in einem Interview mit dem Magazin Exeunt zum gewählten Begriff: „Pan transcends all styles and limitations. Weiterlesen

USHER/WEHWALT/ZREEN TOYZ: Le Chrysaor Paraphile

Im buchstäblichen Sinne bedeutet Paraphilie die Liebe zum Abseitigen in jeder Form. Schon in dem Sinne haben die drei französischen Elektroakustiker Wehwalt, Usher und Zreen Toyz den passenden Sound gefunden, denn „Le Crysaor Paraphile“, ein Gebilde zwischen Album und Compilation, bietet eine satte Folge von verdichteten Klängen, die zu einer trügerischen Schönheit manipuliert wurden. Die Schrägheit des Ganzen wird jedoch nur an der Oberfläche kaschiert. Weiterlesen

KATE BUSH: 50 Words for Snow

Sieht man sich heute das Video zu „Wuthering Heights“ an, Kate Bushs Debut-Erfolg der späten Siebziger, steht man vor einem Rätsel. Die junge Sängerin, äußerst kreativ geschminkt, hüpft mit kindlich aufgerissenen Rehaugen, ausdrucksvoll die Arme schwenkend, über eine englische Weide, gehüllt in ein knallrotes Flatterkleid, das sie wohl zum potentiellen Zielobjekt sämtlicher in der Nähe grasender Stiere macht. Dann beginnt sie auch noch, im jugendlich überspannten Quetschsopran die Namen der Protagonisten aus Emily Brontes berühmtem viktorianischen Roman in den Wind zu rufen. Weiterlesen

BALLO DELLE CASTAGNE: Kalachakra

Ballo Delle Castagne traten erstmals vor drei Jahren als Supergroup in Erscheinung, in der Mitglieder diverser italienischer Folkbands zeigten, dass sie auch laute und rauschhafte Musik machen können. Psychedelic hat in den letzten Jahren so mancher Folkkapelle aus der kreativen Sackgasse geholfen, aber das besondere an den vier Italienern unter dem Zeichen der Kastanienkugel ist der punkige Drive, den sie der Musik dabei verpassten. Weiterlesen

BIRDENGINE: The Crooked Mile

Mit Thomas Bernhards Worten könnte man sagen, dass Laury J. Tilbury alias Birdengine am ehesten zwischen den Orten zuhause ist. Das ist zunächst ganz buchstäblich gemeint, denn der aus Südengland stammende Musiker ist auch geografisch ein Reisender. Zur Zeit hält er sich in Thailand auf, frühere Stationen waren die Champagne und Berlin, wo er im Dunstkreis von Woodland Recordings aktiv war. Aber auch musikalisch ist der experimentierfreudige Brite gerne in unterschiedlichsten Regionen unterwegs. Er wird leicht grantig, wenn man seine Musik zu nah am Folk verortet, sieht sich als Popper, der mit Klampfe und Tiermetaphern im Gepäck den perfekten Song sucht. Dunkle, krachige Tapeloops sind ein ebenso beliebtes Experimentierfeld, und zwischen all diesen Orten bildet Birdengine ein ganz eigenes Fleckchen Land. Weiterlesen

BURIAL HEX: In Psychic Defense

Clay Ruby und seine Begräbnishexe sind sowohl als Einzelerscheinung als auch im Rahmen eines größeren kreativen Biotops interessant. Zuallererst muss man hervorheben, dass sein Verständnis von Noise kaum in bekannte Kategorien passt, ganz egal, wie man nun selbst zu seiner speziellen Art von „Horror Electronics“ steht, die doomig-ambiente Schwere mit der schmutzigen Abgründigkeit des Powernoise kombiniert und doch mehr ist als die Summe seiner Teile. Das kreative Substrat, das vor einem knappen Jahrzehnt zwischen Madison und Chicago entstand Weiterlesen

STONE BREATH/MIKE SEED WITH THE LANGUAGE OF LIGHT: The Aetheric Lamp

Before the many, there were the few“ schreibt Jeanette Leech in Seasons They Change – ihrer Abhandlung über die Geschichte des Acid- und Psychedelicfolk – im Kapitel, das sich den drei Bands widmet, die lange bevor Free/Weird/Wyrdfolk ein Thema der Mainstreammedien werden sollte, Musik spielten, die von der Incredible String Band und Comus beeinflusst war, nämlich Stone Breath, In Gowan Ring und The Iditarod. B’ee hat sich nach vier Alben als In Gowan Ring mit Birch Book stärker am amerikanischen Folk orientiert und drei hervorragende Alben veröffentlicht, wird aber immer noch primär von denen rezipiert, Weiterlesen

SEWN LEATHER: Sikknastafari Slash Crasstafari

Über Sewn Leather ist hierzulande bisher nur wenig berichtet worden, und es wäre problematisch, die Musik des im Nordwesten der USA lebenden Griffin Pyn als Rhythm Noise vorzustellen, auch wenn Rhythmik und verzerrter Analogsound zu den Hauptmerkmalen seines Outputs zählen. Zu sehr wurde die einst durch Gruppen wie Esplendor Geometrico zur Popart verklärte schöne Maschine zum Klischee ihrer selbst. Und nachdem nunmehr auch das Markenzeichen Postpunk nur noch Assoziationen zur zweihundertsten Joy Division-Gedächtnisband weckt, sollte man auch mit diesem Label vorsichtig umgehen. Weiterlesen