NATURE AND ORGANISATION: Snow Leopard Messiah

Um den Werdegang von Michael Cashmore zu verstehen, muss man sich v.a. von der Vorstellung verabschieden, dass der Kopf einer Band oder eines Musikprojektes immer die Person am Mikrophon sein muss. Schon in seiner Zeit bei Current 93 war der Gitarrist weit mehr als ein ausführendes Organ, sondern drückte der Musik seinen unverkennbaren Stempel auf. Seine scheinbar einfachen, in Wirklichkeit aber äußerst feinsinnigen Kompositionen bezeugen eine ganz eigene Handschrift, die man im Vergleich zu Current 93-Alben ohne seine Mitwirkung sofort heraushört. Als in den frühen 90ern vermehrt Tonträger von Cashmores eigenem Projekt Weiterlesen

(r): All About Satan

Der Satan musste schon viele Platten über sich ergehen lassen, einige gute und zahllose schlechte, mitunter ganze Musikgenres, aber ganz sicher ist ihm das ziemlich egal, und ob er sich in einer der Vorstellungen über ihn – einer biblischen, einer mittelalterlichen, einer gegenaufklärerischen oder einer libertären – besonders wiedererkennt, bleibt sein Geheimnis. Es ist heute schwer, ihm ein Album zu widmen, mit dem man nicht abgedroschen wirkt, und genau genommen gibt es nur zwei Wege, dies auf die Beine zu bringen. Der eine besteht darin, alle Weiterlesen

TWILIGHT CIRCUS MEETS EDWARD KA-SPEL: 800 Saints In A Day

Wenn Ryan Moore vom Twilight Circus Dub Sound System mit Edward Ka-Spel ins Studio geht, dann ist dies die Wiederaufnahme einer alten Verbindung, denn Moore spielte bekanntlich fast zwei jahrzehntelang Schlagzeug und Bass bei den Legendary Pink Dots. Mit etwas Fantasie also ist ein Album wie “800 Saints A Day” auch ein Beispiel dafür, wie die Pink Dots heute klingen könnten, wenn Moore nach seiner Hinwendung zum Dub in der Band geblieben und seine Einflüsse eingebracht hätte. Weiterlesen

SYLVAIN CHAUVEAU & ENSEMBLE NOCTURNE: Down To The Bone – An Acoustic Tribute to Depeche Mode

Von allen Popgruppen mit Wurzeln im New Wave haben die Jungs aus der Londoner Trabantenstadt Basildon, die im letzten Schnipsel der 70er als Composition of Sound firmierten und sich kurz darauf in Depeche Mode umbenannten, die vielleicht konstanteste Erfolgsgeschichte hinter sich, und es gibt außerdem wenige, die in den Jahrzehnten ihres Bestehens in aller Harmlosigkeit derart polarisiert haben. In meiner Teenagerzeit, in der sich auch immer wieder Depeche Mode-Platten in meinem Regal einfanden, gab es die einen, die in der Combo fast so etwas wie ein Mysterium dunkler Avantgarde sahen und sich anhörten, als sprächen sie über Weiterlesen

IN GOWAN RING: The Serpent and the Dove

Wenn immer ein neues oder aufgewärmtes Musikphänomen auf der Bildfläche erscheint, gibt es Vorreiter, denen der Ruhm der Popularität verwehrt bleibt, dafür aber die Liebe und Anerkennung dezidierter Anhänger auch über einen Hype hinaus sicher ist. Im Folk und seinen dunklen, psychedelischen Spielarten, der im letzten Jahrzehnt in aller Munde war, ist B’ee eine solche Figur. Mitte der 90er gründete er sein Projekt In Gowan Ring, das einem kleinen, aber graduell wachsenden Kreis an Enthusiasten ein Garant für feinsinnigen entrückten Folk mit mittelalterlichen Einflüssen werden sollte. Mit Weiterlesen

AZAR SWAN: And Blow Us A Kiss

Wenn wir in der letzten Zeit eines vernachlässigt haben, dann die Fraktion der stylischen Kids, die Studios, Clubs und Dachterrassen an Orten wie Brooklyn unsicher machen. Das schließt gelegentliche Ausflüge nicht aus, und der ins Reich von Azar Swan, bei denen Drew McDowall bereits mitmischte und die Hinz und Kunz mit These New Puritans vergleicht, lohnt durchaus – zumal die Band gerade in Europa und somit auch Deutschland unterwegs ist und an ausgewählten Orten bald im Doppelpack mit Spiritual Front zu sehen sein wird. Ihr Debüt ist bereits ein Jahr alt und mittlerweile auch als Remixalbum erhältlich, wir halten uns dennoch ans Original. Weiterlesen

MORTHOUND: Off The Beaten Track The Light Don’t Shine

Betrachtet man die düstere Industrial-Riege der 90er und vergleicht diese mit der gediegenen und nicht selten etwas hippen heutigen Soundart-Szene, die man auf der CTM erleben kann und über die Monat für Monat der Wire berichtet, so kommt man zu dem Schluss, dass es zwischen diesen beiden Subkulturen kaum Berührungspunkte gibt. Dennoch hat Benny Nilsen, der sich mittlerweile BJ nennt, als einer der wenigen den Sprung von der einen in die andere Szene geschafft und tanzt mittlerweile auf beiden Hochzeiten. Sein Projekt Morthound, vor rund zwanzig Jahren einer der klassischen Exponenten des Weiterlesen

JOEL LANE: The Anniversary Of Never

Unter den jüngeren Autoren der weird fiction scheint der 2013 relativ jung verstorbene Joel Lane ein Chronist der Versehrten, ein Archivar des Verlusts zu sein: „Personal loss is an important literary theme and one that I return to quite often“ sagte er in einem Interview, das ich vor zwei Jahren mit ihm führte. Wenn in (s)einem in The Socialist veröffentlichten Text über Noir-Romane Lane davon spricht, dass es sich bei diesen Texten um „literature of despair, paranoia and alienation” handle, dann kann man das zumindest partiell auch als eine Beschreibung seiner Literatur(en) verstehen. Weiterlesen

ALIF: Aynama-Rtama

Man muss viel regelmäßiger Musik aus dem nordafrikanischen und vorderasiatischen Raum hören, um ein Gespür für die Poptauglichkeit des Arabischen zu bekommen. Gesungen und im Kontext einer Musik, die mit westlichen Popkategorien kompatibel ist und trotz Wurzeln in der traditionellen arabischen Musik zu unkitschig ist, um Exotismus zu befriedigen, bekommt die Sprache, die man hierzulande wohl doch meist nur im Vorbeigehen oder in politischen Nachrichten streift, einen ganz anderen Klang. Ihr für westliche Ohren oft etwas abgehackter Rhythmus entfaltet dabei eine ganz eigene Poesie. Eine Band, die sich in der Hinsicht Weiterlesen

STEVE VON TILL: A Life Unto Itself

Ob Drummer oder Gitarrist, jeder zweite Hardcore-Musiker, der nicht in seinen jugendlichen Gewohnheiten festgefahren ist, hat irgendwann das Bedürfnis, langsamer zu spielen und landet dann zielsicher beim Doom – dieses Klischee kursiert gelegentlich in den USA und ist natürlich hochgradig ignorant gegenüber den Ursprüngen des Doom Metal im Blues und psychedelischen Hardrock. Dennoch steckt darin ein Fünkchen Wahrheit insofern, dass ab den 80ern einige Karrieren einen solchen Weg gegangen sind, darüber hinaus verbindet beide Genres ein gewisser Bezug zum Weiterlesen