LIMPE FUCHS / CHRISTOPH HEEMANN / TIMO VAN LUIJK: Maccia Forest

Christoph Heemann ist seit Jahrzehnten aus der Geräuschmusik nicht wegzudenken. Man denke an seine Anfänge mit dem von skurrilem Humor (der von Asmus Tietchens mal als „rheinländisch“ charakterisiert wurde) geprägten Projekt Hirsche Nicht Aufs Sofa, dessen Album „Melchior“ ganz passenderweise auf Steven Stapletons Label United Dairies erschien, an die oft wunderschönen Gitarrendrones, die er mit Mirror veröffentlichte oder an die dichte Elektroakustik von In Camera. Weiterlesen

DONATO EPIRO: Fiume Nero

Ein Debüt ist „Fiume Nero“ nur im allerformalsten Sinne, denn Donato Epiro ist im italienischen Underground kein Unbekannter und auch Leser unserer Seiten sollten den Namen kennen. Er ist Teil des Duos Cannibal Movie, das mit Orgel und Schlagwerk die Geister alter Exploitation-Filme beschwört und zugleich auf die Frage, was ein etwas abgegriffener Begriff wie Psychedelic heute noch bedeuten kann, ein paar interessante, düstere Antworten zur Hand hat. Solo ist Epiro weitaus elektronischer unterwegs und offenbart ein Interesse an harten, entgrenzten Ritualklängen. Einiges davon erscheint seit Weiterlesen

SANGRE DE MUERDAGO / NOVEMTHREE: Braided Paths

Folkmusik kann die unterschiedlichsten Assoziationen hervorrufen oder, wie man heute sagen würde, in die verschiedensten Richtungen „getagt“ sein. Sie kann die kämpferische Haltung eines Protestsongs einnehmen oder wie ein wehmütiges Echo aus einer verklärten Zeit anmuten. Sie kann als verspielte Hippiemusik daherkommen, oder bieder und zugeknöpft, und dann gibt es noch die freien, experimentierfreundigen Varianten mit offenen Grenzen zu Improv und Noise. Es gibt seit den 70ern eine Tradition, die Prog- und Psychedelic-Assoziationen hervorruft und zugleich eine Art bessere Mittelaltermusik abgibt. Als deutschen Klassiker dieser Richtung kann man das Debüt der Weiterlesen

FATIMA AL QADIRI: Asiatisch

Unter Exotismus versteht der gebildete Europäer die romantisierende Verklärung fremder Kulturen. Ob es dabei um Abenteuer, Kitsch oder politische Utopien geht – die fremde Kultur selbst mit all ihren schwer verständlichen Eigenheiten bildet meist nur eine Leinwand, auf die Träumer ihre Ideen einer ansprechenderen Welt projizieren. Ihre Realität rückt dabei nicht wesentlich näher. Im allgemeinen Jargon ist Exotismus ein westliches Phänomen, ihr Objekt nie blond und protestantisch – im Grunde ist er der etwas nettere Zwilling des Kulturchauvinismus. Die Vorstellung, dass er kaum anderswo als in den Weiterlesen

LAURENT PERRIER: Plateforme #1

In den nie endenden Debatten über Formen der Kreativität ist die Frage nach dem künstlerischen Dialog und die damit verbundene Frage nach Eigenständigkeit ein verlässlicher Dauerbrenner. Die großen Theorien dazu, deren Echos ungebrochen kollidieren, wurden freilich vor langer Zeit verfasst. An einem der Pole begegnet einem das lange totgesagte, in Wahrheit aber vital-untote Gespenst des Genies, das seine Alleinstellung auf Talent begründet und wohl auch noch im luftleeren Raum schöpferisch wäre. Dem entgegen steht der Künstler als Aneigner, der sich nicht nur im steten Austausch mit anderen befindet, sondern selbst das Fundament seiner Arbeiten im Rückgriff auf fremde Schöpfungen sieht – sei dies in Form Weiterlesen

ROMA AMOR: On The Wire

Man könnte es sich einfach machen und die Musik von Roma Amor als Chanson oder Folk bezeichnen. Das wäre nicht einmal wirklich falsch, auch wenn der eine Begriff zu speziell, der andere zu allgemein gehalten wäre. Mit ihrem Grundinstrumentarium aus Akordeon und Gitarre und dem leidenschaftlichem Gesang stehen Euski und Michele in einer Tradition, die sich durch das ganze zwanzigste Jahrhundert zieht, bei italienischen Volksliedern beginnt, Abstecher in die Cabarets der 20er und die Music Hall der 60er macht, um irgendwann bei einem frühen Europop zu landen, den schon der Geist des Punk’n'Wave durchweht. Ihre Songs können nett und einschmeichelnd sein, und gefallen zum Teil auch Leuten, die Weiterlesen

NOVÝ SVĚT / SPETTRO FAMILY: Split (7′)

Es ist vielleicht ganz passend, dass Nový Svět sich eine 7′ mit Spettro Family teilen – erst einmal ganz unabhängig von eventuellen musikalischen Querbezügen. Denn in den Jahren nach der Auflösung des österreichischen Duos gab es immer wieder bislang unveröffentlichte Aufnahmen, mal waren es die kurzen, auf englisch gesungenen minimalistischen Folksongs auf „Into Your Skies“, mal die auf drei limitierten Tapes versammelten verrauschten Ambientminuaturen der „Selected Ambient Works“ oder aber die unveröffentlichte, überraschenderweise aus den Sessions zum unveröffentlichten Album „Desde Infiernos De Flores“ stammende Dubstepnummer „Yo No“ auf der kürzlich erschienenen Weiterlesen

ISLAJA: S U U

Eine Platte, die nach dem finnischen Wort für „Mund“ betitelt ist, weckt die verschiedensten Erwartungen – Rezitation, gutes Songwriting, eine markante Stimme, expressiver Gesang. Am wenigesten würde man vermutlich an die groovigen und v.a. körperbetonten Synthiebeats denken, die auf Islajas neuem Longplayer nicht nur ins Ohr gehen, sondern auch die Füße mal mindestens zum wippen bringen. Weiterlesen

MUSHROOM’S PATIENCE: Jellyfish

Mushroom’s Patience ist eine Band, die v.a. von einer Konstante lebt: Raffaele Cerroni alias Dither Craf. Es gibt Platten, bei denen er komplett im Alleingang arbeitet, bei anderen schart er Mitstreiter in unterschiedlicher Zahl um sich, von denen einige vorübergehend einen harten Kern bilden, während andere schnell wieder in andere Sphären entschwinden. „Jellyfish“ ist sein bislang leutseligstes Werk, denn für jeden der dreizehn Songs hat er sich jeweils andere Musiker ins Boot geholt, die dem Album – gerade verglichen mit dem konzeptuell sehr stringenten Vorgänger – ein heterogenes Gepräge verliehen haben, wie es sonst nur Compilations und Remixalben anhaftet. Eindimensional Weiterlesen

TE/DIS: Comatic Drift

Als TE/DIS vergangenes Jahr mit der „Black Swan“-7′ auf Galakthorrö debütierten, war die musikalische Verwandtschaft zu anderen Künstlern des Labels klar erkennbar: Da surrten die analogen Synthesizer, da war dieser typische Galakthorrö-Klang. Wodurch sich TE/DIS allerdings abhoben, war die Stimme: Hier gab es keinen markerschütternden Schreigesang, keinen reduzierten Sprechgesang – stattdessen Vocals, die darauf schließen ließen, dass der Künstler eine musikalische Sozialisation zu einer Zeit erlebt hatte, als Goth nichts mit Kirmestechno à la Blutengel oder mit Schlagerkitsch wie Unheilig zu tun Weiterlesen

V.A.: 50 (5CDr-Box)

Als Stephen Burch vor sieben Jahren das Label Woodland Recordings ins Leben rief, dachte er vermutlich nicht daran, dass es in seinem Leben zu einer ähnlich starken Konstante heranwachsen sollte wie sein Musikprojekt The Great Park. Doch seit seinem Spilt-Album mit The Diamond Family Archive sind nicht nur sieben Jahre ins Land gezogen, sondern ganze fünfzig weitere Veröffentlichungen, die Jahr für Jahr in limitierter Stückzahl und in liebevoller, handgemachter Aufmachung herausgekommen sind. Mal erschienen die Tonträger in schicken handgefalteten Papiertüten, mal in sorgsam dekorierten Boxes aus Tonpapier, die mit Mixed Media-Ideen zu kleinen Assemblagen umgestaltet wurden. Oft glich Weiterlesen