THE GREAT PARK: Simple Folk Recording

Mit seinen letzten Alben „Now Wash Your Hands“ und „Good and Gone“ hat sich Stephen Burch alias The Great Park zumindest in einer Hinsicht auf sein Frühwerk zurückbesonnen, denn nach einer Reihe klanglich reduzierter Aufnahmen ging er hier erstmals wieder mit einer mehrköpfigen Band ins Studio. Dass die mit Streichern, Bläsern und dezenten Rhythmen begleiteten Songs zu einer Zeit entstanden sind, als sein texterischer Ausdruck Weiterlesen

LITTER: Newfound Grids

Freilich, es gibt immer wieder Debütalben, die einen ausgesprochen reifen Eindruck hinterlassen, und beim heutigen Stand der Aufnahme- und Produktionstechnik lässt sich Musik auch ohne viel Erfahrung gut frisieren und klanglich ausdifferenzieren. Ab und an klingt so etwas dann nicht einmal leer und seelenlos. „Newfound Grids“ dagegen, der Erstling der Künstlerin Elyse Tabet, hinterlässt den Eindruck, auf guter Vorarbeit aufzubauen. Das mag damit zu tun haben, dass die unter dem Pseudonym Litter zeichnende Musikerin schon seit Jahren im Metier Videokunst aktiv ist und dort Erfahrungen im Umgang mit Technologie, Ästhetik und nicht zuletzt auch Sound sammeln konnte. Weiterlesen

COH: Retro 2038

Schon in einem Interview, das ich vor einigen Jahren mit Ivan Pavlov führte, sprach er davon, „mit nichts [zu] beginnen und mit einem Chaos aus Klängen [zu] enden“, bezeichnete den Computer als ein Instrument, das „größere Freiheiten [als konventionelle Instrumente ]“ biete und unterstrich damit fortwährend das Schöpferische seiner Tätigleit. Zudem wurde im Gespräch immer wieder deutlich, mit welcher Begeisterung der gebürtige Russe Klänge erzeugte – „Method As Fun“ heißt ein Track auf „Retro 2038“ dann auch passenderweise und im Innern der CD-Hülle finden sich folgende Worte: „Contains no instrument samples, patches or other Additives 100% hand-made computer sound“. Weiterlesen

SPETTRO FAMILY: La Famiglia Spettro

Hinter der Gespensterfamilie aus Salerno verbirgt sich eine Einzelperson: Stefano Iannone, Betreiber des Vade Retro-Labels und leidenschaftlicher Fan des klassischen italienischen Genrekinos und seiner Musik. Im Unterschied zu seinen Landsleuten von Cannibal Movie liegt sein Schwerpunkt allerdings nicht auf buntheißen Mondo- und Kannibalenschinken, ihn fasziniert mehr der wohlig-nächtliche Schauder, wie man ihn aus aus den Werken Bavas (“La Maschera del Demonio”), Martinos (“All the Colours of the Dark”) oder Argentos („Suspiria“, „Inferno“) kennt. Und wenn wir gerade bei Weiterlesen

TOYS’R'NOISE: s/t

Die ersten Minuten subtiler Dröhnung, die das offizielle Debüt von Toys’R'Noise einleiten, lassen den Bandnamen glatt etwas unpassend erscheinen. Zumindest lassen die beiden Komponenten des sprechenden Kompositums eine ganze Weile auf sich warten. Der Illusion einer entspannten Ambientplatte mit postrockigen Gitarren, Streichern und Keyboards will man aber doch nicht auf den Leim gehen, zu spannungsgeladen wirkt der vielfarbige Flächensound des Openers, zu sehr sind schon die ersten Momente von einer unterschwelligen Dynamik und einer stetigen Steigerung der Klangfülle geprägt. Eventuell sind auch schon einige der spärlichen Infos über die umtriebigen Franzosen durchgesickert, die Bühnen und Studios mit einer Vielzahl an zweckentfremdeten Weiterlesen

TORBA: Polyester Catacomb

Es mag Geschmacksache sein und auch für andere Musikarten gelten, doch gerade im Noisebereich steht und fällt die Intensität von Musik oft mit dem Vorhandensein einer Spannungskurve, welche die einzelnen Sounds davor bewahrt, als ordinäre Slideshow am Rezipienten vorbei zu ziehen. Der in Berlin lebende Harshnoiser Mauro Diciocia alias Torba spielt in der Hinsicht gerne mit den Erwartungshaltungen seiner Hörer, legt falsche Fährten und wiegt sie in der Sicherheit, bloß inmitten eines akustischen Geröllfeldes zu stehen. Erst wenn man sich dort eingerichtet hat, kommt irgendwann recht plötzlich Bewegung ins Bild. Unberechenbare Dynamik und verdichtete Sounds lassen eine Intensität entstehen, die – dem Genre entprechend – im Infernalischen endet. Es sei denn, der Weiterlesen

NURSE WITH WOUND AND GRAHAM BOWERS: Parade

Die neue Gemeinschaftsarbeit von Stephen Stapleton und dem walisischen Komponisten Graham Bowers ist schon optisch eine solche Augenweide, dass man sich endlos lange damit befassen könnte. Von weitem erinnert das bunten Frontcover an Arbeiten von Yasutoshi Yoshida alias Govt. Alpha, man denkt vielleicht auch an Hannah Höch, und auf der Innenseite des Digipack befindet sich eine Kollage, die deutlich auf die Gemüsemänner Acrimboldos anspielt. Dass ich zudem an barocke Stillleben denken muss, ist sicher auch nicht nur meiner überbordenden Fantasie geschuldet. Für Nurse With Wound-Fans ist dieses schamlose Zusammenklauben von Querbezügen und ihre Neuanordnung in Weiterlesen

ANEMONE TUBE: The Transfiguration Of The Image

Das Tape erlebt (insbesondere im (Post-) Industrial) als Tonträger eine gewisse Renaissance. Das liegt sicher an zweierlei. Zum einen ist es eigentlich das umständlichste Medium, dem gleichzeitig die „tactile pleasure of so-called obsolete media“ (David Keenan), die Vinyl innehat, fehlt und somit auf gewisse Weise sicher die anachronistisch-trotzigste Positionierung gegen das Nullmedium MP3 in all seiner Seelenlosigkeit ist. Zum anderen ermöglichten es Tapes in der Frühzeit experimenteller Musik auch Loops und Protosamples zu kreieren. Weiterlesen

V.A.: Art of the Muses. An Experimental Music Compilation featuring ten Female Composers from Far East Asia

Es ist schwierig, sich zum Konzept des Samplers „Art of the Muses“ zu äußern, ohne ins Diskutieren zu geraten, sich – eventuell kontrovers – zu positionieren oder verschiedene Standpunkte gegeneinander abzuwägen. Definiert man Musikerinnen nach ihrem Geschlecht und darüber hinaus nach ihrer Herkunft aus nicht-westlichen Ländern, tritt man schnell in diverse Fettnäpfe. Ist es nach wie vor notwendig, darauf hinzuweisen, dass experimentelle Musiksparten keineswegs reine Männerdomänen sind? Schafft man durch derartige Hervorhebungen nicht erst die Vorstellung vom Ausnahmestatus weiblicher Klangkunst, der man ein entsprechendes Talent, zumindest auf den ersten Eindruck, gar nicht zugetraut hätte? Und gilt nicht ähnliches für die Musikerin und auch den Musiker aus Fernost, wenn sie oder er sich Weiterlesen