RAPOON: Blue Days

In den letzten Jahren haben sich zwei Entwicklungslinien im Werk von Robin ‘Rapoon’ Storey herausgebildet. Während der frühere Zoviet France-Musiker in einigen Arbeiten seine rituell-ambiente Seite in langsam aufbauenden Kompositionen primär auf Wirkungsintensität ausrichtet, gibt es seit einiger Zeit vermehrt Veröffentlichungen, denen man nur im weitesten Sinne Albumcharakter attestieren kann, die eher Sammlungen von Skizzen sind, bei denen man als Hörer oft nicht umhin kann, sich die einzeln vorgeführten Sounds in größeren konzeptuellen Zusammenhängen vorzustellen. Weiterlesen

FUTEISHA: Sulla Via Del Re Nel Ritorno

Juan Scassa ist einer der Mannen von La Piramide Di Sangue und hat vor gut einem Jahr mit seinem Soloprojekt Futeisha debütiert. Mit dem Album „Dannato” wäre er vermutlich als spätes Wunderkind des Neofolk gefeiert worden, wenn es bei einem entsprechenden Label herausgekommen wäre, denn solche Kriterien sind mittlerweile der am ehesten ausschlaggebende Faktor für Genrezuweisungen dieser Art – vorausgesetzt man besingt die entsprechenden Themen und lässt, wenn man aus Italien kommt, ab und an ein Akkordeon im Weiterlesen

MATS ERLANDSSON: Valentina Tereshkova

Das Schweigen der unendlichen Räume des Alls ließ schon Pascal erschau(d)ern und ein österreichischer Misanthrop setzte diese berühmten Worte aus den Pensées des Franzosen vor seinen Roman Verstörung. Hollywood hat sich in den letzten Jahren (wieder) vermehrt dem Weltraum zugewendet: Alfonso Cuarón hat mit Gravity dem Zuschauer zumindest kurzzeitig verdeutlicht, was man (auch) unter der Geworfenheit des Menschen verstehen kann, um dann allerdings durch das obligatorische (und wohl notwendige) against-all-odds happy ending Konsequenz vermissen zu lassen, Weiterlesen

FATIMA AL QADIRI: Brute

Mit einem ordinären Hype hat die stetig wachsende Anerkennung Fatima al Qadiris als Producer wenig zu tun, denn selbst wenn sich die Stylerfraktion der elektronischen Musik zu Wort meldet, ist nie ausschließlich von ihrer Originalität die Rede, sondern ebenso sehr von ihrem Talent für stimmige inhaltliche Konzepte, die immer eine politische Dimension haben und stets über subtile Andeutungen ästhetisch umgesetzt werden. Dabei wird keineswegs mit Lob für ihr handwerkliches Können gespart. Zurecht, muss man ergänzen. Weiterlesen

RANGDA: The Heretic’s Bargain

Rangda sind eine sogenannte Supergroup, d.h. sie bestehen aus altgedienten Musikern, die z.T. in bekannten Bands spielen, bzw. zahlreiche Soloarbeiten und Kollaborationen zu verzeichnen haben. Da wären an den beiden Gitarren Sir Richard Bishop, der seit dem Ende der Sun City Girls primär solo unterwegs ist und zuletzt ein fantastisches Akustikalbum im Stil arabischer und nordafrikanischer Musik herausbrachte, und Ben Chasny, dessen Hauptprojekt Six Organs of Admittance Weiterlesen

VIRTUAL FOREST: Ritual Machine Music

Ein Titel wie „Ritual Machine Music” spielt natürlich mit einer offenkundigen Referenz, und vielleicht soll die gleichzeitige Assoziation zu Ritualmusik und zu Lou Reeds Pionierarbeit zeitgenössischer Geräuschkunst ja auch ein wenig den Ort umreißen, den Marco Bernacchia seinem Projekt Virtual Forest auf der Landkarte ungewöhnlicher Musik reserviert hat. Nach einem Tape, auf dem Bernacchia mit urigen Sounds einem – trotz elektronischer Verfemdung und vielen kleinteiligen Soundideen – eher klassichen Ritualismus frönte, steht seine neue LP ganz im Zeichen eines Weiterlesen

MONKEY PLOT: Angående Omstendigheter Som Ikke Lar Seg Nedtegne

Seltsame Dinge geschehen unter dem Zeichen des Uhu, den die Norweger Hubro nennen. Ein etwas nachlässig gekleideter Kerl spült Geschirr vor einer Blockhütte. Wie um das Klimpern zu übertönen hämmert eine kindliche Spieluhr eine nur schwer greifbare Melodie. Monoton angeschlagene Basssaiten erklingen und steigern sich mehr und mehr zu einem schrammeligen Allegro. Irgendwann, ein Track weiter, tritt Statik ein, Ausbremsung, ein Drummer frickelt auf seinen Fellen herum, und man fragt sich, ob all dies nur der Präsentation der Instrumente dienen soll. Weiterlesen

V.A.: The Last House On Dead End Street

Wenn man inzwischen auf Langstreckenflügen Episoden von The Walking Dead sehen kann, dann merkt man, wie weit man inzwischen von der Video Nasties- und „Mama, Papa, Zombie“-Hysterie der frühen 80er entfernt ist. In den letzten Jahren sind vermehrt, u.a. über Death Waltz, Soundtracks von Filmen auf Vinyl veröffentlicht worden, die früher Betroffenheitsfanatiker zum Klo hätten rennen lassen. Weiterlesen

THE BALUSTRADE ENSEMBLE: Renewed Brilliance

Als ich vor rund zehn Jahren erstmals auf einer heute nur noch für Archäologen interessanten Platform namens Myspace auf The Balustrade Ensemble stieß, war ich recht angetan von der filigranen Musik des geheimnisvollen Kollektivs, das mit seinen wohligen Klängen nicht so recht “experimentell” klingen wollte, gleichzeitig aber auch zu abstrakt und zerfleddert daherkam, um als Postrock oder gar Pop zu gelten. Jedenfalls stach die Band, die  damals noch kein release zu verzeichnen hatte, weit heraus aus dem Standard der zahlreichen Gewächse, die das gerade aufkommende Weiterlesen

VIRTUAL FOREST: Unconscious Cognition is the Processing of Perception

Beim langen Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenleben spielt in unserer Alltagssprache der Begriff der Initiation kaum eine Rolle. Lediglich die Literaturwissenschaft hat den Begriff der Initiationsgeschichte geprägt für einen Typ Erzählung, in der ein junger Mensch durch eine einschneidende, meist desillusionierende Erfahrung und mit Hilfe einer Mentorfigur einen neuen – erwachseneren – Blick auf die Welt bekommt. In tribalen Gesellschaften von überschaubarer Größe wurde der Übergang viel bewusster und aktiver angegangen. Weiterlesen

MACIEK SZYMCZUK: Music For Cassandra

Kassandra, die trojanische Königstochter, die die Zukunft voraussagen kann und zugleich gestraft ist, für immer ungehört zu bleiben – wie würde ihr Ruf klingen, wäre er Musik? Wäre er schrill und hysterisch, um voller Verzweiflung gegen die tauben Ohren derer anzukämpfen, die ihr Fatum vergessen und verdrängen? Oder wäre er ganz leise, kaum hörbar, im diffusen Rauschen der Welt verhallend? Maciek Szymczuk entwirft in seiner „Music for Cassandra“ eine Figur, die längst Teil des Schicksals geworden ist, das sie voraussagt, und die der Taubheit und Indifferenz ihrer Adressaten eine genügsame Weiterlesen

ÉTANT DONNÉS: Aurore

Wie es scheint, widmen sich die Gebrüder Hurtado, die in den frühen Eighties die nach einem Spätwerk Duchamps benannte Band Étant Donnés gründeten, zur Zeit verstärkt der Zugänglichmachung vergriffener Aufnahmen. Nachdem vor kurzem einige alte Tape-Aufnahmen bei Vinyl on Demand auf Schallplatte erschienen sind, steht nun – dankenswerterweise, muss man sagen – eines ihrer bekanntesten Alben wieder in den Läden. Weiterlesen