YAIR ETZIONY: We Were Here Before, And We Will Be Here After

Es wäre wahrscheinlich übertrieben, “We Were Here Before, And We Will Be Here After” als Yair Etzionys Hommage an seine Wahlheimat im Berlin-Neuköllner Schillerkiez zu bezeichnen. Und doch scheint die Umgebung, in die der israelische Klangkünstler vor einigen Jahren gezogen ist, eine große Rolle gespielt zu haben, als er in zwei verschiedenen Zeitabschnitten an den Tracks arbeitete. Zumindest erwähnt er dies in seinen Liner Notes, in denen er den beinahe dörflichen Charakter der Weiterlesen

LAGNO: Natural Language

Lagno ist das noch junge Soloprojekt der französischen Violinistin Elodie Le Neindre, die weit über ihr Stamminstrument hinaus surreale, elektroakustische Musik komponiert. Ihr Tape-Debüt “Natural Language” ist je nach Geschmack eine wahre Wunder- oder Rumpelkammer an durcheinander gewirbelten und ständig in einander zerfließenden Sounds und erinnert – wenn man so tief in die Theoriekiste greifen will – an die Idee einer Weiterlesen

MODE IN GLIANY: Kelc’h-lizher

Manchen Labeln gelingt es über die Jahre hinweg, so etwas wie eine schnell wiedererkennbare Ästhetik zu entwickeln (paradigmatisch etwa 4AD oder ECM, in den letzten Jahren etwa auch Sacred Bones), manchmal, aber nicht notwendigerweise immer damit einhergehend, auch so etwas wie einen Corporate Sound. Einen Klang(-Raum), der aber im Idelafall groß genug ist, um ein allzuenges Korsett zu vermeiden. Galakthorrö haben über die Jahrzehnte hinweg beides geschafft (Schwarzweißästhetik, analoge, teils transgressive elektronische Musik). Weiterlesen

KAVE: s/t

Kave ist ein neu gegründetes Quartett bestehend aus Stian Westerhus, Max Lodenbauer, Samuel Rohrer und Tobias Freund, zwei Improv-Jazzer und zwei Größen tanzbarer Elektronik, die in der einen oder anderen Konstellation schon zusammen aufgetreten sind. Auf ihrem Debüt entpuppen sie sich schon nach den ersten Minuten als weit mehr als die Summe ihrer Teile und lassen eine Musik entstehen, die zerbrechliche Momente hat und die Hörer mit auf die Suche durch ein Traumszenario nimmt. Weiterlesen

EVAPORI: Dia​-​Logos I • Dia​-​Logos II • Dia​-​Logos I​+​II Conclusion • Imitation

Auch wenn der Begriff Dialog eine Unterredung zweier oder mehrerer Sprecher bezeichnet, wird er doch häufig auch metaphorisch für die unterschiedlichsten Formen des Interagierens gebraucht. In der Musik kann man auch dann von einem Dialog sprechen, wenn verschiedene Komponenten der Notation, des Klangs oder auch der Stimmung nicht einfach kontrastierend aufeinandertreffen und aneinander vorbei “reden”, sondern sich immer Weiterlesen

INVENTIONS: Continous Portrait

Unter dem schlichten und irgendwie auch programmatischen Namen Inventions widmen sich Matthew Robert Cooper, der seine größten Meriten bislang mit der Band Eluvium erspielte, und Mark T. Smith (Mitglied bei den bekannten Explosions in the Sky) ihrem gemeinsamen Interesse an eigenwilligen und zugleich äußerst feinsinnigen musikalischen Irrgärten, die auf den doppelten Böden akustischer und elektronischer Klänge gebaut sind. Fünf Jahre nach Weiterlesen

CHARBEL HABER: The Delightful Sights And Sounds Of A Decaying Nation

Auch ohne das Cover, dass die Anfang August durch zwei Explosionen zerstörte Hafenanlange in Beiruts Bezirk Mar Mikhael zeigt, könnte man die jüngst erschienene Veröffentlichung von Charbel Haber kaum anders als im Kontext der verheerenden Ereignisse sehen. Gewidmet ist das knapp dreiviertelstündige One Track-Album der Hundertjahrfeier des Libanon am 1. September, den der in Beirut geborene Komponist und Musiker, der in seinen Titeln häufig Metaphern des Verfalls und der Dekompostierung verwendet, recht unverblümt als “decaying Nation” bezeichnet. Weiterlesen

HAUS ARAFNA: Asche

Seit das Duo 1993 mit der brachialen, von ultraverzerrten analogen Klängen und (wie es von Labelseite später hieß) “Schreigesang” durchzogenen „Sex U-Mas“-7” debütierte, wurde der brutale Sound auf Alben wie „Blut“ (später in leicht erweiterter Fassung wiederveröffentlicht) oder „Children Of God“ ausdifferenziert, entwickelte sich danach noch weiter weg von der brachialen Analogdisruption des Frühwerks hin zu melodischeren Stücken. Weiterlesen

V.A.: Too Much Future

Als die Punks der DDR den von den Sex Pistols popularisierten Schlachtruf “No Future” in ein vielleicht noch trotzig-nihilistischeres “Too Much Furture” ummümzten, ging es nicht um eine auf Rückwärtsgewandtheit basierende Irritation angesichts doch noch möglicher Progressivität. Was in den drei Wörtern eher anklang, war die Einsicht, dass keine Zukunft wohl noch besser sei als eine am Reisbrett entworfene Zukunft der Weiterlesen