ACEZANTEZ: s/t

Als der Komponist Dubravko Detoni 1970 das Kollektiv Acezantez ins Leben rief, hatte er v.a. ein Live-Ensemble im Hinterkopf, das experimentelle Arbeiten von z.T. unbeachteten kraotischen Musikern der damaligen Zeit aufführen und somit etwas bekannter machen sollte – der nach etwas eigenwilligem Spanisch klingende Name ist dann auch eine Abkürzung und bedeutet übersetzt “Ensemble des Zentrums für neue Richtungen in Zagreb”. Immer mehr Virtuosen unterschiedlicher Streich-, Blas- und Perkussionsinstrumente beteiligten sich an dem Projekt, und mit der Zeit entwickelte es sich zu einem lokalen Weiterlesen

V.A.: Troum Transformation Tapes

Hommages an das Werk eines Künstlers kann manchmal das Stigma von Festschriften anhängen. Man hat noch einen Text/ein Stück Musik in der Schublade und steuert es bei – egal, ob es irgendeinen Bezug zum jeweiligen Oeuvre hat. Bei den Künstlern, die anlässlich des 20-jährigen Bestehens von Troum auf dieser Doppel-CD vertreten sind, ist dies sicher nicht der Fall, sind doch die meisten Troum und/oder dem Label Drone Records seit langen Jahren verbunden und geben die Linernotes Einblicke in ganz unterschiedliche Herangehensweisen. Weiterlesen

SLAGR: Dirr

Man muss nicht gleich mit dem Rhizom ankommen und Slagrs neues Werk mit Kafkas Bau vergleichen – Tatsache ist aber, dass das vierte Album der Norweger viele Eingänge hat, und je nachdem, welchen man wählt, kann man sich in ganz unterschiedlichen Geschichten wiederfinden: in einer avantgardistischen Komposition von Bela Bartok etwa, in einem scheinbar monoton auf der Stelle hüpfenden Werk der Minimal Music oder in einem geheimnisvoll verträumten Stück skandinavischer Folklore, das Weiterlesen

TRANS UPPER EGYPT: Tue

Unter den nicht gerade wenigen italienischen Bands mit dem Prädikat “psychedelisch” beanspruchen die Römer von Trans Upper Egypt mit ihren punkig nach vorn preschenden Songbrettern ihr eigenes Terrain, und unter den Fans so unterschiedlicher Kapellen wie Moon Duo, In Zaire und A Place to Bury Strangers gelten sie auch international längst als Geheimtipp. Nach vierjähriger Pause und mit einem neuen Schlagzeuger im Gespann haben sie vor kurzem ein Album eingespielt, das ihren Sound heterogener als je zuvor präsentiert. Weiterlesen

REINIER VAN HOUDT: Igitur Carbon Copies

Wer den Niederländer Reinier Van Houdt nur als Pianisten kennt, der Current 93 in den letzten Jahren im Studio und live unterstützt hat, der hat vielleicht einen etwas (zu) einseitigen Blick auf das Werk van Houdts, schließlich hat er u.a. Musik von Walter Marchetti und Charlemagne Palestine interpretiert und mit Alvin Lucier und Luc Ferrari zusammengearbeitet – eine vollständige Liste seiner musikalischen Partner liest sich wie ein Who’s Who zeitgenössicher experimenteller Musik. Das Vorgängeralbum Weiterlesen

BLOOM OFFERING: Episodes

In ihrem 1991 erschienenen Buch Angry Women stellte Andrea Juno nicht nur die “weibliche Seite der Avantgarde” – so der deutschsprachige Untertitel – vor, sondern legte dabei auch einen dominanten Schwerpunkt auf gesellschaftskritische Ansätze und einen im weitesten Sinne feministischen Widerstand gegen patriarchale Strukturen und Diskriminierung, und nicht zuletzt gegen eine Vorstellung des Weiterlesen

LITTLE ANNIE: Short, Sweet and Dread

Über die Karriere Little Annies existiert die etwas abwegige Vorstellung, dass sie seit ihren Anfängen im Punk mehrfach ihren Stil und ihr kreatives Umfeld wie eine alte Schlangenhaut abgelegt und sich komplett neuen Ausdrucksformen – nach dem Punk zunächt dem Dub und funky Electronica, später dann chansonhafter Songwritermusik zwischen Cabaret und Torch Song – zugewandt habe. In Wirklichkeit gingen all diese Veränderungen Weiterlesen

SPILL: Stereo

Schon seit fünfzehn Jahren werfen Pianistin Magda Mayas und Schlagzeuger Tony Buck bereits ihre Talente unter dem Namen Spill in die Wagschale, und was die Inside Piano-Performerin und der von seiner Stammband The Necks bekannte Jazzdrummer dabei auf die Beine brachten, beeindruckte auch gerade bei Konzerten. Weiterlesen

DAVE PHILLIPS: Ritual Protest Music

Langsam dringt diffuses Zwitschern und Zirpen in den Raum, vermengt sich mit dem gehauchten Atem einer menschlichen Stimme und ein paar weiteren Geräuschen, die schnell die Gestalt von perkusivem Lärm annehmen. Hat man sich erst an das Soundmaterial gewöhnt, verwandelt sich alles in akustischen Treibsand und wirbelt durcheinander, wie es sich für einen Track namens “morphic field” auch gehört. Was zunächst chaotisch erscheint, kommt bei genauerem Hinhören in regelmäßigen Intervallen ritueller Repetition wieder. Man muss Dave Phillips’ aggressive Weiterlesen

TILDAFLIPERS: Muau Muau

Bei den Tildaflipers hat man es mit einer dieser Bands zu tun, die auf den ersten Blick Denkblasen mit großen Fragezeichen hervorrufen: die ungreifbare Mixtur aus minimalistischem New Wave, schwülstigen 70er Jahre-Soundtracks und einer luftigen Produktion mit vielen Dub-Anleihen wirkt genau so obskur wie die vordergründig einfache Produktion, bei der alles unter einer seltsamen Patina verborgen scheint, und die doch Weiterlesen

CURRENT 93: The Light Is Leaving Us All

Im Frühjahr 2014 wurde der nach einer Zeile aus einem Gedicht von John Clare betitelte eigentliche Vorgänger „I Am The Last Of All The Field That Fell” veröffentlicht. Seitdem erschienenen die beiden Alben „The Moons At Your Door“ sowie „The Stars On Their Horsies“, die den Fokus weniger auf den Song als auf das Soundscape richteten. Zudem gab es zwei Seitenprojekte: das mit Killing Jokes Youth eingespielte, opulenter instrumentierte, fast schon orchestral klingende Hypnopazuzu-Album “Create Christ, Sailor Boy” sowie jüngst noch das schon vor einigen Jahren aufgenommene Weiterlesen

HEATHER LEIGH: Throne

In Heather Leighs bisheriger Diskographie nimmt „Throne“ in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmestellung ein, denn es ist ihr bislang poppigstes Songalbum, dass sich vom ungeschliffenen Sound des drei Jahre alten „I, Abused Animal“ ebenso absetzt wie von ihren Zusammenarbeiten mit Peter Brötzmann, bei denen ihr Spiel auf der Pedal Steele-Gitarre einen eher subtilen, hintergründigen Part einnahm. Aber es scheint auch ihr intimstes Werk zu sein. Weiterlesen

WILL OLDHAM: Songs of Love and Horror

In einer früheren Rezension schrieb ich einmal, dass Will Oldham alias Bonnie Prince Billy ein solch starkes emotionales Charisma hat, dass er auch einen simplen Satz wie “I Love You” singen könnte, ohne dabei abgedroschen zu wirken, und mit “I Gave You” schrieb er einen der erschütterndsten Songs über das Scheitern in der Liebe überhaupt. Schon an diesem Beispiel lässt sich aufzeigen, wie plötzlich sich in seinen Liedern bisweilen der Abgrund auftut. Dass er sein gerade erschienenes Zwischenresümee Weiterlesen