CELER / DIRK SERRIES: Background Curtain

Bei einem Dauerproduzenten wie Will Long alias Celer, der keine Pause zu kennen scheint und in den letzten Jahren dutzende Releases herausgehauen hat, bleibt es nicht aus, dass sich der eine oder andere Entwurf als Sackgasse erweist, auf die der eigene kreative Fluss mit einer Blockade reagiert. Manchmal mag der Papierkorb der beste Freund des Schaffenden sein, doch wenn da Gefühl nicht losbekommt, dass in einem scheinbar unbearbeitbaren Fragment doch noch Potenzial steckt, liegen zwei Lösungen nahe: Die eine wäre, etwas Weiterlesen

GUY HARRIES: Fault Line

Guy Harries, Londoner mit israelischen Wurzeln, arbeitet unermüdlich an meist mehreren Baustellen. Soundart, Songwriting, Arbeiten für Oper, Theater, Tanz und Multimedia-Projekte, Laptopmusik, Stimme und Holzbläserei. Wahrscheinlich wäre er noch um einiges bekannter, wenn er sich von Beginn an auf weniger Schwerpunkte konzentriert hätte, doch der Preis dafür wäre ein Brachliegen etlicher Talente gewesen. In unsere Umlaufbahn geriet er erstmal durch seine Beteiligung am Orchestra Noir-Album „What if“. Weiterlesen

DREW MCDOWALL: Unnatural Channel

Erst 2015 hat der ehemalige Coil-Mitstreiter Drew McDowall sein Solodebüt vorgelegt. „Collapse“ war ein Album , über das ich damals schrieb: „ Das ist dystopische Musik jenseits billiger Schockeffekte“. Über sein einige Zeit später veröffentlichtes Tape “Haecceity Deluge” hieß es auf diesen Seiten: „Bisweilen tastet sich der Fluss der Klänge fast schon erratisch voran, scheint auf der Stelle zu treten, doch bei McDowall hat das nichts mit Ereignislosigkeit zu tun, sondern mit Spannung“. Inzwischen ist McDowall nicht mehr aus der Geräuschmusik wegzudenken, arbeitet regelmäßig mit anderen Künstlern zusammen und hat nun mit „Unnatural Channel“ sein zweites Album veröffentlicht. Weiterlesen

OFFICINE SCHWARTZ: Colonna Sonora Di Remanium Dentaurum Cr Co Mo (CD / DVD – Reissue)

Als der Begriff Industrial erstmals in der Musikgeschichte auftauchte, bezog er sich primär auf den Einfluss von Produktions- und Konsumverhältnissen auf den gesellschaftlichen Stand der Dinge in den 70ern. Dass die „Industrial Music for Industrial People“ des nach diesem Begriff benannten Labels in ihren rauen und kühlen Klängen zumindest entfernt an das Maschinelle der Industrieproduktion erinnerte, lässt sich als konsequente Symbolsprache begreifen. Dass dieser Sound einmal das Urbild einer bis Weiterlesen

MIKE COOPER: Raft

Der musikalische Werdegang Mike Coopers seit seinen Anfängen in den späten 60ern hat etwas von einer Slalomfahrt durch zahlreiche musikalische Niemandsländer – keine Irrfahrt, denn seine maßgeblich inspirierende Rolle in Psychedelic, Blues und verdrehter Folklore hat ihn nie dazu gebracht, sich mit all dem zu sehr zu identifizieren, weshalb sein Weiterziehen auch selten aus enttäuschten Illusionen heraus geschah. Weiterlesen

ZEITKRATZER / ELLIOTT SHARP: Oneirika

Elliott Sharp, der seit den 70ern als Komponist und Virtuose an verschiedenen Instrumenten in Erscheinung tritt, ist nicht nur ein Grenzgänger der Musiksparten – Studium bei Morton Feldman, Kollaborationen mit John Zorn, Bill Laswell, den Hi Sheriffs of Blue u.v.a. – sondern auch sehr frei im Hinblick auf die Umsetzung seiner Kompositionen. Um den Interpreten weitgehend freie Hand zu lassen, hat er eine Methode entwickelt, seine Partituren mittels Photoshop soweit vage zu machen, dass die Musiker nur noch einen grob richtungsweisenden Anhaltspunkt haben. Weiterlesen

DIVUS: s/t

Ungleiche Duette gibt es viele, doch Lucianno Lamanna und Luca T. Mai haben sich, wie es scheint, gerade zur richtigen Zeit zusammengefunden, um ihre so unterschiedlich gediehene Kreativität in eine gemeinsame Bahn fließen zu lassen. Lammana, dessen Wurzeln im Techno liegen, bewegte sich in seinen jüngsten Projekten immer mehr in experimentellen Gefilden, eine Wegmarke war das Split zwischen seinem Projekt Lunar Lodge und Mai Mai Mai. Der Saxophonist Mai, aufgewachsen mit Metal, Punk und Hardcore, hat in Weiterlesen

L’OCEAN: Primio

Der Anfang von L’Oceans Debüt „Primio” wirkt fast ein wenig irreführend, denn bei dem ganz schön kratzigen, übersteuerten Noisesound gehen die entspannten Gitarrentwangs und die sparsamen Taktanschläge auf dem Klavier geradezu unter, zumindest für eine gewisse Zeit. Immerhin steht schnell fest, dass es bei den gemächlichen Downtempo-Akkorden nicht (nur) um Schöngeistiges geht. Vielmehr steht hier alles im Zeichen einer Suche, die sich im Trial and Error-Verfahren durch Weiterlesen

BONNIE PRINCE BILLY: Best Troubadour

Will Oldham und der im letzten Jahr verstorbene Merle Haggard verbindet u.a., dass sie leidenschaftliche Channeler sind. Neben ihren ohnehin häufigen Neuinterpretationen älterer Stücke finden sich immer wieder die Spuren einflussreicher Vorbilder in ihren Songs. Während Haggard seit seinen Anfängen Mitte des 20. Jahrhunderts dem Erbe zahlreicher Country-, Bluegrass- und Folksänger neues Leben einhauchte, die einem hoffnungslosen „21st century digital boy“ wie mit allenfalls dem Namen nach bekannt sind, zählt für Oldham Haggard selbst zu den großen Idolen. Weiterlesen

P.O.P.: Ikebana

P.O.P. steht für Psychology of Perception, und bei der jüngst zum Quartett angewachsenen Gruppe und Zeitkratzer-Chef Reinhold Friedl geht es seit jeher um die Wahrnehmung filigraner, kunstvoll arrangierter Details. Auf jedem Album nehmen die Künstler sich ein primär visuelles und haptisches Phänomen zum Vorbild, um ausgehend von dessen besonderen Mustern ein ähnlich geartetes Arrangement von Motiven musikalisch ins Werk zu setzen. Zu ihrem Debüt „Tabriz“ ließen sie sich von der Tradition persischer Weiterlesen

THE HARE AND THE MOON: Wood Witch

„To fuck up tradition“ – mit diesem Schlagwort hat Alan Trench wiederholt die Notwendigkeit bezeichnet, traditionelle Stoffe, Motive und Spielweisen im Folk eben nicht nur wiederzukäuen oder platt in Rock- und Popstrukturen zu übersetzen, sondern ihnen durch kreatives Gegen den Strich-Bürsten eine neue Vitalität einzuhauchen. In unserem von einigen Jahren geführten Interview nannte er in dem Zusammenhang auch das englische Duo The Hare And The Moon als gelungenes Beispiel. Diese Band verfolgt seit Weiterlesen